Das Endgame von Elden Ring: Hier muss From Software dringend ran

Meinung: Elden Ring ist fast perfekt. Aber eben nur fast. Denn das Endgame scheitert an den eigenen Maßstäben, die mit den ersten Arealen gesetzt worden sind

Das überragende Design der ersten Gebiete wird Elden Ring zum Verhängnis. Ihr habt richtig gehört, ich habe etwas zu meckern. Doch hört mir erstmal zu, bevor ihr mich mit euren Zweihandäxten bewerft. Denn nach sage und schreibe 140 Stunden pflichte ich den ganzen überragenden Test-Wertungen für Elden Ring zwar bei, doch gerade deshalb sind mir die letzten Spielstunden der Kampagne ein Dorn im Auge.

Denn das Endgame überzeugt mich weniger, als es noch die Umlande von Limgrave taten. Die Entwickler legen mit den Start-Arealen so stark vor, sodass das Endgame den selbst kreierten hohen Erwartungen nicht mehr standhalten kann. Doch um das verstehen zu können, müssen wir einmal ganz zurück zum Anfang.

Rémys Passion für das Sterben begann mit dem schwarzen Schaf der Familie: Dark Souls 2. Anfangs hat er nicht wirklich viel verstanden, was aber nicht weiter schlimm war, da er sich sofort in das knackige Gameplay verliebt hat. Der erste Teil der Serie ist sein klarer Favorit, warum dieser auch zig mal mit verschiedenen Builds durchgespielt wurde. Selbst die allermeisten Soulslikes konnten sich nicht vor ihm verstecken. Sei es Mortal Shell, Nioh, Ashen oder The Surge. Auch Elden Ring hat ihn in den Bann gezogen, weshalb Rémy nach fluffigen 140 Stunden jeden Winkel gesehen, jeden Boss besiegt hat und sogar die Platin-Trophäe sein Eigen nennen kann.

Elden Ring legt stark vor …

Die ersten Areale haben mich wahrlich umgehauen. An wirklich jeder Ecke wurde ich dafür belohnt, meine Augen stets offen zu halten, versteckte Katakombeneingänge und Höhlen zu erspähen, zufällige Bosse, die einen frech überraschen oder ein Schwert, das sich in der letzten Ecke vor mir versteckt hat.

In Spielen grase ich gerne alles bis zur 100-Prozent-Marke ab, weshalb ich mir nach dem Beenden des Hauptstrangs eine der interaktiven Karten angeschaut habe. Einiges ist mir zwar entgangen, doch das meiste habe ich schon auf eigene Faust entdeckt. Und das liegt nicht an meinem Röntgenblick, sondern an dem grandiosen Design der Gebiete. Das leitet einen ganz von alleine zu den vielen interessanten Orten und lässt dem Spieler, wenn er denn möchte, auch nichts verpassen.

Doch aus dem Bettler wurde mit der Zeit ein waschechter Krieger Doch aus dem Bettler wurde mit der Zeit ein waschechter Krieger
Der Anfang war steinig und schwer Der Anfang war steinig und schwer

Die Nebentätigkeiten folgen zwar oftmals einem bestimmten Muster und enden auch fast immer mit einem Bosskampf, was aber nicht weiter schlimm ist, da sich die ganzen Beschäftigungen nicht aufdrängen und der Weg in den vielen Spielstunden das Ziel war. Limgrave, die Tränenhalbinsel, Liurnia und selbst die Untergrund-Areale sind so vollgestopft mit interessanten Kram, weshalb ich auch die meiste Zeit in den Early- und Midgame-Arealen verbracht habe. Die Reise durch das Zwischenland war fesselnd, vielseitig und spannend, was auf das Endgame leider nicht ganz zutrifft.

… doch verschenkt im Endgame Potenzial

Zwar habe ich auch in den letzten Gebieten, wie zum Beispiel im Altus-Plateau oder dem Berggipfel der Riesen alles erforscht, nur gab es im Vergleich zu den Start-Arealen nicht gerade viel zu entdecken. Elemente werden zu oft wiederholt, Areale werden immer linearer. From Software schürt über das gesamte Spiel hinweg durch das grandiose Design der Spielwelt so hohe Erwartungen, dass der Qualitätsabfall zum Endgame hin umso deutlicher ins Auge sticht.

Aber versteht mich nicht falsch: Ich mochte die Gebiete sehr, nur waren sie für Elden Ring ungewöhnlich leer, linear oder gar beides. Dabei hätte ich mich nur zu gerne noch vor New Game+ auf mein Ross geschwungen, um noch viele weitere Geheimnisse aufzudecken, da ich meinen ehrwürdigen Ritter “Sir Jeff Zichte” zu einer wahren Kampfmaschine aufgezogen habe.

Der Schmelztiegel ist nicht nur besonders stark, sondern hat auch unglaublich viele Zwillinge, die durch die Zwischenlande streifen. Der Schmelztiegel ist nicht nur besonders stark, sondern hat auch unglaublich viele Zwillinge, die durch die Zwischenlande streifen.

Schlussendlich haben mich aber die vielen recycelten Elemente davon abgehalten, die Reise erneut anzutreten. Die Katakomben und Höhlen sind zwar immer unterschiedlich aufgebaut und haben auch meist immer einen eigenen Kniff, doch nach dem 20. Besuch gab es für mich trotz der verschiedenen Anordnungen Abnutzungserscheinungen. Zu dieser Problematik reihen sich auch einige Bosse ein, welche man gleich fünf- bis sechsmal bekämpft. Ja, ich meine dich Schmelztiegelritter! Anfangs alleine, dann mal im Verbund mit Boss XY oder einfach als Zwilling. Zwar attackieren sie manchmal in anderen Mustern, jedoch sind gerade immer die Bossnebel so spannend, da ich mich jedes mal frage, welches absurd coole Design sich From Software diesmal ausgedacht hat, nur um dann feststellen zu müssen, dass es ein weiterer Klon ist.

New Game+ und die Open-World

Setze ich mich an meinen Ort der Gnade, erscheint nun eine weitere Frage in den Optionen: Möchten Sie eine neue Reise beginnen? Eher nicht, nein. Und das liegt nicht daran, dass ich Elden Ring schlecht finde. Nur passen für mich Open World und New Game+ nicht gut zusammen. Einer der größten Eckpfeiler war für mich die Überraschung und Erkundung der Zwischenlande, welche sich natürlich nach Abschluss des Spiels erübrigt. Habe ich alte Teile auch gerne mal bis NG+3-5 gespielt, habe ich jetzt kaum ein Interesse daran, mich mit meinem Charakter erneut durch die Zwischenlande zu prügeln.

Zudem ändert sich bis auf stärkere Gegner auch nicht mehr viel, was den Drang abermals dämpft. So unbeliebt Dark Souls 2 auch sein mag - den New Game+ hat From Software in diesem Titel auch damals schon interessanter gestaltet. Hierbei hätten sich die Entwickler aber auch beim Genre-Kollegen Nioh etwas abgucken können. Dort wird eine wirkliche Endlos-Spirale kreiert, sodass man schon fast sagen kann, dass es nach dem Ende erst richtig anfängt. Neue Gegner, Rüstungen, verrückte Builds und so weiter.

Diesen Katakomben-Eingang werden viele von euch nur allzu gut kennen. Zwar werden Höhlen und Katakomben immer anders strukturiert, ein wenig optische Abwechslung wäre aber trotzdem ganz nett. Diesen Katakomben-Eingang werden viele von euch nur allzu gut kennen. Zwar werden Höhlen und Katakomben immer anders strukturiert, ein wenig optische Abwechslung wäre aber trotzdem ganz nett.

Aber auch verschiedene Enden, die sich dramatisch auf Spielwelt und Geschichte auswirken, hätten mich davon überzeugen können, eine neue Partie zu starten. Leider kann man aber alle sechs Enden in Elden Ring bis zum Schluss vorbereiten und hat dann nach dem letzten Bosskampf die Wahl zwischen den sechs Optionen. Der einzige Unterschied, besteht in einer etwa zehn-sekündigen Zwischensequenz, die nur andeutet in welche Richtung es in Zukunft geht.

Wie kommende Inhalte den rohen Endgame-Diamanten schleifen können

Als absoluter Fan aller bisherigen DLCs, die für Dark Souls und Bloodborne erschienen sind, kann ich es selber kaum glauben, so etwas zu sagen: Ich wäre bei Elden Ring viel glücklicher, wenn uns From Software nicht einfach mit neuen Arealen, Gegnern, Waffen und Rüstungen um die Ecke kommt, sondern die letzten Gebiete vorher überarbeitet, die momentan noch viel Potenzial verschenken, unvergessliche Geschichten zu erzählen.

Aber auch die Kolosseen, von denen es gleich mehrere in den Zwischenlanden gibt, wären eine super Möglichkeit PvP-Arenen in das Spiel zu integrieren. Schon in Dark Souls haben diese einen gehörigen Mehrwert geschaffen und waren eine tolle Abwechslung zum sonstigen “Invaden” in der freien Welt, da man es in den meisten Fällen gerade gar nicht gebrauchen konnte.

Abschließend würde ich mir für kommende Patches oder DLCs zwei Wege wünschen: Entweder neue spannende Inhalte in der uns schon bekannten Spielwelt oder ein New Game+, welches sich auch wirklich nach “New” und “Plus” anfühlt. Doch am wichtigsten ist mir, dass ein neuer DLC nicht den Namen “Die Rückkehr des Schmelztiegelritters” trägt!

zu den Kommentaren (138)

Kommentare(125)
Kommentar-Regeln von GameStar
Bitte lies unsere Kommentar-Regeln, bevor Du einen Kommentar verfasst.

Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.