Das neue Rollenspiel Dark Envoy hat mich erst begeistert und dann verwirrt

Steffi lauert seit der Ankündigung auf das neue Iso-PRG Dark Envoy. Jetzt hat sie es endlich selbst ausprobiert - und ist gleichzeitig begeistert und ernüchtert.

Dark Envoy hat zum Steam Next Fest eine kostenlose Demo veröffentlicht. Dark Envoy hat zum Steam Next Fest eine kostenlose Demo veröffentlicht.

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Dark Envoy hat mich beim Anspielen in emotionale Verwirrung gestürzt. Ich habe das neue Rollenspiel via Steam-Demo zum ersten Mal selbst ausprobiert und es war wie ein sehr wechselhaftes Date: Wir haben uns auf Anhieb gut verstanden, aber je besser wir uns kennengelernt haben, desto mehr Fragezeichen ploppten über meinem Kopf auf. Und wie so oft sah Dark Envoy in Wirklichkeit auch nicht ganz so schmuck aus, wie die Profilbilder es vorher vermuten ließen. 

Grafik ist natürlich nicht alles, aber auch beim Gameplay, der Story und der Technik bleibt noch vieles unklar. Was hat mir an Dark Envoy bisher gefallen und was bereitet mir Bauchschmerzen?

Stephanie Schlottag
Stephanie Schlottag

Steffi nutzt das Steam Fest jedes Mal gerne, um möglichst viele Spiele von ihrer Wunschliste als Demo auszuprobieren. Denn schon nach einer halben Stunde weiß sie bei den meisten Titeln, ob es funkt oder nicht. Außer bei Dark Envoy - und damals bei ihrem Lieblingsspiel Disco Elysium, aber die Geschichte erzählt sie euch im Podcast.

Worum geht’s hier überhaupt?

Dark Envoy ist ein klassisches Rollenspiel mit Iso-Perspektive, mit taktischen Echtzeitkämpfen, Skill-Bäumen, tonnenweise Ausrüstung und Entscheidungen. Das klingt erstmal nach Standard-Genrekost, aber es hat ein paar besondere Ideen im Gepäck, die mich damals beim Reveal aufhorchen ließen:

  • Das Setting mixt Fantasy und Sci-Fi: Zwischen dem Imperium der Menschen und den magischen Völkern (Elfen, Orks) tobt ein erbitterter Krieg, in dem die einen mit Technologie und die anderen mit Zauberkraft kämpfen. 
  • Taktik wird im Spiel sehr wichtig. Vor feindlichen Schützen sollte ich zum Beispiel hinter Kisten in Deckung gehen, aber die zersplittern nach ein paar Treffern. Das Kampfsystem mischt Echtzeit mit Zeitlupenfunktion, dank der ich in Ruhe neue Positionen einnehme und Skills abfeuere.
  • Die Kampagne lässt sich komplett im Zweier-Koop spielen, jeder steuert dann eine der beiden Hauptfiguren.
  • Ich male viele Skills sozusagen aufs Schlachtfeld, indem ich die Angriffszone mit der Maus zurecht ziehe. Das fühlt sich schon in der Demo cool an, hier im Video seht ihr, wie das Ganze funktioniert:

Dark Envoy: Das düstere Sci-Fi-RPG enthüllt neues Gameplay, zeigt Kämpfe und Story 1:30 Dark Envoy: Das düstere Sci-Fi-RPG enthüllt neues Gameplay, zeigt Kämpfe und Story

Klingt auf dem Papier spannend? Finde ich auch, aber ... es ist kompliziert. Reden wir erstmal über den ziemlich starken Anfang.

Mein Editor-Traum wird wahr

Ich hätte so gerne eine komplette Stunde im Charakter-Editor versenkt, in dem ich die beiden Geschwister Malakai und Kaela zusammenbaue. So viele Farben und Formen, da jubelt mein Bastlerherz. Und jede Option sieht cool aus, von Make-Up über Narben bis Frisuren! Aber ich bin ja nicht zum Spaß hier, es muss auch noch gespielt werden. Ich verschiebe also ein paar Regler und lege dann die Klasse und Skills meines dynamischen Duos fest.

Aussehen Hier passen wir das Aussehen von Kaela und Malakai an.

Klassen Wir können uns für jeden Helden eine von vier Klassen aussuchen.

Ausrüstung Jede Klasse bringt nochmal mehrere mögliche Ausrüstungs-Sets mit.

An dieser Stelle wäre hilfreich, wenn Dark Envoy mir mehr über die Vorzüge und Schwächen der Klassen erzählen würde. Ich weiß etwa nicht, ob es Sinn ergibt, die beiden Fernkämpfer miteinander zu kombinieren. Vorsichtshalber gehe ich auf Nummer sicher und wähle Nahkampf-Krieger und Pistolenschützin. In einer Demo ist solche Unklarheit gerade noch verzeihbar, aber das muss im fertigen Spiel anders laufen!

Was mich aber gleich wieder milder stimmt: Ich kann zusätzlich zu den Klassen auch noch das Ausrüstungsset wählen, also etwa, ob ich lieber mit zwei Äxten oder einem Schwert und Schild starten will. Später kann ich meine Klasse außerdem spezialisieren, es gibt also mächtig viele mögliche Kombinationen.

Die ersten Risse werden schnell sichtbar

Nachdem ich mich halbwegs im Editor ausgetobt habe, startet Dark Envoy mit einem kurzen Intro aus Standbildern und Voice-Over, das kurz nochmal das Setting umreißt. Menschen sind hier im Zweifelsfall die Bösen, zumindest die, die zum Imperium gehören. Malakai und Kaela sind dagegen in der Wüste aufgewachsen und stehen im Krieg (noch) auf keiner Seite.

Die kurzen Videosequenzen sehen altbacken aus, die Gesichter sind steif animiert und flach. Die gesamte Welt wirkt im Vergleich zu etwa einem Divinity: Original Sin 2 detailliert, aber hier ist natürlich auch ein viel kleineres Budget vorhanden - stellt euch also nicht darauf ein, dass die finale Version viel schöner aussieht.

So nah zoomt Dark Envoy nur in Videosequenzen an unsere Charaktere heran. So nah zoomt Dark Envoy nur in Videosequenzen an unsere Charaktere heran.

Anschließend schickt mich die Demo durch eine Art Tutorial, in dem ich erst nur Malakai steuere und die ersten Kämpfe bestreite. Wie cool sich später die mächtigen Skills anfühlen, kann ich anhand der Demo nicht beurteilen, aber bisher sind die Gefechte spaßig. 

Sobald ich in den Sichtkegel eines Gegners laufe, schaltet das Spiel automatisch in Zeitlupe, damit ich in Ruhe meine Skills malen kann. Mit einem Druck auf die Leertaste läuft dann alles in normalem Tempo weiter, ich kann jederzeit zwischen der taktischen Slow-Motion und Echtzeit hin- und herschalten. So sieht das in einem der ersten Kämpfe der Demo aus:

Dark Envoy: So sieht ein früher Kampf im kommenden Rollenspiel aus 3:37 Dark Envoy: So sieht ein früher Kampf im kommenden Rollenspiel aus

Was ist denn hier los: Keine XP für Kämpfe?

Was mir nach dem ersten Gemetzel mit Wüstenskorpionen sofort auffällt: Besiegte Gegner verschaffen mir keine Erfahrungspunkte. Das ist so ungewohnt, dass ich zuerst an einen Bug in der Demo denke, aber nein! Wenig später erklärt mir das Spiel sein XP-Konzept: Es gibt Erfahrung für erreichte Meilensteine, etwa einen bestimmten Punkt, den ich in der Story erreiche. Nix mit +10 XP pro besiegtem Feind. Und je länger ich darüber nachdenke, desto sinnvoller finde ich das.

Die meisten Spiele belohnen durch Gegner-XP aggressives Vorgehen und bestrafen es, wenn ich einem Kampf aus dem Weg gehe - denn wenn ich meine Feinde umgehauen hätte, hätte ich ja Erfahrung bekommen und mich damit hochgelevelt. In Dark Envoy bin ich in solchen Entscheidungen dagegen frei und so wähle ich bei erster Gelegenheit auch den diplomatischen Pfad, statt mich mit ein paar Wüstenbanditen zu prügeln:

Unsere Entscheidungen beeinflussen die Geschichte, zum Beispiel, wenn wir verhandeln statt schießen. Unsere Entscheidungen beeinflussen die Geschichte, zum Beispiel, wenn wir verhandeln statt schießen.

Die Details bringen mich zum Zweifeln

Bisher klingt das doch alles ziemlich gut - oder? Wie ich ja schon erwähnt habe, lief leider nicht alles so harmonisch zwischen Dark Envoy und mir. Während ich noch die Entscheidungsfreiheit bei den Banditen feiere, verdirbt mir das Voice Acting direkt wieder die Hochstimmung: Für einen brutalen Wüsten-Gangster redet der Kerl nämlich ganz schön hochgestochen britisch (eine deutsche Sprachausgabe gibt's nicht). Und klingt einfach … nicht gut. Ich hoffe, dass das nur Platzhalterstimmen sind, denn wenn sich viele NPCs so sehr nach Laienschauspieler anhören, dann hätte ich lieber gar keine Vertonung.

Die beiden Hauptfiguren klingen zwar besser, aber ihre geschwisterlichen Zankereien wandeln auf dem sehr dünnen Grad zwischen »Charmant« und »Nervtötend«, mit Schlagseite zu letzterem. Ein Gespräch darüber, dass Malakai doch bitte nicht wieder mit dem Hintern auf Skorpione fallen soll, dauert etwa viel zu lange, der Witz hat sich längst abgenutzt und ich möchte am liebsten skippen - obwohl ich bei sowas wirklich geduldig bin und Charaktere immer ausreden lasse.

Gerade bei kleineren Rollenspielen wie Dark Envoy ist mir unheimlich wichtig, dass ich die Charaktere mag - die müssen mich über Einbußen bei Grafikqualität und so weiter hinwegtrösten. Ich mache mir gerade echte Sorgen, ob ich mich mit den vorlauten Geschwistern anfreunden kann.

Bruder und Schwester ziehen gemeinsam durch eine gefährliche Welt - hoffentlich hören sie auf, sich dabei so viel anzuzicken. Bruder und Schwester ziehen gemeinsam durch eine gefährliche Welt - hoffentlich hören sie auf, sich dabei so viel anzuzicken.

Wird es also ein zweites Date zwischen Dark Envoy und mir geben? Ja, doch, ich bin immer noch extrem neugierig auf das Rollenspiel, das irgendwann 2023 erscheinen soll. Die Story könnte richtig spannend werden und der Koop-Modus ist sowieso meine größte Hoffnung bei Dark Envoy. Wenn der gut wird, sollen von mir aus alle Banditen reden wie die Queen! Und falls sich herausstellt, wir passen trotz aller Vorfreude nicht zusammen, erscheinen dieses Jahr zum Glück noch jede Menge andere RPG-Kandidaten:

Wie gefällt euch Dark Envoy bisher? Holt euch das Science-Fantasy-Setting des Rollenspiels ab? Stören euch solche Mängel wie schiefe Vertonung, veraltete Grafik und Dialoge mit einem gewissen Fremdschäm-Faktor? Auf der anderen Seite könnte das Kampf- und Erfahrungssystem richtig erfrischend werden - lasst mich eure Meinung gern in den Kommentaren wissen.

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