Seite 2: Spielspaß erfühlen - Weckruf für Emotionen

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Neugier wecken!

Spieledesigner dürfen Pandora danken, dass aus ihrer Büchse auch die Hoffnung schwirrte. Selbst die langweiligste Routineklickerei wird erträglich, wenn in ihr Rätsel angelegt sind, auf deren Aufklärung man hofft. Neugier darauf, was als Nächstes kommt, ist eine extrem mächtige Motivationsquelle.

Social Games wie Empires & Allies bedienen den Abschlussdrang der Spieler durch Mini-Quests (Spalte am linken Bildschirmrand). Social Games wie Empires & Allies bedienen den Abschlussdrang der Spieler durch Mini-Quests (Spalte am linken Bildschirmrand).

Sie entsteht sowohl aus der Spielmechanik, vor allem aus Levelsystemen (»Welches Talent bekomme ich auf der nächsten Stufe?«, »Welches Gebäude wird als nächstes freigeschaltet?«, »Wie wird das nächste Gebiet aussehen?«), als auch aus der Narration, also den Geheimnissen der Story (»Wer ist der Mörder?«, »Werde ich Miranda ins Bett kriegen?«). Die Diablo-Serieist auch deshalb ein so mustergültig motivierendes Spiel, weil sie in schneller Taktung spielmechanische Neugier erzeugt, auf den nächsten Gegenstand, das nächste Dungeon, das nächste freigespielte Talent.

Neugier zu erzeugen bedeutet, dem Spieler bewusst zu machen, dass er mit etwas Neuem rechnen kann, wenn er weiterspielt. Das können selbst implizite Elemente sein wie die amüsanten Slapstick-Animationen der Sims-Serie, von denen man als Spieler so viele wie möglich sehen möchte und sich über jede neu entdeckte freut.

Allerdings ist Neugier insofern ein zweischneidiges Schwert, als sie Spieler dazu bringt, sich auch durch langweilige Passagen zu quälen. Am Schluss wird gegengerechnet: War das Ergebnis den Aufwand wert? So entscheidet sich rückwirkend, ob die letzte Stunde spaßig oder letztendlich frustrierend war, weil die dumme Kuh nach all dem Gebagger nicht mal nackte Haut zeigt.

Ungewissheit ermöglichen!

Das Wissen, dass etwas passieren wird, aber die Unsicherheit darüber, was genau -- das ist Spannung. Weil der Spieler im interaktiven Computerspiel selbst handelt, trifft er Entscheidungen und muss letztlich auch die Konsequenzen tragen. In den Worten Sid Meiers bedeutet gutes Spieldesign also, den Spieler regelmäßig »vor interessante Entscheidungen zu stellen«.

Jeder Zug im Schachspiel ist eine solch interessante Entscheidung, weil in ihm immer ein Grad von Ungewissheit angelegt ist: War das eine gute Wahl? Wie wird mein Gegner reagieren? Spannende Spiele lassen den Spieler zumindest eine Zeitlang im Unklaren darüber, ob seine Entscheidung gut oder schlecht war, aber sie legen die Auswirkungen irgendwann nachvollziehbar dar, um ihm eine Selbstbewertung zu ermöglichen.

Spannende Unsicherheit besteht indes auch darin, nicht zu wissen, was passiert wäre, wenn man sich anderes entschieden hätte. Anders als im realen Leben kann man das in Spielen herausfinden, indem man die Situation wiederholt -- der klassische Wiederspielwert.

Pflichtgefühl, Rachsucht und Schadenfreude forcieren!

In wettbewerbsorientierten Spielen wie Multiplayer-Shootern konzentriert sich die Spielmechanik in den entscheidenden Momenten auf die Frage, wer von zwei Kontrahenten im Zweikampf die Oberhand behält. Für den Sieger ist eine kurze Stolzspitze ein starker Teil des Vergnügens. Aber dieses Kräftemessen macht im besten Fall selbst dann Spaß, wenn man unterliegt, weil sich das Duell in kurzer Folge wiederholen lässt.

Im rechten Moment einen rächenden Schuss und Schadenfreude über das Ableben des Gegners -- eine Kernmotivation in Multiplayer-Shootern wie Battlefield 3. Im rechten Moment einen rächenden Schuss und Schadenfreude über das Ableben des Gegners -- eine Kernmotivation in Multiplayer-Shootern wie Battlefield 3.

Die soziale Dynamik beim Spiel zwischen wildfremden Menschen lässt spontane emotionale Bindungen entstehen, die starke Wirkung entfalten können: Dankbarkeit gegenüber dem Medic, der mich gerade in letzter Sekunde gerettet hat, Pflichtgefühl gegenüber den Squad-Kameraden, Rachsucht gegenüber dem Sniper, der einen jetzt schon zum zweiten Mal vor dem Torbogen erschossen hat.

Und vor allem Schadenfreude als Erleichterungsreaktion, die umso befriedigender ausfällt, je höher vorher die Spannung war, etwa wenn man jenen vermaledeiten Sniper zehn Sekunden vor Partieende doch noch messert. Solche Gefühle kommen ins Spiel, sobald ein direkter Wettbewerb zwischen Spielern stattfindet. Und sei es nur, die Rollenspiel-Party am Ende des Dungeons um den Inhalt der Schatztruhe würfeln zu lassen.

Ordnungsliebe unterstützen!

Eine der interessanteren Eigenschaften von Menschen ist, dass ihnen das Schaffen von Ordnung ein Gefühl von Befriedigung gibt. Die Suche nach Mustern und die Abwehr von Unsicherheit sind in unserem Denken angelegt, entsprechend belohnt uns das Gehirn für die Schaffung von Strukturen. Eine Vielzahl der populärsten Gesellschaftsspiele schlägt daraus Kapital, von Memory bis Puzzles, von Patiencen bis Mahjongg.

Warum ist ein so simples Spiel wie Windows Solitaire so motivierend? Ein Grund dafür ist das befriedigende Spielprinzip: Ordnung in Unordnung zu bringen. Warum ist ein so simples Spiel wie Windows Solitaire so motivierend? Ein Grund dafür ist das befriedigende Spielprinzip: Ordnung in Unordnung zu bringen.

Auch Videospiel-Klassiker wie Tetris oder das Kistenschiebespiel Sokoban machen das Ordnen von unordentlichen Situationen zum hauptsächlichen Spielinhalt. Aber selbst komplexere Genres enthalten fast immer ein Ordnungselement -- jeder Rollenspieler kennt die Zufriedenheit, wenn er ein vollgemülltes Inventar ausgemistet hat, jeder Aufbauspieler plant seine Städte nach einem inneren Modell.

Zu dieser Ordnungsliebe gehört auch der Wunsch nach Abschluss, nach dem Beenden einer offenen Aufgabe. Wie stark dieser Drang sein kann, beweisen etwa Rollenspiele mit zahlreichen Nebenquests, bei denen allein der »Ach, das mach ich noch schnell«-Effekt Partien bis in die frühen Morgenstunden ausdehnen kann.

Aber auch Social Games der Zynga-Bauart setzen stark auf das Konzept, den Spieler zu jedem Zeitpunkt immer gut sichtbar (!) mit mehreren offenen Aufgaben zu konfrontieren, und seien sie noch so albern. Der Wunsch, offene Ziele abzuschließen und die Auftragsliste damit etwas ordentlicher zu machen kann so stark sein, dass die Spieler in Free2Play-Modellen dafür sogar Geld ausgeben, einfach um das Ding endlich vom Tisch zu haben.

Gefühle verstehen!

Grundlegende Emotionen wie diese sind verwandt und verschränkt mit zahlreichen weiteren -- mit Ehrgeiz und Geltungsdrang, Mitgefühl und Geborgenheitswunsch, auch mit Wut und Ärger. Entscheidend ist der Gedanke, dass Spaß unterm Strich die Summe von Eindrücken ist, die den Spieler bewegt haben, die ihn aus der Gleichgültigkeit reißen.

Wer ein gutes Spiel machen will, der kann in Regeln und Abläufen denken und in Verhaltensdaten und Statistiken. Er kann sich aber auch fragen, was der Spieler zu welchem Zeitpunkt fühlt. Das geschickt zu lenken ist eine der Herausforderungen von gutem Spieldesign.

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