Mit Erwartungshaltungen ist es so eine Sache: Sind die mal geschürt und nicht erfüllt, ist die Enttäuschung hoch. Entwickler Frozenbyte hat das mit Trine 3 deutlich zu spüren bekommen. Komplexer, größer und besser als die Vorgänger hätte es werden sollen. Das Resultat war dann eher so mittel. Aus dem märchenhaften 2D-Plattformern mit fordernden Physik-Rätseln und herrlichem Koop-Modus wurde im dritten Teil ein 3D-Experiment, für das sich Frozenbyte zum Release sogar entschuldigte.
Schwamm drüber, Frozenbyte hat die Scherben in die Ecke gekehrt. Für Trine 4: The Nightmare Prince verspricht der Entwickler genau das, was viele Fans insgeheim hoffen: Es geht zurück zum guten alten Trine (sprich: Teil 2)! Womit wir wieder bei der Erwartungshaltung wären. Ja, Frozenbyte hat die mit Trine 4 erfüllt, oder vielmehr übererfüllt, denn neben den bekannten Stärken der Serie, sind sogar die alten Schwächen wieder mit dabei!
Die üblichen Verdächtigen
Wie sollte es also anders sein: Wir sind erneut mit den drei Helden Amadeus (Zauberer), Zoya (Diebin) und Pontius (Ritter) von links nach rechts durch 2,5D Level unterwegs und kombinieren deren Fähigkeiten, um Physik-basierte Rätsel zu lösen oder Monster zu verkloppen.
Die Kopfnüsse sind wieder die klaren Glanzlichter von Trine 4, vor allem, weil sie so kurzweilig sind. Wir müssen selten wirklich lange über eine Lösung grübeln, aber das Herumprobieren ist eine wahre Freude. Mit Amadeus lassen wir Objekte schweben oder beschwören Kisten, mit Diebin Zoya frieren wir per Eispfeil Wippen ein oder spannen Seile durch den Raum und mit Pontius' Schild leiten wir beispielsweise Wasser- oder Lichtstrahlen um.
Anfangs steht uns nur ein kleines Set an Fähigkeiten zur Verfügung, das Repertoire wächst aber im Spielverlauf stetig. Dementsprechend werden die Rätsel komplexer, bleiben über weite Teile abwechslungsreich und lassen ab und an gar verschiedene Lösungswege zu. Trine-Kennern wird auffallen, dass das Trio wieder ein paar Tricks dazugelernt hat. Zoya lässt nun an ihrem magischem Seil Dinge in die Lüfte steigen.
Solo schalten wir per Knopfdruck durch die drei Helden, im Koop holen wir uns bis zu drei Mitspieler dazu - einen mehr als in den Vorgängern. Das ist die zweite große Stärke von Trine: Das mehr oder weniger kontrollierte Chaos im Koop ist eine Riesengaudi und funktioniert auch deshalb einwandfrei, da sich viele Rätsel mit steigender Spielerzahl dementsprechend verändern.
Entweder kann man das klassisch angehen und jeder Spieler übernimmt einen fixen Charakter, oder im so genannten Unlimited Modus, der jederzeit fröhliches Charakterwechseln erlaubt. Vier Amadeusse am Schirm, die wild durcheinander Kisten levitieren? Das hat einen Unterhaltungswert, den man gesehen haben muss.
Optische Fülle und inhaltliche Leere
Mehr als nur Unterhaltungswert hat auch wieder die gewohnt famose Grafik. Frozenbyte hat es einfach drauf, unheimlich charmante und detaillierte Märchenwelten zu basteln. Egal ob es nur ein popeliger Kellergang in einer Burg ist, ein verschneiter Berggipfel, eine schmucke Hafenstadt oder ein verwunschenes Labyrinth - alles ist ein Hingucker!
Aber Moment mal, wo kommen all die Schauplätze her? Diese Frage trifft einen wunden Punkt von Trine 4, denn die Story ist wie aus den Vorgängern gewohnt, mal wieder Nebensache. Wir verfolgen einen Prinzen, der nach einem Dasein als Laborratte für durchgeknallte Magiernicht mehr alle Tassen im Schrank hat, sodass seine Albträume zur Realität werden.
Nun gut, dank diesem praktikablen Setting kann Frozenbyte allerlei fabelhafte Umgebungen unterbringen, mehr gibt die Geschichte aber wieder nicht her. Wer trotzdem aufpasst, dem fehlt wiederum oft mehr Kontext, etwa warum sich der Sprüche klopfende Ritter Pontius in einem Albtraum einer Gruppe lachender Konkurrenten stellen muss, die sein Ego belasten. Wer sind die Typen und warum sollen sie uns interessieren?
Und täglich grüßt die Kampfarena
Die Storyschwäche ist schade, aber stört zumindest nicht. Ebenso wenig die serientypischen wenigen Bugs. Im Gegenteil: Es ist sogar ziemlich amüsant, wenn etwa das Physikgerüst mal durchdreht. Ein Beispiel: Eigentlich sollten wir eine Wippe einfrieren, damit wir eine Kiste draufstellen können.
Beim Herumprobieren bleibt sie aber plötzlich stecken, wir haben eine physikalisch unmögliche Konstruktion und können das Rätsel im besten Wortsinne »überspringen«. Manchmal bleibt aber auch ein Held im Levelinventar stecken, da hilft nur der Neustart. Auch halb so wild: Es gibt gefühlt alle 30 Sekunden einen Checkpoint.
Eine Altlast belastet Trine 4 aber doch gehörig: Frozenbyte kriegt die Kämpfe wieder nicht gebacken. Alle paar Rätsel lang müssen wir in abgesteckten Arenen eine Handvoll Gegner verkloppen. In der Theorie kombinieren wir auch hier die Talente aller drei Helden, in der Praxis ist das aber zu viel Aufwand. Stupides Button-Mashing mit Pontius genügt fast immer. Als Auflockerung zwischen den Rätseln ist das mit Ach und Krach zu rechtfertigen, Spaß und Herausforderung gehen aber anders.
Nichtsdestotrotz hat Frozenbyte seine kleine, aber feine Plattformer-Serie nun wieder unter Kontrolle, indem der Entwickler quasi ein Trine 2.5 abgeliefert hat - im Grunde mehr vom bekannten und geschätzten Trine mit netten, kleinen Neuerungen. Das ist nicht viel, aber mehr braucht es manchmal auch nicht zum Zufriedensein.
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