Geliebter Feind - Wie wird man zum Vorzeige-Schurken

Jeder Computerspiel-Held braucht einen ernstzunehmenden Widersacher. Doch wie wird man zum Vorzeige-Schurken – und warum?

GameStar Plus Logo
Weiter mit GameStar Plus

Wenn dir gute Spiele wichtig sind.

Besondere Reportagen, Analysen und Hintergründe für Rollenspiel-Helden, Hobbygeneräle und Singleplayer-Fans – von Experten, die wissen, was gespielt wird. Deine Vorteile:

Alle Artikel, Videos & Podcasts von GameStar
Frei von Banner- und Video-Werbung
Einfach online kündbar

Ob hirnfressender Zombie, kriegslüsternder Wehrmachts-Soldat oder bombenlegender Terrorist – es ist nicht entscheidend, wer der Feind in einem Computerspiel ist. Entscheidend ist, wer er nicht ist: Er ist keiner von uns. Fast jeder Mensch hat eine emotionale Bindung zu dem, was er kennt. Wir mögen unseren Heimatort, essen gerne lokale Spezialitäten, und zur Fußballweltmeisterschaft schmücken wir uns mit den Nationalfarben und jubeln frenetisch über jedes Tor unserer Mannschaft. Was uns nicht vertraut ist, wird uns hingegen schnell suspekt. Menschen, die mit anderen Regeln und nach fremden Bräuchen leben, erscheinen uns oftmals als unberechenbar. Und was wir nicht zuverlässig einschätzen können, nehmen wir mitunter als Bedrohung war – als Feind. Es ist diese emotionale Unterscheidung zwischen Bekanntem und Unbekanntem, die Unterhaltungsmedien nutzen, um für uns passende Feindbilder zu erstellen. Die grundlegende Voraussetzung für das Böse in einem Computerspiel ist daher auch die simpelste: Der Feind muss anders aussehen als wir.

Ein deutscher Soldat erschießt wehrlose Verwundete in Call of Duty 5. Je gnadenloser der Gegner, desto leichter wird er als Feind akzeptiert. Ein deutscher Soldat erschießt wehrlose Verwundete in Call of Duty 5. Je gnadenloser der Gegner, desto leichter wird er als Feind akzeptiert.

Das hässliche Entlein

Spiele wie Resident Evil oder Aliens vs. Predator machen es uns leicht: Schon auf den ersten Blick identifizieren wir Zombies und zähnefletschende Außerirdische als Feinde – ein Untoter mit abgerissenem Arm sieht nun mal nicht aus wie Onkel Franz von nebenan. Militär-Shooter stecken ihre Schurken in für uns fremde Uniformen oder Kleidung. »Wir«, das sind in modernen Unterhaltungsmedien in erster Linie die Amerikaner: Die Filmfabrik Hollywood und die meist in den USA produzierten Computerspiele vermitteln ein Weltbild aus Sicht der Vereinigten Staaten. Das gilt für viele Bürger westlicher Länder als ausreichend akzeptabel, um es im Rahmen eines Computerspiels oder Films als das eigene zu adaptieren. Mit der Folge, dass auch deutsche Spieler einen mit einer Kalaschnikow bewaffneten Araber schnell als Feind akzeptieren – oder gar einen deutschen Wehrmachts-Soldaten. Die Uniformen und Abzeichen des Zweiten Weltkriegs mit ihrer starken Symbolik eignen sich dabei besonders für ein deutliches Feindbild. Hakenkreuz oder Hammer und Sichel wirken mächtig, die Ideologien dahinter unaufhaltsam – und diesen muss sich der Spieler nun entgegenstellen.

Wir schätzen die Bedrohlichkeit unseres Gegenübers auch schnell durch seine Stimme ein: Ob deutsch, russisch, arabisch oder gar klingonisch – harte, herrische Laute zeichnen die Sprache des Feindes aus. Schon bevor die Wolfenstein- Reihe den Sprung in die 3D-Grafik schafft, macht sie durch deutsche Sprachausgabe klar: Wer so klingt, kann nur böse sein.

1 von 6

nächste Seite


zu den Kommentaren (1)

Kommentare(1)
Kommentar-Regeln von GameStar
Bitte lies unsere Kommentar-Regeln, bevor Du einen Kommentar verfasst.

Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.