Seite 3: Helden mit Brüsten - Frauenfiguren in Computerspielen

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Die Heldin

Salonfähig gemacht durch Lara Croft, die bis heute das Rollenvorbild für alle Action-Heldinnen ist: taff, kampftüchtig und schlagfertig, also im Wesentlichen ein Mann mit Brüsten. Obwohl Heldinnen eine tragende Rolle spielen, entwickeln sie selten große Charaktertiefe. Frauen, die den Spieler begleiten, zeigen meist eine facettenreichere Persönlichkeit, wohl weil sie dem Helden als Gesprächspartner und mitunter als romantic interest dienen. Vom Spieler gesteuerte Heldinnen dagegen dürfen sich nicht verlieben, sie sind für (männliche) Spieler Identifikations- und Sexobjekt zugleich. Es dürfte kein Zufall sein, dass fast alle Actionspiele mit Heldinnen statt der Ego-Ansicht eine Verfolgerperspektive wählen, ob auf Lara oder Scarlett (Venetica), auf Jade (Beyond Good & Evil) oder Rayne (Bloodrayne), auf Violett (Velvet Assassin) oder Rubi (Wet).


Die Begleiterin:
Dass einem Actionhelden immer eine Frau zur Seite zu stehen hat, ist eine Hollywood-Tradition, die auch in Spielen beherzigt wird: Gordon Freeman hat seine Alyx, der Prinz aus Persien seine Farah oder Elika, Chris Redfield seine Sheva. In dieser Konstellation entwickeln einige Spiele starke, vielseitige Frauenfiguren mit ausgeprägter Charakterzeichnung. Weil Liebesbande oder zumindest dezente Flirt-Spannung zum Handlungskonzept gehören, dürfen die Charaktere auch Emotionen und Zweifel zeigen. Begleiterinnen sind oft selbstbewusst und eigenständig (etwa Alyx), mitunter sogar ambivalent und zerrissen, etwa Bastila aus Knights of the Old Republic. Das macht sie zu glaubwürdigeren Persönlichkeiten als die meisten Heldinnen, die ihrer Rolle nach eher Spieler-Marionetten darstellen.

Die sympathische Elika wertet durch ihre Charakterzeichnung die dünne Handlung aus dem Actionspiel Prince of Persia gehörig auf. Die sympathische Elika wertet durch ihre Charakterzeichnung die dünne Handlung aus dem Actionspiel Prince of Persia gehörig auf.


Die Gegenspielerin:
Wenn Frauen in Spielen als Gegner oder Hauptbösewicht auftauchen, wie Alexis Sinclair im Uralt-Shooter Sin oder Amanda Evert in den neueren Tomb Raider-Titeln, dann meist deshalb, weil es nach wie vor Seltenheits- und deshalb Überraschungswert hat, und weil es auf (auch sexuell) reizvolle Weise mit der Frage spielt, wer wen dominiert. Im Normalfall triumphiert am Ende der Mann über die Frau. Diese Fallhöhe ist dann am größten, wenn sich eine vermeintlich wohlgesinnte Begleiterin als Femme Fatale und Verräterin entpuppt, wie in Resident Evil 4 oder Dead Space. Solche Wendepunkte sind fast immer dramaturgische Effekthascherei, die wenigsten Spiele machen sich die Mühe, die Motive nachvollziehbar zu erklären. Mitunter dienen Frauen auch als reguläre Gegner oder Monster, in dem Fall fast immer stark sexualisiert, etwa wenn in Silent Hill Zombie-Krankenschwestern auf den Spieler zustöckeln oder ihn in Wolfenstein Leder- Soldatinnen anspringen. Man darf sich fragen, welcher Gedanke wohl dahinterstecken mag, aufreizende Frauen niederzuschießen.


Das Opfer:
Das klassische Motiv von der Prinzessin in Not ist auch in Computerspielen inzwischen aus der Mode; wenn es dennoch eingesetzt wird, dann ironisch verdreht wie im Knobelspiel Braid. Trotzdem setzen Spiele nach wie vor auf die nicht unerhebliche Motivation, die daraus entspringt, einer (sympathischen) Frau zu Hilfe zu eilen wie in der Monkey Island-Serie oder sie zu rächen wie in Prey oder dem Konsolen-Shooter The Darkness. Die Opferrolle in Spielen ist immer eindimensional, die Frau fällt unverschuldet bösen Mächten in die Hände. Tatsächlich zeigen Spiele Frauen zu selten als Opfer, vor allem zu selten als Opfer der Gewalt, der Gesellschaft und der archaischen Rollenbilder, die sie zum Thema haben. Fast nie bekommen Spieler zu sehen, dass Leid und Probleme etwas anderes sein können als Pech, nämlich Konsequenzen aus Handlungen, Entscheidungen und Umständen.


Das Accessoire:
Um zu sehen, in welchem Maße die Spielebranche Frauen als Hingucker und schmückendes Beiwerk betrachtet, genügt ein Blick auf viele Spieleschachteln, Artworks oder in die Galerien auf GameStar.de. Der »Babes«-Faktor gehört zum Repertoire jeder Marketing-Abteilung. Insbesondere in Krawall- Rennspielen wie Juiced 2 oder einigen Need for Speed-Titeln, in manchen Rollenspielen und in Macho-Shootern haben Frauen keine andere Rolle, als gut auszusehen und dem Spieler zuzujubeln, ihn anzuschmachten oder zumindest in Ruhe zu lassen.

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