Im Jahr 1886 sind die beruflichen Perspektiven für Expeditionsleiter echt bescheiden: Alle Kontinente sind weitgehend kartiert, weiße Flecken gibt's eigentlich nur noch in Afrika, Südamerika und versteckten Gebirgstälern in Oberbayern. Da kommt uns eine geheimnisvolle, vernebelte Inselgruppe im Atlantik gerade recht!
Im Rundenstrategiespiel Curious Expedition 2 erkunden wir im Auftrag eines Forscherclubs mit einem kleinen Trupp möglichst viele dieser mysteriösen Inseln hintereinander. Ziel ist dabei nicht nur das reine Erkunden, obendrein müssen wir Aufgaben erfüllen.
Wir sollen zum Beispiel eine goldene Pyramide ausfindig machen, einen Missionar befreien oder Vermessungspunkte abklappern. Dazu marschieren wir über prozedural generierte 2D-Hexfeldkarten, die zu Expeditionsbeginn noch vernebelt sind. Und schon tapsen wir in die »Nur noch ein paar Meter«-Falle: Verdammt, das Spiel macht süchtig!
Denn wie im Vorgänger The Curious Expedition von 2016 kann hinter dem nächsten Hügel ein rettendes Dorf liegen, ein erfrischender Wasserfall, die gesuchte Pyramide. Oder ein Moskitoschwarm, ein überdimensioniertes Krokodil oder der nackte Wahnsinn. Das mit dem Wahnsinn meinen wir wortwörtlich: Je weiter wir durch eine Inselwelt marschieren, desto stärker sinkt unsere geistige Gesundheit. Und wenn die unter Null purzelt, hagelt's Risiken und Nebenwirkungen.
Da erwischen wir unseren Koch mit frischem Fleisch, gleichzeitig ist unsere Krankenschwester verschwunden… ob da ein Zusammenhang besteht? Jupp, tut er. Ein andermal will die durchgedrehte Truppe unseren treuen Jagdhund verspeisen.
Wir lehnen entrüstet ab, die Moral sinkt, unser Übersetzer kündigt fristlos. Hätten wir uns bloß anders entschieden! Denn ein paar Tage später kassiert unser Hund eine Wunde, die sich infiziert, und kurz vor dem Missionsziel zieht er doch noch in die ewigen Jagdgründe - hätten wir ihn doch verputzt! So dramatische, oft harte Momente erlebt ihr in Curious Expedition 2 im Minutentakt!
Weniger Glück, mehr Taktik
Eine Partie ist in mehrere Akte aufgeteilt, in denen ihr immer mehr und immer komplexere Inselmissionen erledigen müsst. Im ersten Akt sind's schlappe drei Einsätze, im zweiten schon vier. Außerdem kommen neue Elemente dazu, etwa Höhlenwelten oder eine Konkurrentin, die Eingeborene gehen euch aufhetzt.
Apropos Konkurrenz: Anders als im Vorgänger, wo die rivalisierenden Forscher nur indirekt mitmischten (»X hat bereits zwei Artefakte gesammelt!«), marschieren Wettbewerbertrupps nun auch mal sichtbar auf der Karte herum, und wir können sie zum Beispiel bestechen oder bekämpfen. Das ist deutlich spannender!
Auch das rundenweise Würfelkampfsystem (beide Parteien kämpfen abwechselnd) ist taktisch-knobeliger als vorher. Unsere Hauptfigur und die bis zu fünf Begleiter bringen rote, grüne und blaue Würfel mit ins Gefecht, mit denen wir Angriffe ausführen, Boni und Mali verteilen, Schilde hochfahren oder Verwundete heilen. Wenn wir gleichfarbige Würfel geschickt kombinieren, verstärken wir die Effekte. Damit können wir einen miesen Wurf zwar nicht drehen, aber den Glücksfaktor immerhin kleiner klopfen.
Curious Expedition 2 - Screenshots ansehen
Items wie Fackeln oder Dynamit helfen ebenfalls im Kampf, sind auf der Inselkarte aber vielleicht wertvoller als im Gefecht, wie wir schmerzhaft erlebt haben: Bei einem Inseltrip schmeißen wir unser letztes Dynamit auf eine Horde Hyänen - nur um ein paar Tage später vor einem dringend gesuchten Eingeborenendorf zu stehen, das dummerweise hinter einer unüberwindbaren Gebirgskette liegt. Da hätten wir jetzt einfach eine Bresche sprengen können. Also entweder einen Riesenumweg außen rum machen oder risikoreich zurück zum Händler marschieren. Der hatte doch Dynamit, oder? Spoiler: Nein, hatte er nicht.
Shoppen in Paris
Nach jedem Trip geht's zurück nach Paris, das quasi als Quest-Hub dient. Hier kassieren wir Ruhm-Tickets für unsere erfüllten Aufgaben, geborgenen Schätze und unbenutztes Equipment. Mit den Ruhmpunkten gehen wir beim Expeditionsausstatter shoppen, rekrutieren Begleiter oder verbessern in den drei Forscherclubs unsere Ausrüstung. Je nach Ansehen winken hier starke Waffen, etwa ein Elektrostab, der uns beim Einsatz allerdings auch einen Schlag verpasst. Oder praktische Campingausrüstung wie eine Teekanne, die das morgendliche Aus-dem-Schlafsack-Quälen erleichtert, also täglich Bewegungskosten senkt.
Auch bei diesem Stadtbummel ist Tüfteln angesagt, vor allem beim Rekrutieren frischer Begleiter. Tipp: Lest unbedingt das Kleingedruckte! Ein britischer Soldat mag im Gefecht super sein - aber wenn er Höhenangst hat, hält er auf einer hügeligen Insel vielleicht nicht bis zum ersten Kampfeinsatz durch. Zum Glück gibt's Items wie die Therapie-Elektroden, mit denen wir unglückliche, ängstliche oder stinksaure Begleiter kurzzeitig wieder auf Spur bringen. Was man halt so macht, um im Team gute Laune zu verbreiten!
Curious Expedition 2 ist zwar ein Roguelike, ihr könnt euren Bildschirmtod aber über die Schwierigkeitsgrade entschärfen: Auf leicht wird's zum Rogue-Lite, denn ihr werdet lediglich an den Anfang der gescheiterten Expedition zurückgeworfen.
Auf mittel geht's zurück an den Start des Aktes. Nur auf schwer ist für euren Charakter beim Ableben komplett Sense und die Kampagne gilt als gescheitert. Zu Spielbeginn stehen zwei Charaktere parat, entweder der Großwildjäger mit Kampfvorteilen oder ein Anthropologe mit Boni bei Eingeborenen.
Im Spielverlauf schaltet ihr sechs weitere Helden frei, zum Beispiel den Kartographen - dann kassiert ihr mehr Ruhm, wenn ihr Eilande ausgiebig erkundet. Durch die prozedural gebauten Inseln, die vielen Kombos aus Charakteren und Begleitern sowie zig Charakterboni spielt sich jede Kampagne anders. Klar, manche Dialoge und Abläufe wiederholen sich, sodass man eine Wasserfallrast oder Dorfgespräche schnell durchklickt (allein schon, um den klobigen Animationen zu entkommen), aber die Trips selbst sind jedes Mal herausfordernd. Und schon wird aus dem »eben mal eine Viertelstunde erkunden« eine abendfüllende Forschungsreise.
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