Andere Länder haben schärfere Gesetze als wir
Manche Spieler fordern, dass Lootboxen als Glücksspiel gelten sollten, unter anderem, weil sie eine Gefahr für Minderjährige sehen. Welche Konsequenzen hätte es, wenn Lootboxen vom Gesetz als Glücksspiel eingestuft würden?
Sofern Lootboxen als Glücksspiel anzusehen wären, ist zunächst an eine Strafbarkeit wegen der Veranstaltung eines unerlaubten Glücksspiels nach § 284 StGB zu denken. Wie sich aus dem Wortlaut ergibt, knüpft der Straftatbestand an eine Erlaubnis an. Kein Spielehersteller verfügt über eine solche Erlaubnis.
Eine solche ist auch nicht zu bekommen, da das Online-Glücksspiel bis auf wenige Ausnahmen gem. § 4 Abs. 4 Glücksspielstaatsvertrag gar nicht erlaubnisfähig ist. Trotzdem wäre eine strafrechtliche Verurteilung zum gegenwärtigen Zeitpunkt mehr als unwahrscheinlich.
Die ganz überwiegende Ansicht sieht die Regulierung des Glücksspielrechts in Deutschland aktuell als gescheitert an. Da es de facto nicht möglich ist, eine Erlaubnis für das Veranstalten eines Online-Glücksspiels zu erlangen, wird vertreten, dass die Beantragung einer solchen Erlaubnis auch nicht verlangt werden kann. Da Anbieter in Deutschland also gar nicht die Möglichkeit haben, legal ein Online-Glücksspiel zu betreiben, weisen etwa der EuGH-Generalanwalt und andere Stimmen darauf hin, dass im Falle eines derartigen Scheiterns der Glücksspielregulierung auch keine Bestrafung erfolgen darf.
Und gibt es abseits einer strafrechtlichen Verfolgung noch andere mögliche Konsequenzen?
In der Praxis kommen im Online-Glücksspielrecht häufig Untersagungsverfügungen durch die zuständige Landesbehörde vor. Der jeweilige Anbieter muss dann sein Angebot für das Bundesland durch Geoblocking sperren. Wenn ihm dies nicht möglich ist, muss er es ganz abstellen. Auch an Bußgelder ist zu denken, sofern nicht auch hier die vorgenannten Erwägungen zum Strafrecht greifen. Das wird vom jeweiligen Bußgeld abhängen.
Zuletzt kommen wettbewerbsrechtliche Konsequenzen wie Abmahnungen in Betracht, wenn Konkurrenten gegen die ungenehmigte Veranstaltung des Glücksspiels vorgehen wollen, weil sie sich sonst benachteiligt sehen.
Wie sieht die Glücksspielregulierung in Bezug auf Lootboxen in anderen wichtigen Spielemärkten wie Japan, China und den USA aus? Gelten sie überall als unbedenklich?
Nein, das Thema ist auch in anderen Ländern und wichtigen Kernmärkten nicht unproblematisch. In Japan etwa sind bestimmte Lootboxen bzw. Funktionen seit 2012 vollständig verboten. In China müssen Mechanismen wie Gewinnchancen mittlerweile offengelegt werden.
Auch in Südkorea wurde eine Gesetzesinitiative zur Offenlegung gestartet, die zwar scheiterte, jedoch zur verstärkten Selbstregulierung führte.
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In England ist das Phänomen ebenfalls unter Beobachtung. Die Glücksspielbehörde vertritt dort zwar aktuell die Auffassung, dass ähnlich wie in Deutschland, kein Glücksspiel vorliegt, wenn die Ingame-Items nicht in Echtgeld oder gegen andere Gegenstände eingetauscht werden können - wann genau das der Fall ist, muss aber bei der Produkteinführung beachtet werden.
Weitere besonders kritische Märkte sind unter anderem Frankreich, Singapur und die Niederlande. Auch die Entwicklung in den USA muss im Auge behalten werden.
Wenn Lootboxen in so vielen Märkten problematisch sind, wie schaffen es die Spielehersteller dann, dasselbe Spiel in allen Ländern zu veröffentlichen, ohne doch irgendwo gegen Gesetze zu verstoßen?
Da kann ich nur eine Einschätzung auf Basis meiner persönlichen Beratungserfahrung geben: Danach ist es so, dass Spielehersteller uns schon während des Entwicklungsprozesses um eine rechtliche Bewertung des geplanten Konzepts in den wichtigsten Zielmärkten bitten. Zunächst wird dann gemeinsam mit dem Spielehersteller evaluiert, in welchen Märkten eine rechtliche Untersuchung stattfinden sollte.
Im nächsten Schritt werden gemeinsam die rechtlichen Fragen analysiert, die für die Bewertung maßgeblich sind, und daraus ein Fragebogen entworfen. Der Fragebogen wird dann an unsere Büros in den Zielländern verschickt und dort von den für das relevante Rechtsgebiet zuständigen Anwälten beantwortet.
Zuletzt wird alles ausgewertet, konsolidiert und eine Risikoübersicht erstellt. Sofern in einem Land besondere Probleme festgestellt wurden, wird das Spiel während des Herstellungsprozess oftmals noch angepasst bzw. das Konzept geändert. So in etwa läuft der Entwicklungsprozess bei den meisten rechtlich schwierigen Inhalten ab.
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