GameStar: Wie müsste Ihrer Meinung nach ein optimaler Maßnahmenkatalog aussehen? Wieso gibt es ihn noch nicht?
Angela Ittel: Er sollte unbedingte möglichst viele Ebenen (Lehrer, Freunde und Familie) einbeziehen, um eine ganzheitliche Prävention zu ermöglichen. Es gibt einen solchen Maßnahmenkatalog nicht, weil die bislang berichteten Fälle zwar Ähnlichkeiten aufweisen -- häufig klagen die Täter über Depression, Einsamkeit und Frustration über ihr soziales Umfeld -- doch individuell sehr unterschiedlich »gestrickt« sind. Die Arbeit mit potentiellen Tätern ist äußerst anspruchsvoll und kann nur sehr schwer anhand von standardisierten Kriterien durchgeführt werden.
GameStar: Gerade im Bereich des medialen Jugendschutzes ist Deutschland eines der strengsten Länder der Welt. Jedoch beschränkt sich Jugendschutz in Deutschland größtenteils auf riesige Plaketten auf Film- bzw. Spieleschachteln. Inhaltliche Diskussionen werden nicht geführt, dafür wird der Reiz des Verbotenen gefördert. Halten Sie diese Herangehensweise für richtig oder sind Sie der Ansicht, dass Jugendschutz in Deutschland anders praktiziert werden sollte?
Angela Ittel: Wie gesagt, die Aktivitäten oder Maßnahmen des Jugendschutzes sind nur eine Seite eines sehr komplexen Prozess, der solche Gewalttaten verhindert. Eine Regulierung altersgerechter medialer Angebote ist sicherlich trotzdem sinnvoll. Auch wenn der Reiz des Verbotenen sich erhöht, können zuständige Instanzen zumindest auf eine gesetzliche Grundlagen zurückgreifen, um die Verbreitung solcher Materialien zu verhindern. Inhaltliche Diskussion können nicht wirklich auf gesetzlicher Ebene geführt werden. Hier bedarf es Fortbildungen und Schulungen für Lehrer, Eltern und anderen Personen, die mit potentiell gefährdeten Jugendlichen umgehen. Nur wenn wir uns persönlich auf potentielle Täter einlassen und bedeutungsvolle zwischenmenschliche Beziehungen aufbauen, können wir solche brutalen Taten verhindern.
(Henry Ernst, Leitender Redakteur GamePro)
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