E3-Pressekonferenzen 2015 - The Good, the Bad and the Sony

Michael Graf hat die E3-Pressekonferenzen verfolgt und fasst seine bisherigen Höhe- und Tiefpunkte zusammen. Update: Nun auch ergänzt um Nintendos Show-Verweigerung und eine aha-freie PC-Show.

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Inhaltsverzeichnis

Das Schaulaufen der Branchenriesen ist in vollem Gange, auf den E3-Pressekonferenzen überschütten uns Microsoft, Sony & Co. mit Neuigkeiten und einer klaren Botschaft: Unserem Lieblingshobby steht eine große Zukunft bevor, alles wird super! Äh, wird's das wirklich? Okay, im Gegensatz zu meinen Befürchtungen im Vorfeld haben mich einige Ankündigungen tatsächlich überrascht, manche positiv, andere ... weniger positiv. Ein ganz persönlicher Blick auf meine bisherigen Höhe- und Tiefpunkte, von Konsolenmods über die enttäuschende PC-Gaming-Show bis zum pervertierten Crowdfunding.

Der Autor
Michael Graf hat schon so einige E3-Messen mitgemacht, sowohl vor Ort in Los Angeles als auch am heimischen Rechner. Dennoch verfolgt er auch die diesjährigen E3-Pressekonferenzen mit strahlenden Äuglein – beziehungsweise mit schläfrigen, muss Sony seine Pressekonferenz immer so spät abhalten? – und bereitet schon mal Fackeln und Mistgabeln vor, falls das neue Master of Orion Free2Play wird. Sein bisheriges Highlight heißt Fallout 4. Nicht etwa wegen der Eigenbau-Dörfer, sondern wegen des Szenarios. Dazu gleich mehr!

Höhepunkte

Minecraft für HoloLens: Minecraft und Microsoft. Das sind ja gleich zwei Dinge mit dem Überraschungspotenzial einer McDonald's-Filiale. Was soll da schon noch groß passieren? Die Präsentation von Minecraft für Microsofts Augmented-Reality-Brille HoloLens hat mein Interesse am Klötzchenspiel jedoch neu geweckt. Es sieht einfach cool aus, wenn so eine Blockwelt aus dem Wohnzimmertisch wächst. Ob das in der Praxis tatsächlich so gut funktioniert und aussieht, muss sich natürlich noch zeigen. Und ja, vielleicht tendiert die Bedienung gen Fingerkrampf und der spielerische Nutzen gen Null. Aber man wird ja noch träumen dürfen. Bei Kinect haben wir damals ja auch geträumt. Zumindest eine Weile. P.S.: Ich will ein Command & Conquer für HoloLens, damit ich endlich meine Schlachten auf dem Küchentisch schlagen kann. Jetzt sofort.

Minecraft für Hololens könnte sehr cool werden. Wenn's funktioniert. Minecraft für Hololens könnte sehr cool werden. Wenn's funktioniert.

Mods für Konsolen: Für die PC-Version gebastelte Fallout 4-Mods sollen auch mit der Xbox-One- und der PS4-Fassung kompatibel sein - oha! Modbarkeit war bislang eine zentrale Stärke des PCs, weil die Konsolen ungefähr so frei waren wie Nordkorea: Spielen ja, anpassen nein. Das wird sich nun ändern, Microsoft und Sony wagen es, ihre Plattform zu öffnen, zumindest ein bisschen. Bethesda profitiert davon, denn Mods werden die Lebensdauer von Fallout 4 auf den Konsolen erheblich steigern - Skyrim lässt grüßen! Es darf nur niemand auf die Idee kommen, für Mods Geld zu verlangen! NIEMAND! Außerdem dürften Grafikpakete auf den Konsolen keine Rolle spielen. Denn Xbox One und PS4 laufen eh schon auf Anschlag, hochauflösende Texturen und aufpolierte Effekte würden schnell zur Ruckelorgie führen. Und wollen Microsoft und Sony die Mods eigentlich vorher freigeben? Wird es Support geben, wenn sie nicht funktionieren? Wichtige Fragen, der Grundgedanke bleibt dennoch klasse. Zumal er ein starkes Argument dafür ist, Spiele weiterhin für den PC zu veröffentlichen. Denn selbst wenn Mods auch auf den Konsolen gespielt werden - gebastelt werden sie nun mal am Rechner.

Fallout Shelter: Ich mag ja sowas! Fallout Shelter: Ich mag ja sowas!

Fallout und das Drumherum: Wenn's nur die Konsolenmods wären! Doch Bethesda hat in Sachen Fallout (und auch sonst) eine gelungene E3-Show abgeliefert und nicht nur die Bezahl-Mod-Schmach unter den Teppich gekehrt, sondern es auch tatsächlich geschafft, mich zu überraschen. Einerseits mit den Spielersiedlungen von Fallout 4, die einen Hauch von Minecraft durchs Ödland wehen lassen, andererseits mit Fallout Shelter, diesem niedlichen Smartphone-Spielchen nach Tiny Tower-Muster (Ich mag ja sowas!). Natürlich darf Bethesda ob dieser Gimmicks nicht die traditionellen Fallout-Stärken (kuriose Charaktere, spannende Entscheidungen und ein stimmungsvolles Ödland) vernachlässigen - aber es ist ja auch schön, mal etwas Neues zu hören. Am meisten gespannt bis ich freilich auf das Setting mit den Synth-Androiden (also künstlichen Menschen), weil's herausragend coole Geschichten hergäbe. Blade Runner ist nicht umsonst einer meiner Lieblingsfilme.

Mehr dazu gemeinsam mit dem Kollegen Obermeier in unserem Gamewatch-Video:

Gamewatch - Fallout 4 - Folge 1: Story + Gameplay Video starten 22:19 Gamewatch - Fallout 4 - Folge 1: Story & Gameplay

The Last Guardian lebt - aber das Vieh sieht komisch aus. The Last Guardian lebt - aber das Vieh sieht komisch aus.

Sony und die Originalität: Sony beweist abermals sein Herz für originelle Spielideen, alles voran - tief Luft holen - The Last Guardian! Es lebt! Auch wenn ich persönlich finde, dass das Begleitviech zu sehr nach einer Kreuzung aus Riesenköter und Bambi ausschaut, zeugt es doch von Mut, ein derart ungewöhnliches Spiel derart lange zu unterstützen. Schließlich ist The last Guardian bereits seit den späten 2000er-Jahren in Arbeit. Schade nur: Jetzt, wo es (neu) angekündigt wurde, müssen wir uns einen frischen »Wann kommt es endlich«-Running-Gag suchen. Gab's eigentlich was Neues zu Half-Life 3?

Hier die offizielle Valve-Antwort auf die Frage, ob Half-Life 3 auf der E3 angekündigt wird.

Xbox Early Access: Grundsätzlich halte ich's für eine gute Idee, unfertige Spiele vorab zum kleinen Preis zu veröffentlichen. Dadurch kommen gerade Indie-Studios leichter an das Geld, das sie brauchen, um ihre Spiele fertigzustellen. Und das geht dank der neuen »Game Preview«-Funktion nun eben auch auf der Xbox One. Die Early-Access-Funktion von Steam hat allerdings auch gezeigt, wie Entwickler dies missbrauchen können - etwa, indem sie ihre Spiele ewig im Beta-Fegefeuer schmoren lassen oder sogar komplett einstellen. Das Geld der »Investoren« ist dann futsch. Microsoft muss also sicherstellen, dass das auf der Xbox nicht geschieht. Das Rückgaberecht ist ein erster Schritt in diese Richtung. Gut möglich, dass Early Access dadurch auf der Xbox sogar besser, weil kontrollierter funktioniert als auf Steam.

Ubisofts offene Welten: Dass es einen gewissen Trend zu Open-World-Spielen gibt, lässt sich nicht leugnen. Dass Ubisoft dazu neigt, diesen Trend zu bedienen, lässt sich ebenfalls nicht leugnen: Far Cry, Assassin's Creed, The Crew, The Division - all diese Spiele führen uns in offene Welten. Nun also auch Ghost Recon: Wildlands. Und just die Wildlands-Präsentation deutet darauf hin, dass Ubisoft langsam lernt, seine Welten sinnvoller zu nutzen als nur für seelenlose Sammelaufgaben - nämlich, indem mir die Entwickler unterschiedliche Vorgehensweisen erlauben. Schleichen, Schießen, Autofahren oder aus der Ferne mit dem Präzisionsgewehr draufhalten: Ich entscheide, wie ich mein Ziel erreiche! Diese spielerische Freiheit kann die große Stärke offener Welten sein. Oh, und ein Koop-Modus für vier Spieler ist auch nicht zu verachten. Spannende Sache. Wenn's nicht doch wieder zehn Millionen Sammelaufgaben gibt.

Der PC lebt: Mal abgesehen von den plattformexklusiven Blockbustern à la Halo 5 und Uncharted 4 wurde so gut wie jedes große (und kleinere) Spiel auch für den PC angekündigt, vom neuen Hitman über Ghost Recon: Wildlands und Shenmue 3 bis zu Ubisofts Rittergemetzel For Honor. Außerdem kommt Anno 2205 - mehr PC-Urgestein geht ja kaum! Der gute, alte Windows-Rechner hat also noch lange nicht ausgedient. Und wer weiß, wenn Microsoft den PC als Spieleplattform wirklich wieder ernst nimmt, dann dürfen wir darauf vielleicht auch irgendwann Halo 5 spielen. Von mir aus exklusiv für Windows 10.

Final Fantasy 7 hat ein richtiges Remake verdient. Final Fantasy 7 hat ein richtiges Remake verdient.

Remakes vs. Remasters: Eigentlich müsste ich Remakes und Remastered-Versionen ja verteufeln. Fällt dieser Industrie denn derart wenig Neues ein, dass sie dauernd in der Mottenkiste kramen und ihre ollen Kamellen aufwärmen muss? Ich möchte da aber differenzieren: Im Gegensatz zu Remasters, bei denen man ja schon froh sein muss, wenn die Auflösung hochgeschraubt wird, können vollwertige Remakes absolut begrüßenswert sein. Zumindest, wenn die Spiele dabei von Grund auf neu entwickelt werden, also mit zeitgemäßer Optik und angepasst an moderne Komfort- und Menüstandards, ansonsten aber originalgetreu. Ein solches, wahres Remake soll nun Final Fantasy 7 werden. Also keine fantasielose Portierung der PC-Version wie zuletzt angekündigt. Sehr gut. Denn dieses großartige Rollenspiel hat einfach Besseres verdient. Oh, und das Remake darf dann gerne auch für den PC erscheinen.

In Horizon: Zero Dawn wollen Roboter-Dinos gejagt werden – bizarr, aber neu! In Horizon: Zero Dawn wollen Roboter-Dinos gejagt werden – bizarr, aber neu!

Mehr Mut zu neuen Marken: Es war der erste große Paukenschlag der Sony-Show: Guerilla Games kommt auf die Bühne und zeigt … nein, kein neues Killzone. Sondern Horizon: Zero Dawn - ein richtig schickes, postapokalyptisches Actionspiel, in dem wir Jagd auf Roboter-Dinos machen. Ja, okay, das ist bizarr – aber auch etwas Neues. Und Sony ist erfreulicherweise kein Überraschungs-Einzeltäter: Der deutlich gestiegene Willen, neben den üblichen Verdächtigen auch Neues zu probieren, zog sich durch sämtliche Pressekonferenzen. Microsoft enthüllte mit Recore ein gemeinsames Projekt des Mega-Man-Erfinders und ehemaligen Metroid-Prime-Entwicklern. Electronic Arts überraschte mit dem bezaubernden Physik-Plattformer Unravel, Ubsioft mit dem herrlich brachialen Mittelalter-Multiplayer-Gemetzel For Honor. Und selbst die notorischen Serientäter Square zeigten eben nicht nur Hitman, Deus Ex, Just Cause und natürlich Final Fantasy, sondern zauberten mit Project Setsuna gleich ein komplett neues Japan-Rollenspiel aus dem Hut, für das unter dem Namen Tokyo RPG Factory sogar ein eigenes Studio gegründet wurde. Nicht falsch verstehen, an einem neuen Uncharted, Gears of War, Forza, Fifa, Call of Duty oder Assassin's Creed gibt's an sich nichts auszusetzen. So lange es gute Spiele werden, versteht sich. Trotzdem ist es nicht minder großartig, dass neben der im Vorfeld erwarteten Nachfolgerschwemme jetzt auch überraschend viele neue Spielideen umgesetzt werden. Das sah im letzten Jahr auf der E3 bedeutend düsterer aus. Ein untrügerisches Zeichen, das die für eine neue Konsolengeneration typische »Auf Nummer sicher«-Phase nun endgültig vorbei ist. Gut so!

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