Seite 2: Diablo Immortal für PC: Was unsere Redaktions-Experten jetzt von Blizzard erwarten

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»Ein potenzieller Abgrund«

Michael Graf: Nachdem ich vor knapp einem Jahr die Alpha von Diablo Immortal gespielt habe, war ich optimistisch. Ach, dachte ich, das kann ein durchaus gutes Mobile-Diablo werden. Reduziert in Sachen Item-Eigenschaften und - wie es bei Free2Play-Spielen leider üblich ist - unselig überfrachtet mit sich überlappenden Belohnungssystemen, aber für die muntere Monsterjagd in der S-Bahn absolut ausreichend.

Zugleich schrieb ich in einer Kolumne, Diablo Immortal dürfe nicht die Blaupause für Diablo 4 werden. Denn die auf schnell erfassbare Mobile-Verhältnisse eingedampfte Item-Komplexität (Wer will sich schon zwischen zwei Bushaltstellen in seitenweise Charakterwerte einlesen?) sägt am Kern dessen, was für mich ein »richtiges« Diablo ausmacht: die Beute, die Gegenstände, die ewige Jagd nach besseren Werten und Eigenschaften. Doch gerade die ersetzte die Immortal-Alpha ein Stück weit durch ihre stumpfen Belohnungsmechanismen. Drei Tage am Stück eingeloggt? Hier sind ein paar Münzen! 20 Monster desselben Typs geplättet? Schau, ein Balken hat sich gefüllt!

Am Smartphone akzeptiere ich das ja gerade noch. Am PC ist es aber ein potenzieller Abgrund. Ein Abgrund insbesondere für Diablo 4, falls Blizzard merkt, dass diese Rechnung aufgeht: Wer braucht vielfältige Item-Eigenschaften, wenn es mehrere sich füllende Balken gibt? Nun, ich! Ich brauche das! Am PC will ich über meiner Ausrüstung, meiner Build brüten, nicht geistlos vor mich hin schnetzeln, um ein paar Zuckerwürfel nachgeworfen zu bekommen. Bei unserem letzten Gespräch mit dem Diablo-4-Team klang es so, als seien sie hier auf einem guten Weg, aber wer weiß das schon in diesen Tagen, in denen Blizzard so vieles umkrempelt, wie wir im Podcast besprechen?

Link zum Podcast-Inhalt

Letzteres weckt aber auch Hoffnung: Blizzard hat seit der Alpha, seit knapp einem Jahr weiter an Diablo Immortal gearbeitet. Vielleicht haben sie die Zeit genutzt, um die Belohnungsbalken ab- und die Item-Vielfalt dafür auszubauen - immerhin bei den Sets will man mehr Build-Vielfalt ermöglichen. Oder man setzt wenigstens auf eine konsequente Zwei-Wege-Strategie: Diablo Immortal darf als »Casual-Diablo« die weniger tüftelfreudige Kundschaft abschöpfen, während Diablo 4 mehr in die Tiefe geht. Auch das wäre okay. Solange niemand auf die Idee kommt, NFT-Helme einzubauen, aber wir wollen ja nicht gleich den Baal an die Wand malen.

Wir haben Diablo Immortal gespielt... und hatten richtig Spaß?! - Unsere Eindrücke aus der Alpha Video starten 26:15 Wir haben Diablo Immortal gespielt... und hatten richtig Spaß?! - Unsere Eindrücke aus der Alpha

»In Diablo muss es um alles gehen«

André Baumgartner: Es gibt Motive, die begleiten uns Menschen schon seit Jahrtausenden und das trifft in besonderem Maße auf unser Bild von Himmel, Hölle und Dämonen zu. Hier im Westen ist diese Mythenwelt vor allem christlich geprägt und während man sich der Kirche leicht verweigern kann, so sind diese Vorstellungsmuster doch tief in uns verankert.

Spätestens mit Diablo 2 gelang Blizzard das Kunststück, diese uralten martialischen Motive fast komplett von Religion zu trennen, ohne die Tragweite des Konflikts zwischen den Mächten des Bösen und des Guten zu schmälern. Und weil dieses Stadtportal in die Realität keine Einbahnstraße ist, wurde die in bildgewaltigen Bildern und markerschütternd gut eingesprochenen Dialogen erzählte Diablo-Geschichte Teil meiner ganz persönlichen (Lieblings-)Mythenwelt.

Und genau das ist eine Schriftrolle, die Diablo Immortal erst einmal aufgerollt bekommen muss. Den Look zu kopieren reicht mir nicht: Der in der Handlung ausgeschriebene Preis muss wie Blei auf meinen Schultern ruhen und bei meiner ersten Begegnung mit einem Höllenfürsten muss ein lautes Schlucken durch den Raum hallen. Vorher ist das für mich kein echtes Diablo.

»Gebt mir einfach meinen Diablo-Fix!«

Peter Bathge: Ich will eigentlich nur eines von Diablo Immortal - dass es mich ein paar Tage wieder wie blöde Loot aufklicken lässt, während die Monster auf dem Bildschirm so schön explodieren, wie ich es bisher nur bei Diablo gesehen und gespürt habe. Denn das ist die große Chance, die sich Blizzard hier bietet: Das exzellente Treffer-Feedback und die sagenumwobene Suchtformel einem ganz neuen Mobile-Markt schmackhaft zu machen, gerade rechtzeitig, um die Werbetrommel für Diablo 4 zu rühren. Path of Exile mag für Experten inzwischen das bessere Spiel sein, aber bei Gelegenheits-Lootern wie mir kann Immortal schlicht mit Look und Feel der Diablo-Serie punkten - also da bitte nicht schlampen, Blizzard!

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»Rhythmus im Loot«

Dimitry Halley: Ich weiß, Opa-geschichten nerven, aber in meiner Teeniezeit hieß der heiße, neue Schpaß PlayStation Portable. Und ein paar Jahre später dann PS Vita. Und Nintendos Handhelds ja sowieso. Große Publisher wollten noch vor dem riesigen Mobile-Boom ihr Stück vom portablen Kuchen, investierten Unsummen in alle möglichen neuen Features, von denen sich letztlich fast keines durchsetzte: 3D ohne Brille, UMD-Minidiscs, uff. Aber die größte Sünde von PSP und Co. hat in meinen Augen mit den Spielen selbst zu tun: Der Rhythmus passte nicht zu meinen Spielgewohnheiten.

Bei einem Assassin’s Creed Odyssey oder Red Dead Redemption 2 können Entwicklerteams davon ausgehen, dass der durchschnittliche Fan seinen Poppes mal mindestens für zwei Stunden ins Sofa pressen wird, um das Spiel so richtig zu genießen. Portable Spiele funktionieren anders. Gerade die frühen PSP-Spiele waren maßgeschneidert auf eine Zielgruppe, die vor allem in Bus oder Bahn für ein paar Minuten zocken will. Ein Metal Gear Solid: Portable Ops hatte dann halt 5-Minuten-Missionen, wo das große Konsolenvorbild mir ein 20-Stunden-Abenteuer an die Hand gab.

Die Sache ist: Ich spiele auch auf Handhelds hauptsächlich daheim. Und das wird den Leuten mit Diablo Immortal am PC exakt genauso gehen. Ein echtes PC-Diablo wird von den Leuten im Schnitt deutlich länger gespielt als 20 Minuten am Tag. Hey, wir reden hier von Diablo, dem Inbegriff des »Oh, die Sonne kommt schon raus?«-Spiels. Ich finde die Idee super, das Mobile-Diablo auch auf den PC zu portieren, aber der Rhythmus zwischen diesen Plattformen könnte nicht unterschiedlicher sein - und ein Missionsstakkato aus winzigen Gameplay-Häppchen wird auf dem Rechner nicht funktionieren. Ich bin mal gespannt, wie Blizzard dieses Problem löst.

Was sind eure Erwartungen an Diablo Immortal? Habt ihr die Hoffnung, es könnte sich doch noch zu einem würdigen PC-Ableger entwickeln oder erwägt ihr es höchstens für unterwegs? Teilt eure Einschätzungen gerne mit uns in den Kommentaren!

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