Meinung zu Kenobi: Warum mich die Star Wars-Serie enttäuscht und trotzdem begeistert

Kenobi hat schwach angefangen und stark aufgehört. Das meint zumindest Star Wars-Fan Vali, welcher der Serie durchaus kritisch gegenübersteht. Zu kritisch?

Obi-Wan Kenobi hat viele Probleme, aber auch seine Momente - das findet zumindest Vali. Bildquelle: DisneyLucasfilm Obi-Wan Kenobi hat viele Probleme, aber auch seine Momente - das findet zumindest Vali. Bildquelle: Disney/Lucasfilm

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Wir leben in einer fantastischen Zeit. Zumindest, was neuen Star Wars-Content angeht. Denn hätte mir jemand in meinen Tagen als Jüngling erzählt, dass irgendwann alle paar Monate eine neue Star Wars-Serie über den Bildschirm flimmert, wäre mir wahrscheinlich der Kopf geplatzt. 

Damals waren für mich aber auch die Prequels über jede Kritik erhaben und ich hätte mir niemals vorstellen können, dass mich irgendetwas mit Star Wars im Titel nicht vollends begeistert. Und bevor ihr fragt: Nein, von Jar Jar war ich nie ein Fan.

Mittlerweile bin ich natürlich älter und damit auch ein klein wenig kritischer geworden. Ich blicke zwar noch immer jedem neuen Film und jeder neuen TV-Serie mit großer Vorfreude entgegen, aber damit muss mir nicht automatisch alles gefallen, was mir aufgetischt wird. So auch die Rückkehr von Obi-Wan Kenobi. Nach einem schwachen Start und einem starken Ende stelle ich mir die Frage: Hätte es das wirklich gebraucht?

Vali Aschenbrenner
Vali Aschenbrenner

Vali ist wie ein Star Wars-Schwamm. Die Regale ächzen unter dem Gewicht seiner Krieg der Sterne-Bücher, -Comics, Steelbooks und Lego-Bauten. Seine Mandalorian-Sammlung der Black Series hat schon viel zu viel Geld verschlungen. Und die jeweiligen Übersichten zu neuen Star Wars-Filmen und -Serien am Laufenden zu halten, ist fast schon mehr Hobby als Arbeit. Findet er damit alles gut, was zu Star Wars veröffentlicht wird? Nö.

Dass es Star Wars-Fans aber auch ganz anders als mir gehen kann, erläutert Steffi in ihrem ganz eigenen Artikel. Warum sie die ersten beiden Folgen von Kenobi richtig gut fand - ganz im Gegensatz zu mir - könnt ihr in ihrer Kritik nachlesen:

Worum geht es in Kenobi überhaupt?

Falls ihr euch bisher noch gar nicht mit Kenobi auseinandergesetzt habt, hier eine spoilerfreie Zusammenfassung. Die Star Wars-Serie spielt sich neben Die Rache der Sith und Eine neue Hoffnung ab. Nach dem Fall des Jedi-Ordens und der Galaktischen Republik versauert Obi-Wan (Ewan McGregor) auf dem Wüstenplaneten Tatooine, hat dort ein Auge auf den jungen Luke Skywalker (Grant Feely), aber hält sich ansonsten bedeckt und mit simplen Jobs über Wasser.

Nach jahrelangen Kämpfen und dem Verrat seines eigenen Schülers leidet Obi-Wan schwer unter seinem Trauma. Sein Lichtschwert ist irgendwo im Sand verbuddelt und seine Verbindung zur Macht schwindet. Doch eines Tages muss sich Kenobi seiner Vergangenheit stellen, als imperiale Inquisitoren - unter anderem Reva (Moses Ingram) - seine Spur aufnehmen und ihn mit Bail Organa (Jimmy Smits) ein alter Freund um Hilfe bittet.

Obi-Wan Kenobi: Erster Trailer zur Serie zeigt mehr als ein bekanntes Gesicht Video starten 1:46 Obi-Wan Kenobi: Erster Trailer zur Serie zeigt mehr als ein bekanntes Gesicht

Was gelingt Kenobi - und was nicht?

Achtung, Spoiler: Seid ab dieser vor Stelle vor Spoilern zu den ersten fünf Folgen Kenobi gewarnt! Bezüglich der sechsten und letzten Episode gehe ich im folgenden Text zwar nicht ins Detail, dennoch lasse ich euch wissen, wie gut mir die Star Wars-Serie als Ganzes gefallen hat.

Die Story und ihr Held: Kenobi hat ein klassisches Prequel-Problem. Denn natürlich weiß ich bereits, wo die Geschichte von Obi-Wan beginnt und wo sie endet. Entsprechend wenig Raum bleibt für überraschende Wendungen oder (Charakter-)Entwicklungen, muss doch zwangsläufig alles wieder auf den etablierten Status Quo hinauslaufen.

Obi-Wan ist nicht als einzige Figur davon betroffen: Um Darth Vader (Hayden Christensen), Owen Lars (Joel Edgerton), Bail Organa, den Skywalker-Nachwuchs und sogar den Großinquisitor (Rupert Friend) muss ich nicht wirklich bangen. Zwar haben sich Disney und auch zuvor George Lucas durchaus die ein oder andere Freiheit mit dem etablierten Kanon erlaubt, aber wenn, dann ausschließlich auf einem moderaten und leicht zu rechtfertigenden Level.

Das bedeutet jedoch nicht, dass es um Obi-Wan als Charakter keine spannenden Geschichten zu erzählen gibt. Schon die offiziellen Comics von Marvel beleuchteten Kenobis tristes Dasein auf Tatooine, in denen er unterdrückte Feuchtfarmer heimlich vor den Hutts verteidigte und sogar dem Kopfgeldjäger Black Krrsantan aus The Book of Boba Fett seine Narbe verpasste. Und dann wäre da natürlich noch Rebels, welche die Rivalität zwischen Kenobi und Darth Maul zu einem ebenso fantastischen wie tragischen Ende brachte.

Angeblich sollte es in einer frühen Version der Kenobi-Serie zu einem Wiedersehen zwischen Obi-Wan und Maul kommen. Diese Geschichte wurde aber bereits in der Animationsserie Rebels zu Ende erzählt. Bildquelle: DisneyLucasfilm Angeblich sollte es in einer frühen Version der Kenobi-Serie zu einem Wiedersehen zwischen Obi-Wan und Maul kommen. Diese Geschichte wurde aber bereits in der Animationsserie Rebels zu Ende erzählt. Bildquelle: Disney/Lucasfilm

Die Serie holt wiederum eine Menge aus dem Charakter Kenobi an sich heraus. Zu Beginn ist Obi-Wan gebrochen, von der Macht und dem Universum jenseits von Tatooine abgeschnitten. Im Verlauf der insgesamt sechs Folgen findet er zu alter Stärke und zu neuen Weisheiten, während sein innerer Konflikt nachvollziehbar in Szene gesetzt wird - was natürlich auch dem fantastischen Schauspiel von Ewan McGregor zu verdanken ist. Das allein genügt mir schon als Daseinsberechtigung von Kenobi als TV-Serie, um einen anderen Kritikpunkt komme ich jedoch nicht drumherum. 

Schon in Episode 2 nimmt Obi-Wan die junge Prinzessin Leia Organa (Vivien Lyra Blair) in seine Obhut, die er vor seinen imperialen Verfolgern zu schützen versucht. Grundsätzlich eine spannende Prämisse, welche die Verbindung zwischen dem Meister und den Kindern von Anakin Skywalker und Padmé Amidala bereichert und damit sogar zusätzlichen Subtext für die Sequels liefert.

Allerdings strapaziert Disney diese altbekannte Lone Wolf and Cub-Dynamik in meinen Augen über. The Mandalorian, The Bad Batch und sogar Star Wars Rebels sowie The Clone Wars machten bereits von diesem Prinzip Gebrauch. Ursprünglich sollte Obi-Wan im Zuge seiner eigenen Serie sogar ein gemeinsames Abenteuer mit dem jungen Luke erleben, bevor die Idee aufgrund ihrer Ähnlichkeit zu The Mandalorian verworfen wurde. 

Nun wurde Luke einfach durch Leia ersetzt und frage ich mich, ob es für die Rückkehr von Obi-Wan Kenobi nach über 17 Jahren wirklich keine bessere Idee gab. Womit ich übrigens gar nicht Vivien Lyra Blairs Schauspiel kritisieren möchte - als freche, selbstbewusste Leia Organa kaufe ich ihr eine 10-jährige Carrie Fisher allemal ab. 

Für zukünftige Star Wars-Serien müssen sich Dave Filoni und Co. unbedingt etwas Neues einfallen lassen. Den Krieger, der ein junges Kind beschützt, haben wir mittlerweile wirklich oft genug gesehen. Bildquelle: DisneyLucasfilm Für zukünftige Star Wars-Serien müssen sich Dave Filoni und Co. unbedingt etwas Neues einfallen lassen. Den Krieger, der ein junges Kind beschützt, haben wir mittlerweile wirklich oft genug gesehen. Bildquelle: Disney/Lucasfilm

Die Schurken: Man kann sagen, was man will: Bezüglich Darth Vader hat Disney in den letzten Jahren alles richtig gemacht. Angefangen bei Rebels, über Rogue One, The Clone Wars und jetzt auch Kenobi verfügt der dunkle Lord der Sith konsequent über eine Leinwandpräsenz, die ihresgleichen sucht. Dass dieser Drahtseilakt gelingt, ist nicht selbstverständlich und das Risiko enorm, einen der besten Film-Schurken aller Zeiten zu entmystifizieren.

Vader bleibt jedoch auch in Kenobi eine beängstigende Naturgewalt und wird sogar um zusätzliche Facetten bereichert, von denen ich nicht einmal wusste, dass ich sie gebraucht hatte. Ohne in Bezug auf das Staffelfinale zu sehr ins Detail zu gehen: Dass sich Obi-Wan und Darth zwischen Die Rache der Sith und Eine neue Hoffnung begegnen, war zwar nicht unbedingt notwendig, aber auf inszenatorischer Ebene allemal ein Highlight der Serie.

Während Vader auch in Kenobi überzeugt, ließ mich jedoch Reva als völlig neue Schurkin im Krieg-der-Sterne-Universum eher enttäuscht zurück. Sie bleibt zu lange zu blass und unnahbar, als dass ich mich für sie begeistert oder gar interessiert hätte. Trotz Moses Ingrams gelungenen Schauspiel kommt die Enthüllung von Revas Hintergründen für mich zu spät, um das Ruder herumzureißen.

Im Schatten von Darth Vader natürlich ohnehin eine undankbare Aufgabe, denke ich jedoch im direkten Vergleich beispielsweise an Lalo Salamanca aus Better Call Saul, wurde aus anderen Schurken mit geringerer Leinwandzeit sehr viel mehr gemacht. Selbst Rupert Friend als Großinquisitor hinterließ bei mir einen bleibenderen Eindruck, von dem ich mir jetzt sogar mehr Auftritte wünschen würde.

Kenobi: Neuer Trailer zur Star Wars-Serie kündigt die Rückkehr von Darth Vader an Video starten 1:28 Kenobi: Neuer Trailer zur Star Wars-Serie kündigt die Rückkehr von Darth Vader an

Die Action und Inszenierung: Was diese beiden Punkte anbelangt, ist Kenobi ein zweischneidiges Schwert. Denn die neue Star Wars-Serie sieht wirklich fantastisch aus, was Kostüme, Sets und Effekte angeht. Wie schon The Mandalorian oder The Book of Boba Fett muss sich auch Kenobi nicht vor den großen Leinwandproduktionen verstecken. Natürlich sieht man sämtlichen Disney Plus-Produktionen gerne mal an, dass das Drehen im TV-Format seine eigenen Limitierungen mit sich bringt - dabei handelt es sich jedoch um Jammern auf hohem Niveau.

Übrigens: Einen Überblick über alle kommenden Star Wars-Serien bekommt ihr hier:

Kenobi macht es sich jedoch viel zu oft viel zu einfach, was die Inszenierung angeht. Angefangen bei der langsamsten Verfolgungsjagd der Galaxie, der sogar Bobas Moped-Gang davonbrausen würde, über Vader und Kenobis Versteckspiel in der Kiesgrube bis zu dem Umstand, dass Castle Inquisitorius im Zeitraum von vier Jahren auf dieselbe Art und Weise von zwei verschiedenen Jedi infiltriert wurde. Fragt einfach mal Cal Kestis.

Dabei handelt es sich nicht um die einzigen Gelegenheiten, in denen Kenobi - aus Mangel an einem besseren deutschen Begriff - plot convenience an den Tag legt. Vielleicht liegt es an Deborah Chows Regie-Stil, vielleicht am Drehbuch oder den Limitierungen einer TV-Produktion, die neue Star Wars-Serie hat es sich in meinen Augen aber häufig zu bequem gemacht. Immerhin die Lichtschwertkämpfe sind brachial in Szene gesetzt und ein Augenschmaus - auch wenn in meinen Augen nicht fast alle davon im Dunklen hätten stattfinden müssen.

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