Andor: Folge 6 ist das Beste, was ich seit Jahren von Star Wars gesehen habe

Die Serie Andor erreicht mit Folge 6 ihren vorläufigen Höhepunkt. Doch nicht nur das: Für Vali ist die Serie das spannendste, was Star Wars seit Jahren geliefert hat.

Sympathischer wird Cassian Andor auch in Folge 6 seiner persönlichen Star Wars-Serie nicht unbedingt, dafür aber wesentlich interessanter. Bildquelle: DisneyLucasfilm Sympathischer wird Cassian Andor auch in Folge 6 seiner persönlichen Star Wars-Serie nicht unbedingt, dafür aber wesentlich interessanter. Bildquelle: Disney/Lucasfilm

Eigentlich hatte ich überhaupt keine Lust auf Andor. Also so gar nicht. Das lag für mich vor allem am altbekannten Prequel-Problem: Wenn ich schon weiß, wohin die Vorgeschichte eines Charakters zwangsläufig führt, kann ich mich nur selten dafür begeistern - Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel.

Erschwerend kam hinzu, dass Cassian Andor (Diego Luna) nach Rogue One nicht gerade zu meinen Krieg der Sterne-Lieblingen zählte. Klar, der Charakter funktionierte im Kontext der Star Wars Story für das, was er sein sollte. Allerdings habe ich nicht gerade darauf gebrannt, zu erfahren, wo er herkommt und warum er so ist, wie er nunmal ist. Cassian hat in Rogue One außerdem zu einem Ende gefunden, das kaum endgültiger hätte sein können.

Seit der Premiere der neuesten Star Wars-Serie belehrt mich Andor im Wochentakt eines Besseren. Und offensichtlich teilen nicht nur meine GameStar-Kollegen Steffi und Tillmann meine Begeisterung, auch von internationalen Kritikern sowie Fans hagelt es konsequent Lob.

Mit Folge 6 kann ich guten Gewissens schreiben: Andor ist besser als alles andere, was Star Wars seit Jahren hervorgebracht hat. Und ja, sogar besser als The Mandalorian. Ich weiß, welch Frevel! Doch eins nach dem anderen. Reden wir erstmal über Folge 6, ein kleines Meisterwerk der modernen TV-Geschichte. 

Vali Aschenbrenner
Vali Aschenbrenner

Vali ist ein Star Wars-Fan, seit er denken kann. Trotzdem findet er nicht automatisch alles gut, was ihm aufgetischt wird. Seien es Kino-Filme, TV-Serien, Videospiele oder Comics. Was die letztendliche Qualität seines wahrscheinlich liebsten Franchises angeht, hat Vali schon viele Höhen und Tiefen miterlebt. Und auch wenn er nicht mit jeder neuen Disney-Produktion zufrieden ist, muss Vali immer wieder auf ein Neues feststellen: Die schiere Masse an neuem Star Wars-Nachschub, hätte er sich als Kind niemals erträumen lassen.

Seid ab dieser Stelle jedoch vor leichten Spoilern gewarnt! Ins Detail gehe ich im folgenden Text zwar nicht, ich komme allerdings nicht drumherum, grobe Züge der Handlung zumindest anzureißen.

Folge 6 als vorläufiger Höhepunkt

In Folge 6 von Andor ist es endlich soweit: Der Heist, auf den seit den vorangegangenen Episoden mühevoll hingearbeitet wurde, steht endlich an. Daran hat mir besonders gefallen, dass Andor bewusst vage geblieben ist, wie der Raubüberfall auf die imperiale Garnison letztendlich ablaufen sollte. 

Entsprechend profitiert die Folge davon, dass ich als außenstehender Beobachter letztendlich gar nicht weiß was mich erwartet - und was schieflaufen kann. Regisseurin Susanna White schafft es dabei, von vorne bis hinten eine spannende Atmosphäre zu generieren, die zu keinem Moment der Folge nachlässt. Und das selbst, nachdem der Heist längst abgeschlossen ist und sich die Überlebenden eigentlich in Sicherheit wiegen.

Wie schon zuvor gelingt es Andor weiterhin, jedem Dialog und jeder Handlung einen tieferen Sinn zu verleihen. Alles, was gesagt und getan wird, verfolgt einen bestimmten Zweck. Und so werden auch in Episode 6 keine überflüssigen Sprüche geklopft, um die Stimmung aufzulockern. Stattdessen macht die Serie beispielsweise auf clevere Art und Weise ersichtlich, wie buchstäblich Cassians Aussage bezüglich des fetten und selbstzufriedenen Imperiums zu verstehen ist. 

Das schrille Kreischen der sich rasant näherenden TIE-Fighter wird mir wahrscheinlich nie langweilig. Bildquelle: DisneyStar Wars Das schrille Kreischen der sich rasant näherenden TIE-Fighter wird mir wahrscheinlich nie langweilig. Bildquelle: Disney/Star Wars

Gleichzeitig fiebere ich mit allen beteiligten Charakteren mit, die in den Überfall auf die imperiale Garnison involviert sind. Und das ganz unabhängig davon, wie viel oder wie wenig ich über sie weiß. Das ist natürlich auch den durch die Bank weg eindrucksvollen Performances der Darsteller zu verdanken. Die Anspannung und die Ernsthaftigkeit des Universums, in dem sich sämtliche Beteiligten befinden - unabhängig davon, auf welcher Seite sie stehen - lässt sich jeder Figur im Gesicht ablesen.

Die Action selbst enttäuscht ebenfalls nicht. Erst zum zweiten Mal im Verlauf von Andor wird aus allen Blaster-Rohren geballert. Die Star Wars-Serie gibt sich im direkten Vergleich zu anderen Vertretern des Franchises überraschend hart und kompromisslos. Im Eifer des Gefechts bleibt keine Zeit, um gefallene Kameraden zu trauern, die im Bruchteil einer Sekunde das Zeitliche segnen. Andor führt das »Wars« in Star Wars befriedigend konsequent zuende.

Damit ergänzt sich übrigens hervorragend, dass Folge 6 von Andor die Grenzen zwischen der klassischen Gut- und Böse-Unterteilung immer mehr verschwimmen lässt. Wer hier einem Kind einen Blaster an den Kopf hält, ist vielleicht nicht unbedingt derjenige, von dem man es erwarten würde.

Zu guter Letzt möchte ich den unfassbar cineastischen Look und Sound von Andor ausdrücklich loben. Die Episode ist von vorne bis hinten absolut kinoreif in Szene gesetzt. Und als Star Wars-Fan von Kindesbeinen an fiel mir in Anbetracht einer dezenten, aber umso stimmungsvolleren Startsequenz einer TIE-Staffel einfach nur die Kinnlade herunter.

Und auch der Hype um das Naturphänomen des sogenannten Eye des Planeten Aldhani zahlt sich in der titelgebenden sechsten Episode der Star Wars-Serie endlich aus. Um ein Haar hätte ich dazu fast ein Bild davon in diesen Artikel gepackt - diese Überraschung möchte ich aber wirklich niemandem vorwegnehmen. Schaut euch dafür vielleicht nochmal den Trailer zu Andor an, um euch selbst ein Bild von der Produktionsqualität der Serie zu machen:

Star Wars: Andor Trailer zeigt die Rebellion, wie ihr sie noch nie gesehen habt Video starten 1:30 Star Wars: Andor Trailer zeigt die Rebellion, wie ihr sie noch nie gesehen habt

Andor vs. der Rest von Disney-Star Wars

Ich war lange skeptisch, doch spätestens mit Folge 6 überzeugt mich Andor endgültig. Im direkten Vergleich mit sämtlichen vorangegangenen Filmen und Serien der Disney-Ära war Star Wars schon lange nicht mehr so gut. Wenn ich ehrlich bin, konnte mich in dieser Hinsicht auch nur The Mandalorian so richtig begeistern.

Mit den (von Disney einverleibten) Animationsprojekten Clone Wars, Rebels und The Bad Batch bin ich nie so recht warm geworden. Klar, jede einzelne dieser Serien hat ihre unbestreitbaren Höhepunkte, doch bis dahin durchzuhalten, fehlt mir schlichtweg die Zeit und Ausdauer. Star Wars Visions traf dann schon wieder eher meinen Nerv, konnten sich hier unterschiedlichste Studios und Künstler ohne Kanon-Verpflichtungen frei und ungezwungen austoben.

The Book of Boba Fett war wiederum die erste herbe Enttäuschung für mich, hatte ich doch wirklich große Hoffnungen und Erwartungen an den Star Wars-Liebling meiner Kindheit. Und auch Kenobi fiel teilweise so stümperhaft geschrieben und inszeniert aus, dass es mir beinahe leid tut, dass Ewan McGregor und Hayden Christensen keine angemessenere Rückkehr zu Star Wars spendiert bekamen.

Meine Vorfreude auf The Book of Boba Fett war nach der Post-Credits-Szene von The Mandalorian: Staffel 2 war groß! Meine Ernüchterung durch die finale Serie größer ... Bildquelle: DisneyLucasfilm Meine Vorfreude auf The Book of Boba Fett war nach der Post-Credits-Szene von The Mandalorian: Staffel 2 war groß! Meine Ernüchterung durch die finale Serie größer ... Bildquelle: Disney/Lucasfilm

Zwischen all dem Star Wars-Mittelmaß und den Enttäuschungen brillierte aber natürlich The Mandalorian! Pedro Pascals wortkarger Kopfgeldjäger entfachte meine Leidenschaft für den Krieg der Sterne neu und an die Dynamik zwischen Din Djarin und seinem Schützling Grogu kam bisher kein anderes Star Wars-Projekt von Disney ran.

Allerdings hat The Mandalorian einen entscheidenden Nachteil gegenüber Andor: Din Djarins und Grogus Abenteuer lebt zu sehr vom Fan-Service und steht oft zu wenig für sich alleine. Kaum eine Folge kommt ohne Gastauftritt irgendeines Rückkehrers aus.

Bei den Disney Plus-Debüts von Cobb Vanth und Boba Fett über Ahsoka Tano und Luke Skywalker bis zu Cad Bane, Bo-Katan Kryce und Co. komme ich nicht drumherum, jedes Mal an das Glup Shitto-Meme zu denken (das ich witziger finde, als es vermutlich in Wirklichkeit ist). Was übrigens für die nächsten Jahre noch alles ansteht, könnt ihr wie folgt nachlesen:

Gleichzeitig ist The Mandalorian um einiges berechenbarer als Andor, was zugegebenermaßen seinem Genre verschuldet ist. Serien-Schöpfer Jon Favreau bedient sich zahlreicher Western- sowie Eastern-Anleihen und macht sich das altbekannte Lone Wolf and Cub-Prinzip zunutze. Soll heißen: Ein alter, verbitterter Krieger findet dank einem jungen, unschuldigen Schützling zu seiner Menschlichkeit zurück.

Dieses Schema wurde in meinen Augen in den letzten Jahren sträflich überstrapaziert. The Last of Us, Logan und sogar Kenobi schlagen wie schon The Mandalorian in die exakt gleiche Kerbe - unabhängig davon, wie gut oder schlecht deren jeweilige Qualität letztendlich ausfällt.

Natürlich macht das The Mandalorian nicht automatisch zu einer schlechten Serie und Staffel 3 fiebere ich mindestens genauso heißhungrig entgegen wie ein Wampa einem Tauntaun-Snack. Doch im direkten Vergleich halte ich Andor mittlerweile für die bessere, weil erfrischende Serie. Den offiziellen Trailer zu Staffel 3 von The Mandalorian schau ich mir nichtsdestotrotz immer wieder gern aufs Neue an:

The Mandalorian: Der erste Trailer zu Staffel 3 ist da und zeigt viele Mandalorianer Video starten 1:50 The Mandalorian: Der erste Trailer zu Staffel 3 ist da und zeigt viele Mandalorianer

Andor hat mich am Haken und hält meinen Adrenalinpegel konstant hoch. The Mandalorian ist für mich wiederum viel eher Feel Good-Star Wars, weil ich ganz genau weiß, dass Disney Din Djarin und Grogu kein böses Ende bescheren wird. Ein bittersüßes vielleicht, aber kein schlechtes. Dafür gibt’s immerhin Andor und Rogue One.

Wie ist eure bisherige Meinung zur neuen Star Wars-Serie Andor? Wie gefällt sie euch im direkten Vergleich zu anderen Filmen und Projekten unter Disney? Lasst es mich in den Kommentaren wissen!

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