Arcane: Der Netflix-Hit hat ein großes Problem, das Staffel 2 lösen sollte

Meinung: Arcane ist eine überragend gute Serie, aber nicht ohne Fehler. An einem Problem hat die Spielvorlage LoL Schuld. Vorsicht: Kleine Spoiler zu Season 1.

Ich bin ja voll bei euch. Arcane ist eine unerwartet grandiose Serie. Ich empfinde nichts als tiefste, inbrünstige Liebe für dieses Kunstwerk. Und das aus der Sicht einer Person, die mit League of Legends überhaupt nichts anfangen kann. Ich habe maximal ein paar Gameplay-Szenen aus dem Moba bestaunt und lausche Gesprächen darüber eher genervt als fasziniert.

Doch wie so viele andere Zuschauer auch, hat mich Arcane trotzdem voll in seinen Bann gezogen. Mit seiner Geschichte, den facettenreichen Charakteren und vor allem mit seiner Optik. Doch wenn ihr mehr über den Stil wissen wollt, dann hört ihr lieber unserer künstlerisch begabten Fachfrau Elena zu als mir:

So sehr wie Arcane hat mich schon lange keine Serie mehr gefesselt. Nicht einmal The Mandalorian. Dass ich jetzt wohl über ein Jahr auf die nächsten Folgen von Arcane warten muss, lässt mich fast schon verzweifeln. Deshalb kann ich gut verstehen, dass die erste amüsierte Reaktion der Kollegen auf meine Anmerkung zu einem Problem der Serie folgende war: Sie hat nur neun Folgen!


Der Autor
Fabiano Uslenghi gehört zur internen GameStar-Redaktion und ist Experte für Rollen- und Strategiespiele. Mit League of Legends hat er sich aber nie längerfristig beschäftigt. Das hat ihn allerdings nicht daran gehindert, sich über beide Ohren in die Netflix-Serie zu vergucken, die ihn jetzt hungrig auf mehr zurücklässt. Die Serie konnte sogar Interesse an LoL wecken, aber weniger am Spiel selbst, als an dessen Helden und wer sich auf den Schlachtfeldern dieses Mobas sonst noch alles so rumtreibt. Habt ihr auch Lust auf die Lore bekommen, gibt es ja zum Glück ein paar spielerische Alternativen zu League of Legends.

Damit haben die Kollegen natürlich Recht. Aber nein, in diesem Artikel geht es mir nicht um so ein herbeigedichtetes Problem. Ich glaube Arcane wird sich spätestens in der zweiten Staffel einer strukturellen Herausforderung stellen müssen. Andernfalls könnte die Sendung zumindest für mich viel von ihrem Reiz verlieren. Und Schuld an dieser Hürde ist ausgerechnet die Spiele-Vergangenheit.

Spoiler-Warnung!

Ich werde in dieser Kolumne explizite Spoiler vermeiden, allerdings muss ich implizit ein paar Dinge verraten, die man besser nicht im Hinterkopf haben sollte, wenn man sich das erste Mal Arcane zu Gemüte führt. Solltet ihr also Arcane noch nicht gesehen haben (macht das, bitte!), dann lest besser nicht weiter oder zumindest mit der Gewissheit, dass ihr euch danach einige Ausgänge herleiten könnt.

Wie in Arcane die Spannung verfliegt

Arcane ist bei Weitem keine langweilige Serie. Allerdings verflog bei mir insbesondere in den letzten Folgen der ersten Staffel ein Stück weit die Spannung. Ich will hier wie gesagt nicht zu sehr ins Detail gehen. Aber in der letzten Folge gibt es ein paar Situationen, in denen das Leben und Sterben von liebgewonnen Charakteren auf Messers Schneide steht. Die Folge spielt damit, sorgt durch Kameraführung und das Anschwellen oder Ausbleiben von Musik dafür, dass wir uns als Zuschauer mehrmals fragen: Hat diese Figur es jetzt überstanden oder nicht?

Wie zum Schneiden dicht die Atmosphäre zwischendurch wird, vermittelt auch der Trailer gut:

Arcane - Schaut euch den finalen Trailer zur League of Legends Serie an Video starten 2:22 Arcane - Schaut euch den finalen Trailer zur League of Legends Serie an

Dass Arcane keine simple Kinderserie ist, in der alles im Grunde gut ausgeht oder Gewalt zahm bis gänzlich frei von Konsequenzen bleibt, beweisen die Macher schon in den ersten drei Folgen. In Arcane können Charaktere schwer verletzt werden. Menschen können sterben. Und das sorgt nun Mal für Spannung, gerade weil Arcane das Ableben von Charakteren noch nicht so plakativ einsetzt wie beispielsweise The Walking Dead oder Game of Thrones.

Die Frage danach, ob eine Figur Staffel 2 lebendig erreicht oder nicht, verlor für mich aber irgendwann ihre Zugkraft. Und daran bin ich ein wenig selbst schuld - denn ich habe mich informiert, wer denn nun eigentlich in League of Legends spielbar ist und wer nicht. Wir haben dazu sogar eine Übersicht:

Und insbesondere in der letzten Folge zeichnet sich nun mal folgendes ab: Arcane schreckt vor dem Ableben der LoL-Champions eindeutig zurück. Diese Figuren haben damit die vielfach kritisierte Plotarmor, können zwar verletzt aber nie getötet werden. Und das darf sich spätestens in Staffel 2 nicht fortsetzen.

Mehr Blut und mehr Morde?

Jetzt sitze ich natürlich in einem sehr unbequemen Stuhl. Denn eigentlich mag ich ja den Großteil der Helden aus Arcane und wünsche niemandem davon ein vorzeitiges Ableben. Doch trotzdem zeichnet sich aktuell eine Zwei-Klassen-Gesellschaft ab. Bestehend aus den Arcane-Charakteren und den LoL-Champions.

Wenn mich Arcane wirklich weiterhin so vor den Bildschirm fesseln will wie davor, darf zwischen diesen Figuren kein Unterschied mehr bestehen. Jeder sollte potenziell den Kampf um Piltover mit seinem Leben bezahlen können. Gerade wenn die Serie mit dieser Möglichkeit spielt. Ich sitze sonst einfach nicht angespannt auf meinem Sofa und zittere mit, wenn jemand Jinx, Vi, Jayce oder Caitlyn einen Revolver an den Kopf hält.

Jinx ist sowohl Protagonist als auch LoL-Champion - da sollte man nicht all zu früh mit einem Ableben rechnen. Jinx ist sowohl Protagonist als auch LoL-Champion - da sollte man nicht all zu früh mit einem Ableben rechnen.

Und ja, mir ist schon klar, dass auch andere Filme oder Serien ihre Protagonisten in Gefahr bringen und ich das unterhaltsam finde, ohne an deren Ableben zu glauben. Ich glaub zum Beispiel nicht, dass Harry Potter nach 45 Minuten von einem Troll erschlagen wird. Und das ist in Ordnung. Aber nicht jeder Held in Arcane ist ein Protagonist. Klar werden wir Jinx (zum Glück) so schnell nicht sterben sehen. Aber tut es der Serie gut, wenn ein Ekko, Heimerdinger oder Singed ständig ungeschoren davon kommen? Ich denke nicht.

Gibt es eine Lösung?

Die einfachste Methode sich gegen dieses Abflauen von Spannung zu wehren ist folgende: Wer LoL sowieso nicht kennt, sollte es dabei belassen. Einfach gar nicht nachsehen, wer nun ein Held ist und wer nicht. Manchmal kann man es sich trotzdem herleiten - glücklicherweise sind aber auch die neuen Figuren so gut ausgearbeitet, dass es fast keinen Unterschied macht.

Irgendwie nimmt das aber auch ein Stück weit den Spaß. Ich schaue solche Hintergründe nämlich gern nach und werde mich da künftig kaum zügeln können. Für die Zukunft der Serie ist es deshalb für mich trotzdem notwendig, dass Arcane mir klar macht, dass auch ihre LoL-Champions entbehrlich sind. Spätestens in der zweiten Staffel muss mir Arcane diese Opferbereitschaft zeigen, sonst muss ich mein Urteil zur Qualität der Serie nochmal überdenken.

Riot muss außerdem nicht fürchten, seine Champions allzu schnell zu verheizen. Inzwischen sind weitere Serien im LoL-Universum neben Arcane geplant, die ihnen eine Bühne bieten können.

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