EA-Chef Andrew Wilson empfindet Fifa-Marke wohl als »Hindernis«

In einem internen Meeting äußerte sich CEO Andrew Wilson kritisch über den eigentlichen Nutzen der Marke FIFA. Andere Lizenznehmer lauern schon.

EA sicherte sich kürzlich den Markennamen »EA Sports FC« - Wird das der neue Name der Fußballreihe? EA sicherte sich kürzlich den Markennamen »EA Sports FC« - Wird das der neue Name der Fußballreihe?

Nach fast 30 Jahren durchgehender Geschäftsbeziehung könnten sich die Wege von EA und der offiziellen FIFA-Lizenz bald trennen. Das zumindest lassen die immer eindeutiger werdenden Kommentare des Vorstandsvorsitzenden Andrew Wilson vermuten.

Laut Aussagen von Mitarbeitern soll er in einem internationalen Meeting im vergangenen November überraschend klar Stellung zum Nutzen des FIFA-Markennamens bezogen haben und gar die Bedeutung der Spiele über die der Organisation stellen.

Die möglichen Folgen einer Trennung des jahrzehntelangen Pärchens hatten wir bereits nach den ersten Gerüchten für euch analysiert:

Was genau gesagt wurde

Bei den folgenden Zitaten handelt es sich, wie zuvor erwähnt, um Erinnerungen und eventuelle Mitschriften, nicht um offizielle Aussagen von Wilson - wie das Portal VideoGameChronicle berichtet. Dennoch möchten wir sie euch an dieser Stelle nicht vorenthalten:

Ich mag etwas voreingenommen sein, doch ich würde behaupten, dass die FIFA-Marke als Videospiel inzwischen mehr Bedeutung erlangt hat, als sie es als Verwaltungsapparat des Fußballs getan hat. Das nehmen wir nicht als selbstverständlich hin und wollen auch nicht arrogant klingen.

Wir haben mit allen Kräften versucht, der FIFA klarzumachen, was wir in Zukunft benötigen. Im Prinzip ist alles, was wir von der Lizenz in einem Jahr, in dem keine Weltmeisterschaft stattfindet, bekommen, vier Buchstaben auf dem Cover einer Spieleschachtel, die die meisten Leute nicht mal mehr sehen, weil sie sich ihre Spiele digital kaufen.

EA-CEO Andrew Wilson laut Gedächtnisprotokoll verschiedener Mitarbeiter

Zudem soll Wilson weiter konkretisiert haben: »Im Kontext des globalen, jährlich ausgetragenen Fußballs ist die Weltmeisterschaft zwar wichtig, aber nicht das Allerwichtigste. Wir verfügen über 300 andere Lizenzen, die uns die Inhalte ermöglichen, mit denen sich unsere Spieler am liebsten und meisten beschäftigen.«

Indessen plant auch die FIFA schon voraus und will in Zukunft mehrere Partner mit der offiziellen Lizenz zu betrauen. Mehr lest ihr dazu in unserem entsprechenden Artikel:

Wenn EA nicht will, gibt es genug andere

FIFA steht EA wohl im Weg: Der EA-Chef schloss seine Argumentation damit ab, dass sich die Spieler mehr Spielmodi als das klassische 11-gegen-11 wünschten, viele neue Ideen aber durch das Veto der FIFA blockiert würden.

Auch behindere sie weitere Partnerschaften mit anderen Marken, da die FIFA ihrerseits einen langjährigen Deal mit Adidas hätte, der den Interessen des Videospiel-Riesens im Weg stünde. All dies mache die FIFA-Lizenz ironischerweise zu einem »Hindernis« für das weitere Wachstum der Fußballspiel-Reihe.

Ohne FIFA mehr Profit? Er habe diese Sorgen dem FIFA-Präsidenten Gianni Infantino mitgeteilt, sie aber nach wie vor nicht überzeugt, dass sie einen neuen Vertrag aushandeln könnten, der für beide Seiten funktionieren würde. Schließlich mutmaßte er, dass man ohne eine Vertragsverlängerung nach der Weltmeisterschaft 2022 in Katar sogar mehr Umsatz, mehr Fans und mehr langfristige Markenbindung erreichen könne.

Während EA also eine baldige Beendigung der Geschäftsbeziehung rechtfertigt, deuten andere Publisher bereits ihr Interesse an einer Zusammenarbeit mit dem internationalen Fußballverband an. 2K-Chef Strauss Zelnick antwortete laut einem Bericht von Metro auf die direkte Frage eines Investoren, dass er zumindest darüber nachgedacht habe und es ein großer Schritt nach vorne für die Firma wäre.

Wie viel kostet und bringt eine FIFA-Lizenz? Der Preis der Lizenz wird von Branchenexperten auf zwischen ein bis zwei Milliarden US-Dollar alle vier Jahre geschätzt. Warum da selbst Giganten wie Electronic Arts zweimal drüber nachdenken, analysiert Michael Graf gemeinsam mit dem Unternehmensberater Human Nagafi in unserem Podcast:

FIFA war für EA schon immer ein Risiko

FIFA 23 das vielleicht letzte FIFA: Nach derzeitigem Wissensstand erscheint FIFA 23 dieses Jahr definitiv noch mit dem vollen Lizenzpaket, inklusive der Herren- und Damenweltmeisterschaft. Da es sich bei FIFA allerdings nicht um eine Eigenmarke von EA handelt, wurde sie seit jeher als Risiko in den Geschäftsberichten genannt:

Auszug aus EAs Geschäftsberichten:

Historisch gesehen erwirtschaften wir einen wesentlichen Teil unseres Umsatzes aus Produkten und Dienstleistungen, die auf einigen wenigen beliebten Marken basieren. Bleibt auch nur einer dieser Titel hinter den Erwartungen zurück, hatte und wird das einen gewichtigen negativen Einfluss auf unsere Geschäftszahlen haben.

In der Vergangenheit entsprang beispielsweise ein signifikanter Anteil unseres Nettoumsatzes aus den Verkäufen im Zusammenhang mit einer unserer größten und beliebtesten Spiele: FIFA. Dessen jährliche Ausgaben gehören durchgehend zu den meistverkauften Spielen auf dem Markt.

Jedes Ereignis und jeder Umstand, der unsere FIFA-Reihe negativ beeinflusst, wie etwa mangelnde Produkt- oder Servicequalität, andere Produkte, die das Geld- und Zeitbudget der Kunden aufbrauchen, das Streichen einer Produkt- oder Serviceveröffentlichung, erhöhte Konkurrenz bei Schlüssellizenzen, sowie tatsächliche oder wahrgenommene Sicherheitsrisiken können unsere Finanzergebnisse in unverhältnismäßigem Maße schädigen.

Alleine mit den verschiedenen Ultimate Team-Modi aus seinen Sportspielen (FIFA, Madden, NHL, NBA & UFC) erwirtschafte EA im Geschäftsjahr 2021 (beginnend im März 2020) 1.43 Milliarden Euro. Einen derartigen Umsatzanteil mit einer Marke zu machen, die einem nicht gehört, dürfte wohl bei jedem Geschäftsführer Sorgenfalten verursachen.

In der Zwischenzeit machen sich alte und neue Konkurrenten bereit, ihr Stück vom Kuchen zu erobern:

UFL: Der neue FIFA-Konkurrent sieht vielversprechend aus Video starten 1:32 UFL: Der neue FIFA-Konkurrent sieht vielversprechend aus

Wir werden die Situation weiter für euch im Auge behalten und hoffen wie immer, dass sich die Umwälzungen am Ende als Segen für uns Spieler herausstellen. Die Zeit wird es zeigen.

Würdet ihr EAs Fußballspielen die Treue halten, auch wenn sie den prominenten Namen verlören? Lasst es uns in den Kommentaren wissen!

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