Lumberjack's Dynasty sägt im Test am eigenen Ast

Durch stumpfsinnige Pflichtaufgaben und technische Tücken bringt sich diese Holzfällersimulation selbst zu Fall. Das ist schon fast wieder lustig.

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Wir machen im Test den Weg frei für die Wertung von Lumberjack's Dynasty. Wir machen im Test den Weg frei für die Wertung von Lumberjack's Dynasty.

Kerniger Kerl mit Karohemd und Kettensäge: In Lumberjack's Dynasty nimmt unser Held es mit jedem Baum auf, der nicht bei drei auf den Bäu…

Okay, der Satz wird nix mehr, formulieren wir es mal anders: Kettensäge, Nagelpistole, Holzvollernter - unser Held beherrscht sie alle! Scheint an den Genen zu liegen, schließlich ist sein Onkel Charles stolzer Sägewerkbesitzer.

Zumindest theoretisch, denn in der rauen Realität steht an so ziemlich jedem Gebäude ein »For Sale«-Schild, weil Onkel und Tante kurz vor der Pleite stehen. Ihr ganzer Hof erinnert frappierend an Fallout-Ruinen. Ihre letzte Hoffnung ist ihr vollbärtiger Neffe im knallroten Karohemd. Also wir.

Baum fällt! Oder doch nicht?

Lumberjack's Dynasty spielt in einer Open World voller Farmen, mit Baumarkt, Landmaschinenhändler, Sägemühle, Möbelfabrik. Und natürlich mit Wäldern. Aber nicht mehr lange, denn die machen wir ja bald weg. Gleich zu Beginn zerlegen wir mit Onkels Kettensäge unseren ersten Baum.

Beim Baumschneiden mit dem Fichtenmoped müssen wir das Sägesymbol mit der Maus im Balkenbereich halten. Das war’s auch schon. Beim Baumschneiden mit dem Fichtenmoped müssen wir das Sägesymbol mit der Maus im Balkenbereich halten. Das war’s auch schon.

Mit gedrückter rechter Maustaste wird uns gezeigt, wo genau wir sägen müssen. Spoiler: unten am Baum, nicht oben! Jetzt noch die linke Maustaste gedrückt halten, schon knattert das Fichtenmoped los und ein waagerechter Balken mit Sägesymbol erscheint. Wir müssen der Sägebewegung mit der Maus folgen, im angemessenen Tempo. Jupp, das war's schon, der Baum fällt um.

Oder auch nicht. Weil uns das Spiel ausschließlich waagerecht sägen lässt, bleibt ein Baum auch mal stur stehen. Und kippt erst um, wenn wir weggehen. Anders als im echten Leben ist es auch völlig egal, wohin der Baum kippt. Nach dem Fällen zeigen uns weitere Symbole idiotensicher, wo wir den Stamm entasten und in handliche Teile zerlegen dürfen. Wobei die »handlichen Teile« rund fünf Meter lang sind, die wir dann auf der Schulter zum Ablageplatz tragen. Die wiegen ja auch nur ein paar hundert Kilo.

Zum Glück erarbeiten wir uns recht früh einen Traktor. Der sieht zwar aus, als hätte er schon am Omaha Beach Minen geräumt und dabei jede zweite ausgelöst, aber immerhin kann er einen Hänger mit Greifkran ziehen, sodass zumindest das Laden und Transportieren schneller geht. »Schneller« heißt übrigens rasante 23 km/h. Und zwar immer - egal, ob bergauf, bergab, leer oder voll beladen.

Mit Vorkriegs-Traktor plus Hänger klauben wir die gestückelten Stämme auf. Anfangs schleppen wir sie sogar von Hand, sind ja nur ein paar hundert Kilo Gewicht. Mit Vorkriegs-Traktor plus Hänger klauben wir die gestückelten Stämme auf. Anfangs schleppen wir sie sogar von Hand, sind ja nur ein paar hundert Kilo Gewicht.

Behämmerte Aufgaben

Wer beim Baumfällen per stupider Mausbewegung tapfer wachgeblieben ist, schläft spätestens bei unserer Lieblingsaufgabe ein: Gebäude reparieren! Dazu stapfen wir mit einer Nagelpistole bewaffnet um und durch ruinöse Scheunen, Wohnhäuser oder andere Bretterbuden und klicken auf Hammersymbole. Wenn wir Glück haben, sind es nur 50. Es können aber auch mal über 200 sein. Ja, 200! Schön verteilt auf Fassade, zwei Stockwerke, Veranda, Keller und Dachboden. Plus Dach, auf das wir mit unserem Gerüst aus dem Inventar klettern.

Und irgendein Hammersymbol übersieht man immer! Kein Witz: Um unsere eigenen Gebäude plus Umzäunung, Klettergerüst und Grillpavillon zu flicken, waren wir zweieinhalb Stunden mit der Nagelpistole unterwegs. Echte Stunden! Wir beschweren uns nie mehr über 08/15-Rollenspielquests à la »Bring mir zwölf Otternasen!«, nie wieder.

Die Reparaturaufgaben gehören zum schlimmsten, was wir seit Jahren erlebt haben. Allein schon euer Wohnhaus birgt über 200 Hammersymbole, die ihr mit der Nagelpistole anklicken müsst. Die Reparaturaufgaben gehören zum schlimmsten, was wir seit Jahren erlebt haben. Allein schon euer Wohnhaus birgt über 200 Hammersymbole, die ihr mit der Nagelpistole anklicken müsst.

Das Fiese ist, dass diese stupiden Tackeraufgaben immer wieder bei uns aufschlagen. Da schickt uns Tante Grace zur Farm ihrer Freundin Sophia, wir fahren im Pickup hin, biegen zur Farm ab - und sehen mit Grausen die löchrige Scheune. Am liebsten würden wir den Rückwärtsgang reinhauen und uns vom Kartenrand stürzen, aber ihr wollt Tests lesen. ALSO LEST GEFÄLLIGST WEITER!

Tausche Fronarbeit gegen Schrottmühle

Die verschiedenen Bewohner quatschen wir in Multiple-Choice-Dialogen an. Wobei - so verschieden sind die gar nicht, manche sehen glatt wie Zwillinge aus. Und ihre Mimik und Gestik sind hölzerner als drei Hektar Wald. Auch der Gesprächsablauf ist fast immer der gleiche: »Hast Du einen Job für mich? Willst Du was tauschen? Gibt es neue Gerüchte? Tschüss, ich muss leider gehen.«

Der Holzhandelmichel ist nur einer unserer unfreiwillig komischen Dialogpartner. Das Techno-Outfit soll wohl eine Warnweste sein. Oder war’s andersrum? Der Holzhandelmichel ist nur einer unserer unfreiwillig komischen Dialogpartner. Das Techno-Outfit soll wohl eine Warnweste sein. Oder war’s andersrum?

Als Belohnung für Botengänge, Baum- und Buschbeseitigung oder den beliebten Nagelpistolenmarathon gibt's dann den schon erwähnten Hänger, ein Stück Wald zum Austoben oder 220 Pflanzensamen als Sold. Denn komischerweise sind alle Nachbarn gerade klamm und können nix zahlen. Immerhin bekommen wir gelegentlich Sozialpunkte, quasi eine zweite Währung, die uns zum Beispiel beim Einkaufen Rabatt verschafft.

Um endlich auf einen grünen Zweig zu kommen, verscherbeln wir geschlagenes Holz an die lokale Mühle. Dazu kippen wir die rohen Stämme an vorgegebenen Stellen in den Fluss, sodass sie zur Mühle dümpeln. Oder wir fahren sie selbst zum Holzhändler. Im Spielverlauf kaufen wir Onkels Sägemühle, denn verarbeitetes Holz (Bohlen, Rundhölzer, Bretter, Rinde und so weiter) bringt mehr Kohle. Die wiederum investieren wir in eine Möbelfabrik oder bessere Maschinen, bis hin zum modernen Holzvollernter von Ponsse, den ihr vielleicht aus dem Landwirtschafts-Simulator kennt.

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Mit dem Unterschied, dass die Maschinen und Fahrzeuge dort viel authentischer simuliert werden. In Lumberjack's Dynasty sind wir zum Beispiel mal mit einem Trecker in zwei Zentimeter tiefem Schlamm steckengeblieben, weil die Vorderräder plötzlich komplett verschwunden waren. Erst mit Speichern und Laden bekamen wir den Trecker wieder flott. Ein andermal hat sich der derselbe Traktor mit der Anhängerkupplung in einem Zaun verfangen (okay, Fahrfehler von uns), kam aber partout nicht frei. Wir hätten ja die Kettensäge eingesetzt, aber das geht nur an Bäumen.

Mein Haus, meine Frau, meine Honigbienen

Bei Lumberjack's Dynasty dreht sich aber nicht alles ums Holzmachen. Ihr könnt auch angeln, Gemüse und Obst anbauen oder im hofeigenen Stall Kühe, Schafe und Co. halten. Anhand von Rezepten kocht ihr auch selbst - denn wer tonnenschwere Baumstämme wuppt, kommt mit einem Apfel nicht weit. Sogar Frau umwerben, heiraten und Kindermachen geht.

Wer genug Geduld mitbringt und sogar die Reparaturfleißaufgaben stoisch absolviert, bekommt also ein durchaus umfangreiches Spiel mit viel Entscheidungsfreiraum. Wenn die Entwickler vor allem diese dusseligen Reparaturjobs entschlacken würden, wäre Lumberjack's Dynasty mit einem Schlag wesentlich besser.

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