Säße ich im Rat für deutsche Rechtschreibung, hätte ich längst das Wort »Frepsis« durchgesetzt für diese Mischung aus Freude und Skepsis. Ihr wisst schon: Wenn man eine gute Nachricht hört und gleichzeitig daran zweifelt, ob sie wirklich gut ist. Zum Beispiel, wenn man euch sagt, dass ein neues Command & Conquer kommt (Hurra!) von Electronic Arts (Oh.).
Ein solch freptischer Moment war für mich auch die Ankündigung von Vampire: The Masquerade - Bloodlines 2, die - ich bleibe dabei - beste Rollenspiel-Nachricht des Jahres 2019. Denn ein neues Bloodlines, ein Erbe für diese einzigartige Mischung aus düsterer Stimmung, schwarzem Humor, sprechenden Stoppschildern und (bis auf die letzten 30 Minuten) facettenreichem Leveldesign - dafür hatte ich seit 2004 wöchentlich eine Kerze in meiner Gruft angezündet. Äh, in meinem Haus. Ich bin ja kein Vampir, was auch niemand von euch behaupten sollte.
Viele von euch teilten diese Freude, wenn ich die Kommentare unter meiner damaligen Titelgeschichte richtig deute. Gleichzeitig flüsterte in meinem Kopf diese zweite Stimme: Das klingt zwar wie eine gute Nachricht, Micha, aber ist sie es denn wirklich? Meine Güte, so muss es sich anfühlen, ein Malkavianer zu sein!
Aber die Stimme hatte einen Punkt, beziehungsweise deren drei, denn...
- ... das Entwicklerstudio Hardsuit Labs hatte zuvor zwar den soliden Free2Play-Shooter Blacklight Retribution veröffentlicht, jedoch kein Singleplayer-Rollenspiel. Aber hey, mit Brian Mitsoda war der Story-Vordenker des ersten Bloodlines an Bord, der Bloodlines 2 gemeinsam mit Creative Director Martin Ka'ai Cluney als Herzensprojekt an Land gezogen hat.
- ... hat Paradox Interactive keine wirklich lupenreine Bilanz als Publisher vorzuweisen. So sehr ich die Schweden für ihre Strategiespiele schätze (seit Update 2.0 sogar wieder mehr für Imperator: Rome), hatten sie bei der Finanzierung von Fremdspielen nicht immer ein glückliches Händchen. Die Kurzfassung: Für jedes Magicka gab's im Paradox-Portfolio eben auch ein Magicka 2. Aber hey, bei Bloodlines 2 werden sie schon aufpassen.
- ... sah die Demo von Bloodlines 2, die Paradox mir vor nun fast zwei Jahren vorgespielt hat, zwar angemessen düster aus, an einigen Stellen aber auch holprig, etwa beim Nahkampfsystem, das für ein Vampirspiel ja nicht ganz unwichtig ist. Aber hey, das Spiel sollte ja erst 2020 erscheinen, da ist noch genügend Zeit zum Fertigentwickeln.
Okay, Letzteres hatte sich bereits angedeutet, als Paradox-Geschäftsführerin Ebba Ljungerud zuletzt nicht versprechen wollte, dass Bloodlines 2 noch im ersten Halbjahr 2021 erscheint. Der Sprung vom zweiten Halbjahr auf 2022 (oder sogar noch später) ist dann nicht mehr so groß. Außerdem hatte man mit dem Ex-Ubisoftler Alexandre Mandryka einen externen Berater angeheuert, was selten ein gutes Zeichen für ein Projekt ist.
Das ist allerdings noch kein Grund zum Verzweifeln, ich sage sogar: Lieber ein Schrecken ohne Ende als ein Ende mit Schrecken.
Denn auch Paradox weiß, dass Bloodlines 2 nicht scheitern darf.
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Der Autor
Michael Graf hat Vampire: The Masquerade - Bloodlines seinerzeit für GameStar getestet und sich sofort in die sargdeckeldichte Atmosphäre verliebt. Momentan schaut er zudem die Vampirserie »What We Do in the Shadows«, ist also voll drin im Blutsaugerthema. Und im Thema Paradox sowieso, auf den vorigen PDXCons hat er nicht nur mit den Geschäftsführern (erst Frederik Wester, dann Ebba Ljungerud) gesprochen, sondern auch mit Shams Jorjani, der sich beim schwedischen Publisher um die Geschäftsentwicklung kümmert und offen über die Herausforderungen der Firma spricht:
PLUS
31:25
Epic Store, Mobile-Games und Spiele-Abos: So rüstet sich Paradox für die Zukunft
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