Mit dem Pferd von Diablo 4 hat mich Blizzard auf ganzer Linie enttäuscht

Meinung: Um das Pferd in Diablo 4 freizuschalten, bedarf es einer unnötig langen Wartezeit. Weder atmosphärisch noch spielmechanisch ergibt das irgendeinen Sinn.

Die Open World von Diablo 4 hat ein Pferdeproblem. Peter Bathge (... links?) erklärt in seiner Kolumne, was ihn an Blizzards Umgang mit den Rössern stört. Die Open World von Diablo 4 hat ein Pferdeproblem. Peter Bathge (... links?) erklärt in seiner Kolumne, was ihn an Blizzards Umgang mit den Rössern stört.

Pferde in Open-World-Spielen sorgen irgendwie immer für Ärger: In The Witcher 3 stand Plötze lieber auf dem Dach als im Stall und auch bei Diablo 4 ist der Klepper ein Problemfall. Aber nicht so sehr, weil das Hottehü ab und zu mal an einer Ecke hängen bleibt oder sonstwie rumglitcht. Sondern weil es für einen großen Teil der Spielzeit einfach nicht zur Verfügung steht.

In ihrer unendlichen Weisheit haben die Entwickler bei Blizzard Entertainment entschieden, das Pferd in Diablo 4 erst ab Akt 4 von 6 freizuschalten. Ich bin kein Spieldesigner, aber mit Verlaub: Was für eine absolut bescheuerte Idee war das denn bitte schön?

Lasst mich euch auf eine kurze Reise in die Open World von Sanktuario mitnehmen (zu Fuß natürlich!), während der ich euch meine Meinung zum Pferde-Desaster von Diablo 4 erkläre. Es dauert auch nur etwa zwei Minuten, versprochen! Wer ich bin, das lest ihr hier:

Peter Bathge
Peter Bathge

Als Kolumnist und Report-Experte liebt Peter es, freien Autoren und Autorinnen Ideen einzuflüstern und Überschriften zu brainstormen. Wenn er weder spielt noch schreibt, schaut er am liebsten Filme oder liest ein gutes Buch aus den Bereichen Fantasy und Science-Fiction. Zuletzt hat er für den Test von Diablo 4 wochenlang gelitten.

Die Distanzen sind zu lang

Die Open World von Diablo 4 ist riesig. Es gibt über ein Dutzend Regionen vollgestopft mit Dungeons, Nebenquests, Statuen und natürlich Monstern. Hauptstory und optionale Aufgaben erfordern es, dass ihr manche Wege mehr als einmal geht - und zwar hauptsächlich zu Fuß.

Zwar gibt es Wegpunkte und das verlässliche Stadtportal, doch gerade während der Level-Phase habe ich mir ein ums andere Mal ein noch engmaschigeres Netz aus Schnellreise-Möglichkeiten gewünscht. Dass die Karte bei einem erneuten Durchgang mit einem weiteren Charakter wieder komplett verdeckt ist, macht die Sache nicht einfacher und ist zu Recht ein Kritikpunkt bei Spielern von Diablo 4.

Besonders mit der Erstfigur ziehen sich die ersten drei Akte also ganz schön, bevor ich das Pferd freischalte (bei weiteren Durchläufen wird es automatisch aktiviert) - erst recht, wenn ich dabei zu viele Nebenaktivitäten ausübe und Diablo 4 somit falsch spiele.

Gerade weil das Gameplay so stark auf Effizienz ausgerichtet ist (Monster tot klicken, Loot aufsammeln, Skills upgraden und weiter), fühlt es sich falsch an, zu viel Zeit in der Open World mit ewigen Wanderungen zu verschwenden. Zumal durch den ständige Monster-Respawn eh keine Chance besteht, eine Region durch langsames Erkunden jedes Map-Zipfels komplett von Gegnern zu räumen.

Wer in Diablo 4 zu Fuß läuft, zieht bald einen Rattenschwanz an Gegnern hinter sich her. Wer in Diablo 4 zu Fuß läuft, zieht bald einen Rattenschwanz an Gegnern hinter sich her.

Das Pferd kommt zu spät

Je nach Spielweise haben Unglückliche zu Beginn von Akt 4 zwischen 10 und 30 Spielstunden zu Fuß verbracht. Und erst dann erbarmt sich Donan endlich dazu, einem ein Pferd zu schenken!

Das ist besonders bizarr, weil Diablo 4 mit dieser langen Wartezeit einen Bruch seiner kompletten (sonst sehr guten) Atmospähre in Kauf nimmt. Denn der Pferdehändler steht ja von Anfang an in Kyovoshad rum!

Es ist für mich extrem ablenkend, dass ich beim Spielen ständig:

  • Nichtspielercharaktere mit Pferd sehe
  • anderen Spielern auf ihrem Gaul begegne
  • ich am Stall sogar mit dem Pferdehändler sprechen kann

Aber all das nützt nichts, weil mir dann im aufploppenden Pferde-Kaufmenü gesagt wird, dass ich auf Donans Nebenquest warten muss. Es gibt derweil keine In-Lore-Erklärung dafür, warum sich mein Charakter nicht von Anfang in den Sattel schwingt. Gold habe ich schon nach wenigen Stunden in Hülle und Fülle, das wäre also auch kein Problem.

Nein, es ist dagegen überdeutlich, dass Blizzard mir bis zu einem bestimmten Punkt das Pferd einfach aus reiner Willkür vorenthält. Da frage ich mich doch: Warum? Und ich ahne die Antwort: Weil die Entwickler wollen, dass man sich zu Anfang auf die Open World einlässt, sie ein bisschen genauer erkundet, bei Events mitmacht, weil »die halt gerade auf dem Weg liegen«, statt schnell vorbeizureiten.

Zu Fuß ist man spontaner und offener für Events in der Open World. Zu Fuß ist man spontaner und offener für Events in der Open World.

Diesen Wunsch verstehe ich. Was ich nicht verstehe, ist die äußerst ungeschickte, immersionsbrechende Art, wie einem das Pferd im Spiel so lange Zeit verweigert wird. Das hat nämlich etwas von der berüchtigten Bioware-Methode, DLC in Dragon Age: Origins anzupreisen.

Damals erzählte ein NPC im Hauptspiel von einer aufregenden Quest, doch wenn die Spieler damit loslegen wollten, hieß es: »Ihr müsst erst den DLC im Shop kaufen!« Die Sache mit dem »Ätsch-bätsch, kein Pferd für dich!« in Diablo 4 stößt mir fast genauso übel auf, auch wenn's hier allenfalls Pferderüstungen gegen Echtgeld zu erwerben gibt. Zu saftigen Preisen, wie Maurice euch im Video erzählt:

Ein Shop wie in Diablo 4 sollte NICHT normal sein, verdammt! Video starten 23:56 Ein Shop wie in Diablo 4 sollte NICHT normal sein, verdammt!

Anderswo geht's besser

Dass Open Worlds auch mit Pferd von Stunde 1 an funktionieren, zeigen genügend andere Spiele. Waren Red Dead Redemption 2, Assassin's Creed Odyssey oder The Legend of Zelda: Tears of the Kingdom etwa schlechtere Spiele, weil man in ihnen direkt reiten durfte? Rhetorische Frage. Zumal Diablo 4 ja groß genug ist; es besteht kaum die Gefahr, dass ihr im Sattel regelrecht von einer Ecke der Map zur anderen fliegt.

In Dungeons, beim Ausräuchern der Strongholds oder im Kampf kann ich das Pferd doch ohnehin nicht verwenden - das sind ja schon 90 Prozent meiner Zeit mit Diablo 4! Aus diesem Blickwinkel wirkt es noch bizarrer, dass mein Held anfangs der einzige Mensch weit und breit ist, der keinen Zugriff auf ein Pferd hat - und ich als Spieler weniger Komfort als ich mir gewünscht hätte.

Besonders demotivierend: Sobald ich ein Ross zwischen den Schenkeln habe und mich für eine Quest mit einem NPC in die Wildnis wage, zaubert diese Computerfigur selbst in Sekundenbruchteilen ein eigenes Pferd hervor. Als wäre es nichts. Als würde mich Blizzard auslachen.

zu den Kommentaren (101)

Kommentare(87)
Kommentar-Regeln von GameStar
Bitte lies unsere Kommentar-Regeln, bevor Du einen Kommentar verfasst.

Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.