Battlefield 2042: Wieso das große neue Feature meine größte Sorge ist

Meinung: Battlefield 2042 bewirbt sich mit vielen Superlativen. 128-Spieler-Matches, gigantische Maps, epische Tornados - doch gerade hier wittert Dimi Probleme.

Marketing ist ein schwieriger Job - gerade für langlebige Shooter-Serien. Irgendwas muss man ja auf die Packung schreiben, obwohl nach all den Jahren (und all den Spielen) lange nicht jedes Versprechen die Leute hinterm Ofen hervorlockt. Neue Maps? Neue Waffen? Naja.

Und wenn man dann mit tiefer Stimme und in voller Ehrlichkeit von den Dächern posaunt »Battlefield 5! Zur Abwechslung mal wieder im Zweiten Weltkrieg«, dann zucken viele Fans nach all den Weltkriegs-CoDs und -Battlefields halt erstmal mit den Achseln. Sollte Call of Duty: Vanguard tatsächlich wieder im Zweiten Weltkrieg spielen, dann bin ich sehr gespannt, wie Activision das als »Frisch« und »Spannend« verkaufen will.

Battlefield 2042 hat die gleiche Herausforderung. »Battlefield 2042! Das Spiel, das zwei Jahre zu spät wieder zum Szenario von Battlefield 4 zurückkehrt.« Klar, riesige Maps, 128-Spieler-Matches, das sind beeindruckende Rahmendaten. Aber irgendwie muss man beim Hotdog ja auch die Wurst schmackhaft bewerben, nicht nur das Brötchen. Also die Wurst ist hier die Gameplay-Identität und ... okay, ich lasse die doofen Metaphern.

Was ich sagen will: Battlefield 2042 schreit von den Dächern, dass es euch wieder diese einzigartigen Battlefield-Momente liefern will, für die ihr die Serie so liebt. Prinzipiell ist das auch genau die richtige Richtung. Und wie könnte man das Chaos der Schlacht besser auf den Punkt bringen als mit einem Tornado?! Mitten im Match wird ein Wirbelsturm über die Map fegen, eure Sicht einschränken, Freund wie Feind aus den Stiefeln reißen. Klingt gut? Überhaupt nicht.

Streicht diesen blöden Tornado

Jüngst gab es erst wieder mutmaßliche Leaks darüber, wie schlecht das Tornado-Feature in der Praxis funktioniert. Tom Henderson, der trotz einiger Falschaussagen insgesamt als recht verlässlich gilt, berichtet von internem Entwickler-Feedback:

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Diese Resonanz sieht man häufig bei solchen Gimmick-Features, also vermeintlich großen Neuerungen, die man gut auf die Packung schreiben kann. Call of Duty: Modern Warfare hatte damals »mehr Realismus« mit seiner um »Authentizität« bemühten Kampagne und neuen Multiplayer-Features. Ihr konntet Knarren taktisch auf Mäuerchen auflegen, Türen nach Wunsch bloß einen Spaltbreit öffnen - und am Ende war all das nur Augenwischerei, die kaum wer (außer meine Kollegin Steffi) wirklich genutzt hat.

Ich mochte diese Features übrigens. Aber man merkt eben, wie wichtig gerade im Shooter-Segment konkrete Neuerungen sind, die sich aus Marketingsicht klar umreißen lassen. Noch schlimmer der berüchtigte Reveal-Trailer von Battlefield 5, der DICEs neue Vision des Zweiten Weltkriegs als möglichst sexy, hip und aufs Fortnite-Publikum maßgeschneidert verkaufen wollte. Die Aktion war ein ziemlicher Rohrkrepierer.

Battlefield 2042 ist das genaue Gegenteil des damaligen Trailers für Teil fünf. Der Reveal-Trailer will den Fans fast schon aufdringlich oft verklickern: Wir wissen genau, worauf die Battlefield-Community steht. Im Flug mit Bazooka aus dem Jet springen und dann wieder ins Cockpit steigen? Easy. Levolution-Zerstörung? Klar, jetzt sogar mit Tornados. Aber was DICE auf keinen Fall vergessen darf: Diese genialen Battlefield-Momente standen nie im Konflikt mit einem guten Multiplayer-Shooter - und genau das befürchte ich bei Battlefield 2042.

Battlefield 2042: Trailer-Premiere enthüllt den neuen Multiplayer-Shooter Video starten 4:59 Battlefield 2042: Trailer-Premiere enthüllt den neuen Multiplayer-Shooter

Gut ist nicht immer sexy

Was Battlefield 2042 in allererster Linie braucht, ist so trocken und dröge, dass es auf kein Werbeplakat passt: reibungsloses Shooter-Gameplay. Kein Battlefield der Vergangenheit scheiterte daran, dass es zu wenige fancy Gimmicks gab. Man denke nur an die gigantischen Zeppeline aus Battlefield 1. Die Serie stolpert seit Jahren über genau die Kerntugenden, die jeder gute Shooter braucht: Team- und Waffenbalance, Map- und Gameplay-Vielfalt, spielerische Tiefe.

So blöd es jetzt klingt: Battlefield 2042 muss in erster Linie ein guter Multiplayer-Shooter werden, von dem Fans einfach nicht die Finger lassen können. Da herrscht in meinem Freundes-, Bekannten- und Kollegenkreis ein komplett einheitlicher Tenor. Wir wollen einfach nur fesselndes Modern-Military-Gameplay. Ohne unnötige Schnörkel, ohne Pay2Win-Krempel, ohne Balancing-Fuckups. Aus einer guten Schlachtfeld-Sandbox entstehen diese »Battlefield-Momente« ganz von alleine.

Battlefield 2042 bewirbt sich stark über Community-Momente, die jeder kennt. Battlefield 2042 bewirbt sich stark über Community-Momente, die jeder kennt.

Wenn ich aber mit meinen Kumpels einen Kontrollpunkt erobern will, wir uns eine famose Taktik überlegen und dann doch wieder und wieder von einem Tornado aus dem Bild geblasen werden - ich sehe jetzt schon, wie sehr mich das aufregen wird. Battlefield-Momente sind doch gerade meine ganz persönlichen Erinnerungen. Als ich mit zwei Freunden eine Häuserruine gegen Horden von Gegnern gehalten habe und der Feind so viele Leute anrücken lassen musste, dass der Vorstoß komplett ins Stocken geriet - das macht Battlefield für mich einzigartig.

Ein Tornado, der über die Map fegt, ist das genaue Gegenteil solcher Battlefield-Momente. Er ist ein Gleichmacher, der die Balance, Teampositionen und Taktiken buchstäblich durcheinanderwirbelt. Das mag beim ersten Mal für Staunen sorgen, aber mir will einfach nicht einleuchten, wie das die Spielerfahrung langfristig bereichern soll.

Der Autor: Dimi hat als Kind liebend gerne die Hand aus dem Autofenster gehalten, um den Wind auf der Haut zu spüren - ein echtes Faible für Tornados ist daraus aber nie entstanden. Shooter begeistern ihn hingegen schon seit Duke Nukem 3D. Und Battlefield 2042 ist das Spiel, auf der er sich 2021 am meisten freut. Endlich wieder Battlefield, endlich wieder eine frische Multiplayer-Erfahrung für ihn und seine Freunde. Und DICE scheint diesmal genau den richtigen Kurs zu setzen, wäre da nicht dieser Gimmick-Quatsch.

Marketing: Ja, aber ...

Aktuell spiele ich Insurgency: Sandstorm und denke mir jedes Mal aufs Neue: Mehr braucht es doch gar nicht. Ein bodenständiger Shooter mit griffigem Gunplay - ab geht's. Aber die Spielerzahlen sprechen eine andere Sprache. Insurgency kratzt von unten an einem Playercount von 3.000 - für ein Battlefield wäre das ein Desaster. Ich sehe schon, warum Mainstream-Shooter ein megalomanes Marketing brauchen. Und wieso ein »Wir machen Battlefield - aber diesmal mit gutem Balancing« nicht reicht.

Deshalb wäre mein Appell an DICE auch nur der: Überspannt den Bogen nicht. Lasst die Werbeversprechen nicht zum Zwang werden, der letztlich dem eigentlichen Gameplay schadet. Bändigt den Tornado - und falls er sich als Luftnummer entpuppt (hehe), dann setzt ihn lieber vor die Tür.

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