Unser Leben im Fantasy-Tavernen-Simulator Crossroads Inn beginnt vergleichsweise beschaulich. Nämlich als Handlanger in der Wirtschaft unseres Onkels Martyn. In dessen Taverne steht bald eine große Hochzeit an, wir helfen bei den Vorbereitungen.
Doch kaum haben wir die ersten Handschläge getan (und uns mit der Steuerung des Spiels vertraut gemacht), übergibt uns Martyn das Geschäft, da er gerne etwas kürzertreten möchte. Sofort stecken wir in einer Versorgungskrise: Der schurkische Adelige von nebenan hat das Weinverkaufsmonopol gepachtet und verlangt exorbitante Preise. Da hilft nur Schmuggelware.
Kochen im Konflikt
Dank der Lage unserer Taverne sitzen wir nicht nur an einer Wegkreuzung, an der die Grenzen dreier Reiche aufeinanderstoßen, sondern genau im Zentrum eines beginnenden Konflikts zwischen eben diesen Mächten. Wir versorgen in unserem zunächst recht bescheidenen Laden Reisende gegen Entgelt mit Getränken, Speisen, Unterkunft und Unterhaltung.
Damit das Inn richtig läuft, brauchen wir neben Vorräten und den passenden Räumlichkeiten auch einiges an Personal: Dienerinnen versorgen die Gäste mit Nachschub und reinigen die Gästezimmer, Handlanger tragen Vorräte ins Lager und hacken Feuerholz, Köche bereiten leckere Speisen und so weiter. Da jeder potenzielle Mitarbeiter bis zu vier - mal mehr, mal weniger nützliche - Eigenschaften mitbringt, sollten wir genau abwägen, wen wir einstellen. Alkoholiker, Angsthasen oder Dummköpfe machen uns die Arbeit schließlich nicht leichter.
Wer nichts wird, wird Wirt?
Der Job als Wirt ist in Crossroads Inn so abwechslungsreich wie anspruchsvoll: Um immer möglichst billig einzukaufen, vergleichen wir die Preise der verschiedenen Händler, achten auf eine ordentlich geschrubbte Taverne und ausreichend Geschirr, Vorräte und Sitzplätze.
Erlangen wir dank zufriedener Gäste neue Tavernen-Ruhmpunkte, schalten wir mit diesen beispielsweise den kostensparenden Feldanbau von Zutaten, geduldigere Gäste oder größere Erträge beim Verkauf frei. Besonderen Persönlichkeiten wie reisenden Barden, Abenteurern oder Kurtisanen (im Spiel Vedeta genannt) offerieren wir ein schickes Gemach, damit sie uns und unseren Gästen ihre Dienste zur Verfügung stellen.
Die gut geschriebene Kampagne bietet uns zwölf mögliche Enden und konfrontiert unseren Anfängerwirt auch mit der Politik der mächtigsten Reiche. Arbeiten wir zunächst noch Martyns Aufträge ab, schneien schon bald bedeutende Persönlichkeiten in unsere Taverne herein. Die machen uns verlockende Angebote.
Die kommende Handlung gestaltet sich danach, für welche Antworten wir uns entscheiden: Sollen wir lieber mit der ehemaligen Geliebten des verstorbenen Königs klüngeln, der kriegswütigen Armeekommandantin helfen oder eine geldgierige Kultgemeinschaft unterstützen? Jede Entscheidung fragt die Werte unseres Wirts in den Fähigkeiten Oratorium, Weisheit, Täuschung, Drohung und Leidenschaft ab.
Je höher der Wert, desto wahrscheinlicher ist eine positive Reaktion unseres Gegenübers. Verprellen wir unsere Gesprächspartner, kann das ordentlich ins Geld gehen oder uns neue, mächtige Feinde einhandeln. Und natürlich können wir nicht mit allen gleichzeitig befreundet sein, das weckt immerhin die Neugier auf einen neuen Durchgang.
Geschwätz ist Gold wert
Unsere möglichen Gäste stammen generell aus fünf Gruppierungen mit sehr unterschiedlichen Ansprüchen: Während sich die einfachen Leute noch mit einem Becher Bier und Lauchsuppe zufrieden geben, locken wir gut betuchte Adelige nur mit echten Gaumenkitzlern in unsere Taverne.
Wer zu viele Blümchen im Schankraum aufstellt, verprellt die Gesetzlosen, die düstere Einrichtung wie Ketten oder Tierschädel bevorzugen. Je nachdem, was wir anbieten und wie wir dekorieren, können wir also recht gut steuern, wer unsere Taverne besucht.
Aber: Neue Rezepte für Speisen sowie Dekorationen und seltenere Waren erlangen wir nur in anderen Städten. Also tauschen wir gesammelte, politische Gerüchte bei der entsprechenden Stadt gegen mehr Einfluss, bis unsere Köche und Handwerker die gewünschten Rezepte lernen dürfen. Mit Handelsgerüchten drücken wir Einkaufspreise, das Geschwätz von Reisenden hilft, um zunächst verdeckte Gefahren von Abenteurer-Quests zu sehen.
Damit fällt uns die Entscheidung leichter, ob wir unseren Abenteurer überhaupt losschicken wollen oder gleich eine andere Aufgabe aussuchen. Gut, wenn wir Personal an der Hand haben, das dank des Merkmals »Tratsche« besonders viele Gerüchte während der Arbeit mitbekommt!
Tolle Welt, schwierige Umsetzung
Zu den Basics: Die Simulation mit Rollenspiel-Elementen vom polnischen Indie-Entwickler Kraken Unleashed wurde über Kickstarter finanziert und in solides Deutsch übersetzt. Neben der Kampagne können wir uns als Wirt im Endlosspiel mit vier Schwierigkeitsgraden erproben. Die Entwickler setzen die Kneipe mit unaufgeregter, zweckmäßiger Optik in Szene, deren schicke Details aber nur bei einem starken Zoom wirklich zur Geltung kommen.
Die grandiose Hintergrundmusik und individuelle Stücken der reisenden Barden vermitteln richtig viel Stimmung. Hier hat der schon von The Witcher 3: Wild Hunt bekannte Marcin Przyby?owicz mit seinem Komponistenteam ganze Arbeit geleistet. Die schick illustrierten und abwechslungsreich geschriebenen Handelnden der Kampagne runden die Immersion der Fantasy-Welt passend ab.
Wären da nicht die allgegenwärtigen Bugs und die umständliche Bedienung, könnte Crossroads Inn ein echtes Kleinod sein. Trotz Tutorials müssen wir viele grundlegende Mechaniken durch Ausprobieren herausfinden, das Baumenü ist umständlich und wenig intuitiv.
Für den WiSim-Anteil des Spiels dringend nötige Statistiken oder Personalinfos müssen wir uns in zig Untermenüs mühsam zusammensuchen. Nicht einmal die erlernten Rezepte oder Dekorationen können wir danach sortieren, welche Gästegruppe sie besonders schätzt. Kurz: Spätestens mit einem größeren Mitarbeiterstab und einer vollen Speisekarte geht die Übersicht unweigerlich flöten.
Hinweise auf Probleme im Inn bleiben oberflächlich. Bei der Meldung, dass sich Gäste über zu viel Dreck in der Taverne beschweren, müssen wir meistens den schmutzigen Boden schrubben lassen. Ist der aber blitzsauber, muss man erst einmal darauf kommen, dass mit der Meldung auch die Berge benutzten Geschirrs auf den Tischen im Gastraum gemeint sind!
Ja, wo laufen sie denn?
Gelegentliche Spielabstürze lassen sich dank Autosave-Funktion noch verschmerzen, die größten Probleme entstehen jedoch durch die vermurkste Wegfindung und die schwierige Arbeitspriorisierung. Putzen ist bei unseren Leuten total unbeliebt und wird trotz Priorität gern ignoriert. Dass die Gäste bei schmutziger Umgebung ratzfatz negative Zufriedenheitswerte haben, hemmt unsere Tavernenentwicklung in den ersten Spielstunden enorm.
Angestellte stehen sich viel zu oft gegenseitig im Weg oder kleben auch nach mehreren Patches auf Treppen oder neben Einrichtungsgegenständen fest. Wenn die Hälfte unserer Angestellten auf der Treppe steht, während durstige Reisende im Schankraum nach dem Service brüllen, sackt der Gäste-Zufriedenheitswert zusätzlich in den Keller. Und da der Pool für neues Personal mit brauchbaren Eigenschaften nicht allzu groß ist, können wir nicht andauernd verbuggte Angestellte feuern.
Durchs Personal nutzbare Deko müssen wir zur Bugvermeidung fast immer mit Abstand zu den Wänden aufstellen, was uns zum Bau großer Räume mit viel freiem Platz zwingt. Das verlängert die Laufwege unnötig, daneben sind Raumerweiterungen ziemlich teuer und mehr Bauland können wir auch erst im weiteren Spielverlauf freischalten. Crossroads Inn ist einfach noch nicht fertig und verlangt im momentanen Zustand sehr, sehr viel Geduld. Mehr, als man mit angeschickerten Kneipengästen haben muss.
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