Die Vor- und Nachteile des Kampfsystems
Auch am Kampfsystem von Anno 1800 werden sich die Geister scheiden. Und das liegt weniger am bewussten Verzicht auf Landschlachten, die wir in der Praxis tatsächlich kaum vermisst haben. Um Inseln per Gewalt zu erobern, beschießen wir solange die jeweiligen Hafenanlagen, bis die Bewohner kapitulieren.
Dann können wir die Insel entweder als Quasi-Kolonie weiterführen, was uns einen konstanten Geldbetrag aufs Konto schaufelt. Oder wir reißen sie uns komplett unter den Nagel, was allerdings das Abreißen aller bestehenden Gebäude zur Folge hat, sodass wir komplett bei Null anfangen müssen. Auf Verteidigerseite befestigen wir unseren Hafen mit diversen Abwehrkanonen. Und je mehr Hafengebäude wir bauen, desto mehr muss der Angreifer zu Klump schießen, bevor unsere Bürger schließlich kapitulieren.
Spielmechanisch ergibt das durchaus Sinn, weil uns die Eroberung einer größeren, bevölkerten Insel sofort nahezu unbesiegbar machen würde, was insbesondere Multiplayer-Partien sofort jede Spannung nimmt. Atmosphärisch wirkt es dennoch ein wenig albern, wenn eine pulsierende Metropole binnen Sekunden zu unberührter Natur wird.
In den Seegefechten führen wir acht unterschiedliche Kampfschiffe in die Schlacht. Und anfangs macht es auch richtig Laune, deren Eigenheiten in Scharmützeln clever auszuspielen. So müssen wir mit Segelschiffen die Windrichtung einkalkulieren, oder attackieren Fregatten von hinten, sodass diese keine Breitseiten abfeuern können. Hinzu kommen Spezialwaffen wie Mörser oder Torpedos, die klug eingesetzt durchaus einen Unterschied machen können.
Vom Taktik-Scharmützel zur Materialschlacht
Das alles relativiert sich jedoch im späteren Partieverlauf, wenn uns der Feind gleich zehn Schlachtschiffe entgegenwirft. Dann gewinnt allein derjenige mit der größeren Feuerkraft und nicht mehr der mit der besseren Strategie.
Hinzu kommt, dass es nahezu unmöglich ist, Kriege auch diplomatisch zu lösen, weil die Computergegner horrende Summen für einen Friedensvertrag fordern. All das sorgt dafür, dass militärische Auseinandersetzungen in Anno 1800 häufig mehr nerven als wirklich Spaß machen. Freilich galt dies auch schon für sämtliche Vorgänger, dennoch hätten wir uns hier größere Fortschritte erhofft.
Die Spielbalance knarzt, aber hält
Krieg ist zum Glück nur eine von vielen Möglichkeiten, um mit unserer Konkurrenz zu interagieren. Wir können sie als Questgeber aufsuchen, Allianzen schmieden, Handelsverträge schließen und sogar Anteile an ihren Inseln kaufen, was schlussendlich sogar eine (kostspielige) Übernahme ermöglicht. Letztere hat aber genauso eine Zerstörung der Gebäude zur Folge wie eine gewaltsame Eroberung.
Die KI verhält sich dabei deutlich nachvollziehbarer und cleverer, als es nach der Preview zu befürchten war. Gröbere Schnitzer sind uns im Test keine aufgefallen, was angesichts der Komplexität von Anno 1800 durchaus bemerkenswert ist.
Im Gegenteil: Bereits Gegner der zweiten Stufe haben uns derart ins Schwitzen gebracht und aggressiv expandiert, dass wir uns mehr diplomatische Optionen gewünscht hätten, um eine angespannte Beziehung wieder zu verbessern. Immerhin müssen wir aber kein Krösus sein, um erboste KI-Gegner mit einigen Münzen auf unsere Seite zu ziehen. Wer klug wirtschaftet, kann sich viele Probleme auch mit einer vernünftigen Menge an Geld vom Leib halten. Das funktioniert nach einigen Updates deutlich effektiver als noch in der Release-Version von Anno 1800.
Alternativ können wir uns auf einen langwierigen Vernichtungsfeldzug begeben, um sie komplett von der Karte zu schmeißen, oder eben in Kauf nehmen, dass der traurige Rest ihrer Flotte noch auf Stunden hinaus wieder störrisch unsere Handelsrouten piesackt. Ist man dagegen militärisch unterlegen, hilft manchmal sogar nur noch das Laden eines früheren Spielstands - von denen wir glücklicherweise anders als im Vorgänger wieder beliebig viele anlegen dürfen.
Serienveteranen werden sich über diese Herausforderung freuen, Einsteigern empfehlen wir aber, bei ihrer Endlosspiel-Konfiguration eher friedliebende Konkurrenz zu wählen.
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