Assassin’s Creed Mirage angespielt: Ubisoft geht viel weiter, als ich ihnen zugetraut hätte

Endlich konnten wir Assassin’s Creed Mirage anspielen, durch die mittelalterliche Open World streifen und im Gameplay-Fazit feststellen: Dieses Spiel hat seinen Ruf nicht verdient. Und dann irgendwie doch.

Dimi konnte Assassins Creed Mirage bereits anspielen und verrät, warum er sich auf den Ableger freut - und wo die Schwierigkeiten liegen. Dimi konnte Assassin's Creed Mirage bereits anspielen und verrät, warum er sich auf den Ableger freut - und wo die Schwierigkeiten liegen.

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Das muss doch frustrierend sein! Vor mir sitzen eine Entwicklerin und ein Entwickler, ich bin in Frankreich zu Besuch bei Ubisoft Bordeaux, schaue mir Assassin's Creed Mirage an. Die beiden Devs demonstrieren, woran sie diese Woche gearbeitet haben, auf dem Bildschirm in all ihrer Pracht: eine Treppe mitten im mittelalterlichen Bagdad. Ja, eine Treppe.

Diese Treppe hat eine tragische Geschichte. Ubisoft scannt nämlich die gesamte Open World mit einer Spezialsoftware, die festgestellt hat, dass exakt diese Treppe durch Länge und Muster der Treppenstufen bei einigen Menschen epileptische Anfälle auslösen könnte. Also reißen die beiden Devs das Ding wieder ein, experimentieren mit kleinen Zwischenebenen, um das Muster zu durchbrechen und voila: Die Software gibt grünes Licht, Treppe repariert.

Für solche Begegnungen liebe ich Studiobesuche. Du bekommst einen Einblick in all die unsichtbare Arbeit, die mühsamen Details, von denen wir vor dem Rechner oder der Konsole in 99 Prozent der Fälle gar nichts mitbekommen - gerade, wenn die Devs ihre Aufgabe super machen und beispielsweise Epilepsie-Trigger wegbügeln.

Assassins Creed Mirage: So gut wird die Rückkehr zu den Wurzeln Video starten 11:12 Assassin's Creed Mirage: So gut wird die Rückkehr zu den Wurzeln

»Ist das nicht manchmal frustrierend, wenn die Leute gar nicht sehen, wie viel Arbeit alleine in einer Treppe steckt?«, frage ich Creative Director Stéphane Boudon. »Überhaupt nicht«, sagt er. »Das gehört nun mal zum Job.«

Assassin’s Creed Mirage kämpft generell um Anerkennung. Obwohl hier über 250 Menschen seit Jahren ein mittelalterliches Bagdad erschaffen, begegnen viele Leute in den Kommentaren auf GameStar.de dem Spiel mit einem Achselzucken. Es sei das Assassin's Creed zwischen den richtigen Assassin's Creeds, der kleine Bruder von Valhalla, bevor es in ein paar Jahren mit Codename Red und Hexe wirklich weitergeht.

Und selbst Ubisoft warnt vor falschen Erwartungen. Mirage ist kleiner, günstiger, 35 Stunden Spielzeit für 40 Euro, niemand dementiert offiziell, dass das Ding ursprünglich als DLC-Erweiterung des Vorgängers geplant war.

Im Gegenzug wirft Ubisoft aber auch Nostalgie in die Waagschale: Mirage wird Assassin’s Creed wie früher, eine große Hommage an den allerersten Teil mit Stealth-Fokus, Assassinen-Gameplay, Verschwörungen und all den Stärken, in die wir uns damals verliebt haben.

Ein Hin und Her, also mal Butter bei die Fische: Geht Ubisofts Idee auf? Gut, dass ihr fragt, denn ich habe insgesamt drei Stunden gezockt und kann sagen: Assassin’s Creed Mirage geht an den richtigen Stellen weiter, als ich es für möglich gehalten habe. Aber es bleibt auch an den falschen Stellen stehen.

Disclaimer: Die Reise- und Hotelkosten für das Anspielevent in Bordeaux wurden von Ubisoft übernommen.

Die wichtigsten Fakten im Schnelldurchlauf

Okay, bevor es an die richtig schwergewichtigen Themen geht, kläre ich die wichtigsten bekannten Fakten mit euch im Schnelldurchlauf:

  • Assassin’s Creed Mirage spielt im Bagdad des 9. Jahrhunderts, also frühes Mittelalter zur sogenannten Blütezeit des Islam.
  • Ihr seid Basim, der kontroverse Assassine aus Valhalla, die Story findet aber vor dem Wikinger-Assassin’s-Creed statt.
  • Die Open World von Bagdad ist etwa so groß wie Paris in Assassin’s Creed Unity. Ihr bereist sowohl die Stadt als auch das Umland, um fünf mächtige Templerbosse zu erledigen.
  • Mirage verzichtet auf den Rollenspiel-Fokus der letzten Assassin’s Creeds mit Myriaden von Items und Waffen, stattdessen will es als reines Action-Adventure vor allem Stealth in den Mittelpunkt rücken.

Die Story rund um Basim macht beim Anspielen schon neugierig. Die Story rund um Basim macht beim Anspielen schon neugierig.

Meine erste große Überraschung: Die Geschichte von Assassin’s Creed Mirage macht mich tatsächlich neugierig. Basim war in Valhalla so ziemlich die einzige spannende Figur, ein innerlich zerrissener Assassine mit ambivalentem Verhältnis zum Assassinen-Credo, der mal als Verbündeter, mal als Mentor, mal als Schurke in Eivors Leben tritt.

In den ersten anderthalb Stunden von Mirage könnte er nicht weiter davon entfernt sein. Basim stiehlt, prügelt und feilscht sich durch die Straßen seines Heimatdorfes, ein Haudegen und Straßenköter, der von Ruhm und Gerechtigkeit träumt. Ich erlebe seine frühe Ausbildung zum Assassinen in der halb fertigen Festung Alamut (wo Jahrhunderte später Altair Zuflucht suchen wird).

Die Eagle Vision hilft Basim, seine nächsten Schritte zu planen. Die Eagle Vision hilft Basim, seine nächsten Schritte zu planen.

Obwohl diese Aufstiegsgeschichte vom Tunichtgut zum Meister-Assassinen nicht neu ist (Hallo, Ezio), fühlt es sich a) unheimlich erfrischend an, sie nach all den Jahren mal wieder zu erleben und b) ist Mirage in seinen ersten Stunden einfach verflixt gut inszeniert. Ubisoft gibt Basim und seinen Gefährten Raum, sich als klare Akteure mit Wünschen, Sorgen und Problemen zu etablieren, inklusive cooler Rocky-Balboa-Trainingsmontage.

Auch die Nebenfiguren sind cool, allen voran Mentorin Roshan, im Englischen gesprochen von Shohreh Aghdashloo, die mit ihrer rauchigen Stimme so ziemlich allen die Show stiehlt. Die Bruderschaft in Mirage wirkt mysteriös, die Grenzen zwischen Freund und Feind verschwimmen, generell belebt das Spiel hier wirklich viele Tugenden wieder, die die ersten Assassin’s Creeds so gut gemacht haben. Und da reden wir noch nicht vom Gameplay.

Wie rund lief die Demo? Ich habe die Anspiel-Demo auf einem von Ubisoft gestellten PC in Bordeaux gezockt. Die Version war ein Dev-Build, das heißt, ich konnte bloß mit dem Gamepad zocken, weil auf der Tastatur diverse Entwickler-Tastenkürzel hinterlegt waren. Außerdem lief im Hintergrund permant Aufnahmesoftware mit, um meine Spielsession aufzuzeichnen. Kurzum: Die Gameplay-Erfahrung war alles andere als repräsentativ fürs normale Zocken. Dass das Spiel ein paar Mal abgestürzt ist und es hier und da visuelle Bugs gab, lässt sich also sehr schwer auf das finale Produkt projizieren, zumal ich nicht weiß, wie alt der Build war. Insgesamt lief die Demo aber weitgehend sehr rund.

Das fühlt sich wirklich anders an

Die zweite große Überraschung: Assassin’s Creed Mirage ist wirklich ein Schleichspiel! Hier geht Ubisoft Bordeaux deutlich weiter, als ich ihnen zugetraut habe. Seit Jahren bewegen sich Assassin’s Creeds in Richtung maximaler Offenheit: Wenn ich keinen Bock auf mühsames Schleichen habe, spiele ich meine Kassandra in Odyssey halt als Doppelhammer-Haudrauf. Ubisoft schien scheu, den Spielerinnen und Spieler echte Kompromisse abzuverlangen - aus Angst, sie zu frustrieren.

Stealth steht in Mirage wieder mehr im Vordergrund. Stealth steht in Mirage wieder mehr im Vordergrund.

Mirage hat da keine Angst. Basim kann sich mit Dolch und Schwert zwar durchaus verteidigen - das Kampfsystem besteht aus leichten und schweren Angriffen samt Parade -, aber ein Trupp aus Elitegegnern schickt mich schon auf normaler Härtestufe so schnell auf die Bretter, dass ich richtig fröhlich resümiere: Ja, ich muss wirklich schleichen, sonst hauen die mir den Schädel ein.

Gibt es Mikrotransaktionen? Ja, auch Assassin’s Creed Mirage beinhaltet einen Echtgeld-Shop, der in der Demo auch explizit noch nicht final implementiert war. Gesehen habe ich die üblichen Skin-Pakete, um Basim beispielsweise sein Outfit aus Valhalla oder Altairs Kostüm zu verpassen. Mirage dürfte aber keine aggressive Pay2Win-Monetarisierung haben, zumal das Spiel seine Spielzeit nicht künstlich streckt oder ausbremst.

Lege ich mich mit zu vielen Wachen an, steigt außerdem wie in den alten Serienteilen mein Fahndungslevel - und auf der dritten Stufe jagen mich derart heftige Killer, dass die hessischen Söldner aus Assassin’s Creed 3 dagegen wie Fähnlein Fieselschweif wirken.

Mit seinem Vogel verschafft sich Basim einen Überblick über die Umgebung. Mit seinem Vogel verschafft sich Basim einen Überblick über die Umgebung.

Das Stealth-Gameplay bleibt nahe am Vorgänger Valhalla: Basim pirscht durch hohes Gras, pfeift sich unachtsame Gegner heran, aber alles flutscht ein bisschen besser. Die Attentatsanimation geht fixer von der Hand, außerdem gibt’s im dicht bebauten Bagdad natürlich viel mehr coole Möglichkeiten für Aus-der-Luft-Attentate als im weitläufigen England.

Basim hat außerdem jede Menge Tools, die ich wirklich nutzen muss. Mit Fallen und Geräuschmachern locke ich Feinde in den Tod, mit Rauchbomben verkrümele ich mich flugs, Wurfmesser sind außerdem ein absoluter Segen. Generell spielt sich Mirage einfach herrlich kompakt: jedes Werkzeug nützlich, jede Begegnung spannend, kein unnötiger Erfahrungspunkte-Grind.

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