Dieser Artikel könnte leicht noch viel, viel länger ausfallen. Denn darüber, was in Gladiator 2 alles historischer Quark ist, könnte man ganze Abschlussarbeiten verfassen. Die lesen sich aber meistens ziemlich trocken und vermutlich habt ihr keine Zeit, euch mal eben 60 Seiten reinzuziehen. Kein Problem!
Ich liste euch hier einige besonders unterhaltsame Hollywood-Erfindungen auf, die es in den Film geschafft haben. Wollt ihr auch wissen, was überraschenderweise korrekt dargestellt wurde? Dann seid ihr in dieser Liste mit 6 historischen Details richtig aufgehoben!
Ab hier gilt natürlich Spoilerwarnung für den Film.
Hollywood-Fiktion I: Nashorn-Kavallerie
Es tut mir fast ein bisschen Leid, direkt mit diesem Teil anzufangen – denn die absurde Nashorn-Szene im Kolosseum hat mich bei all ihrer Dummheit doch blendend unterhalten. Tierhatzen waren damals beliebt, da werden sicher auch einige Nashörner dabei gewesen sein, Rom importierte dafür exotische Tiere aus allen möglichen Teilen der Welt.
Allerdings ist völliger Blödsinn, dass jemand einem Nashorn Sattel und Zaumzeug aufgezurrt und sich dann auf seinen Rücken geschwungen hätte. Das klappt in der Realität noch nicht mal mit Zebras, trotz der nahen Verwandtschaft zu Pferden. Es bleibt im Film auch völlig unklar, wie der Reiter mit seinem Tier kommuniziert, Zügel benutzt er schon mal nicht. Und warum trägt das arme Viech Ausbinder – es könnte seinen Hals ja nicht mal rund halten, wenn es wollte?!
Natürlich lautet die simple Antwort: Weil es halt cool aussieht. Und mehr Gedankenkraft sollte man vermutlich auch nicht darauf verschwenden.
Hollywood-Fiktion II: Ein Ex-Sklave und ein Äffchen als Konsul
Nachdem er seinen etwas vernünftigen Bruder Geta aus dem Weg geräumt hat, ernennt Kaiser Caracalla sein Haustier (einen kleinen Affen) und den ehemaligen Sklaven und heutigen Geschäftsmann Macrinus zum Konsul. Und niemand erhebt Einwände.
In Wahrheit stand dieses prestigeträchtige Amt nur reichen und einflussreichen (menschlichen) Männern mit römischem Bürgerrecht offen. Das Konsulat selbst war zeitlich begrenzt und brachte keineswegs automatisch gewaltige politische Macht mit sich, wie es der Film vermittelt. Die meisten Konsuln waren vielmehr eher scharf darauf, nach ihrer Amtszeit in die elitären Gesellschaftskreise aufgenommen und zu Statthaltern ernannt zu werden.
Freigelassene Sklaven konnten zwar das Bürgerrecht (Civitas Romana) erhalten, allerdings mit Einschränkungen. Erst ihre eventuellen, frei geborenen Nachkommen galten dann als vollwertige römische Bürger. Und der Weg vom einfachen Bürger zum Politiker war dann nochmal sehr weit. Der historische Macrinus war entsprechend auch kein ehemaliger Sklave, sondern ein hochrangiger General aus dem »Ritterstand« (Equites).
Hollywood-Fiktion III: Brustplatten aus Pappmaché
Es gibt wenige Film-Klischees, die ich so sehr verabscheue: Pfeile, die mühelos durch einen Brustpanzer flutschen wie ein Dartpfeil durch Seidenpapier. In Gladiator 2 passiert das gleich zweimal in wichtigen Szenen und ich wollte mich vor Frust selbst skalpieren. Denn im gleichen Film prallen Pfeile (korrekterweise) von Metallschilden ab oder bleiben darin stecken. Also was denn jetzt, Physik ja oder nein?!
Liebe Filmemacher: Rüstungen sind tatsächlich mehr als nur hübsche Deko, die man damals trug, weil sie halt cool aussahen. Eine Brustplatte aus Metall, damals vor allem Bronze oder Eisen, schützt den weichen Körper dahinter sehr effektiv vor Pfeilen, Schwerthieben und so weiter. Fast so, als wäre sie speziell dafür gemacht worden.
Ja, Bögen sind viel wuchtiger als die meisten Filme zeigen und ja, manche Pfeilspitzen kommen immerhin locker durch Kettenhemden. Darüber habe ich sogar mal einen eigenen Artikel geschrieben. Aber beim Schützengott Apollo, warum muss denn wirklich jeder Realitätsanspruch fallen gelassen werden? Es hätte genauso funktioniert, einen Pfeil in den ungeschützten Hals oder ins Auge zu schießen und pedantische Leute wie ich würden dann im Kino nicht den Drang verspüren, wütend mit Popcorn um uns zu werfen.
Hollywood-Fiktion IV: Frauen im Senat
In Gladiator 2 sitzen auch ein paar Frauen im versammelten Senat. Ich bin nicht sicher ob sie Senatorinnen darstellen sollen oder es irgendeinen anderen Grund für ihre unerklärte Anwesenheit gibt, aber historisch ist es in jedem Fall Quatsch. Politik war im antiken Rom ausschließlich Männersache. Frauen konnten weder Ämter bekleiden noch wählen.
Das heißt nicht, dass alle Römer fiese Machos waren – man kann nicht einfach moderne Maßstäbe auf eine Gesellschaft vor tausenden von Jahren übertragen (auch wenn ich als Frau das selbst manchmal verlockend finde).
Bürgerliche und adlige Frauen hatten vergleichsweise viele Rechte, konnten zur Zeit von Gladiator 2 etwa selbst über ihr Vermögen verfügen, Berufe ausüben und sich scheiden lassen. Allerdings mussten sie im Kolosseum getrennt von den Männern sitzen, auch etwas, das der Film komplett ignoriert.
Eine politische Laufbahn blieb ihnen ausnahmslos verwehrt. Einfluss konnten sie nur indirekt über Ehemänner, Söhne oder andere Verwandte ausüben. Was der Film bei Lucilla auch korrekt darstellt. Schade, dass er abgesehen davon komplett verpasst, einen kleinen Einblick in die Realität des weiblichen Alltags zu geben.
Hollywood-Fiktion V: Brandzeichen für Sklaven
Ich will nicht ausschließen, dass es das nie gegeben hat – die meisten Sachen sind irgendwann mal passiert, lautet eine Weisheit aus meinem Studium. Aber Gladiator 2 lässt es so aussehen, als wäre damals völlig üblich gewesen, Sklaven erstmal ein Symbol ins Fleisch zu brennen. Das war eigentlich eine Strafe für bestimmte Verbrechen, aber keine allgemeine Kennzeichnung.
Immerhin war es lange Zeit üblich, Sklaven ab einem gewissen Alter die Freiheit zu gewähren, woraufhin sie zu freien, römischen Bürgern wurden. Sie wurden in der römischen Gesellschaft also nicht als reiner Besitz angesehen, den man wie Vieh brandmarken würde. Natürlich war das Leben für die meisten Sklaven trotzdem alles andere als angenehm (weibliche Sklaven waren beispielsweise völlig rechtlos), aber wenigstens der Part mit dem heißen Eisen ist weitestgehend Fiktion.
Hollywood-Fiktion VI: Zeitungen
In Gladiator 2 sitzt Macrinus mal an einem Tisch und lässt beim Aufstehen etwas liegen, das wie ein Flugblatt oder eine dünne Zeitung aussieht. Was aus mehreren Gründen völliger Quatsch ist. Im antiken Rom war Papier noch völlig unbekannt. Man schrieb auf Wachstafeln, die man immer wieder neu verwenden konnte, oder auf Papyrus.
Der wiederum war aber selten und teuer. Ein solches Schriftstück hätte man niemals einfach achtlos liegengelassen wie heutzutage den Flyer, den einem ein hoffnungsvoller Nachwuchsmusiker vorm Einlass zum Metallica-Konzert in die Hand gedrückt hat. Zeitungen und Werbezettel gab es damals nicht, höchstens Aushänge an wichtigen Orten.
Stattdessen kritzelten findige Leute ihre Werbesprüche an Wände, zum Beispiel priesen Prostituierte so ihre Dienste an. Mehr darüber erfahrt ihr im Artikel zu den überraschend korrekten historischen Details von Gladiator 2:
Puh, jetzt geht es mir besser, das hat mir seit dem Kinobesuch in den Fingern gebrannt. Natürlich ist diese Liste längst nicht vollständig, ihr könnt gerne in die Kommentare eure »liebsten« historischen Fehler werfen, die euch in Gladiator 2 ins Auge gestochen sind. Natürlich ohne dabei ausfallend zu werden. Aber das wisst ihr ja eh.
Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.
Dein Kommentar wurde nicht gespeichert. Dies kann folgende Ursachen haben:
1. Der Kommentar ist länger als 4000 Zeichen.
2. Du hast versucht, einen Kommentar innerhalb der 10-Sekunden-Schreibsperre zu senden.
3. Dein Kommentar wurde als Spam identifiziert. Bitte beachte unsere Richtlinien zum Erstellen von Kommentaren.
4. Du verfügst nicht über die nötigen Schreibrechte bzw. wurdest gebannt.
Bei Fragen oder Problemen nutze bitte das Kontakt-Formular.
Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.
Nur angemeldete Plus-Mitglieder können Plus-Inhalte kommentieren und bewerten.