Seite 2: Rundenstrategie - Die Rückkehr des Königs

GameStar Plus Logo
Weiter mit GameStar Plus

Wenn dir gute Spiele wichtig sind.

Besondere Reportagen, Analysen und Hintergründe für Rollenspiel-Helden, Hobbygeneräle und Singleplayer-Fans – von Experten, die wissen, was gespielt wird. Deine Vorteile:

Alle Artikel, Videos & Podcasts von GameStar
Frei von Banner- und Video-Werbung
Einfach online kündbar
Inhaltsverzeichnis

Triebfeder Kickstarter

Auch Lennart Sas, Mitbegründer der niederländischen Triumph Studios, ist sich sicher, dass Rundenstrategie wieder im Kommen ist: »Zum einen lassen die Profis die Klassiker wiederaufleben: Civilization, XCOM, Heroes - und wir arbeiten an Age of Wonders 3. Zum anderen ist die Indieszene stärker als je zuvor. Faster Than Light, kurz FTL, ist das beste Beispiel.« Der Rollenspiel-Mix mit Retro-Flair läuft zwar eigentlich in Echtzeit ab, mit der Pause-Taste werden daraus aber rundenbasierte Weltraumgefechte. Anfang 2012 tritt das Spiel auf der Gründerplattform Kickstarter.com mit dem bescheidenen Ziel an, 10.000 Dollar Kapital zu sammeln. Es werden über 200.000.

Stichwort Kickstarter: »Die neuen Finanzierungsmöglichkeiten sind sicher einer der Gründe für die Wiedergeburt. Viele große Publisher sehen Rundenstrategie noch als Nischenthema und scheuen Investitionen. Wir haben Glück: Ein Teil unseres Budgets stammt vom Minecraft-Schöpfer Markus Persson, der ein großer Age of Wonders-Fan ist.« Noch diesen Herbst soll der dritte Teil der Fantasy-Serie erscheinen, die ursprünglich als großer Konkurrent von Heroes of Might & Magic gilt, dann aber in der Echtzeitflut untergeht.

Kommende Runden-Hits: Age of Wonders 3 Trotz hervorragender Kritiken und guter Verkäufe hat Age of Wonders nie den Klassikerstatus von Heroes of Might & Magic und Master of Magic erreicht, denen es nacheifert. Das soll der dritte Teil ändern: Mit starken Rollenspieleinflüssen, einzigartigen Heldenklassen und stark unterschiedlichen Fantasy-Völkern wollen die niederländischen Triumph Studios nicht nur Liebhaber der Originale begeistern.

Battle Worlds: Kronos Battle Worlds: Kronos steht in der Tradition des Blue-Byte-Klassikers Battle Isle und des Gameboy-Hits Advance Wars. Auf Hexfeld-Karten treten Science-Fiction-Armeen zu Knobel-Gefechten mit einem ausgefeilten Kampfsystem an, das Angriff und Bewegung ebenso einfach wie flexibel handhaben soll. Die Macher legen großen Wert auf die Zusammenarbeit mit ihrer Community und sammeln Input aus dem offiziellen Forum und von den Kickstarter-Unterstützern.

Civ 5: Brave New World Das zweite Addon zu Civilization 5 verspricht wesentlich umfangreicher zu werden als die erste Erweiterung und vor allem das Endgame stark zu modifizieren. Zu den Neuerungen gehören Handelsrouten zwischen Städten und Völkern, ein neuer »Kultur-Sieg« mithilfe großer Künstler und Touristen-Attraktionen sowie die Archäologie. Außerdem dürfen sich Fans auf zusätzliche Nationen, Gebäude und Einheiten freuen.

Jan Theysen, Chef des Bremer Studios King Art, pflichtet seinem Kollegen bei: »Wir haben unser Rundenstrategiespiel Battle Worlds: Kronos vor sechs, sieben Jahren diversen Publishern angeboten, aber keiner hat angebissen. Crowdfunding ist unsere Chance, unseren Traum endlich zu verwirklichen.« Ungefähr ein Drittel des geplanten Budgets soll via Kickstarter zusammenkommen, den Rest schießt King Art selbst vor. Ebenfalls wichtig für kleinere Spieleschmieden sind die neuen Vertriebswege via Download.

Lennart Sas: »Nachdem die Rechte an Age of Wonders an uns zurückgefallen sind, haben wir die Originale noch einmal auf Steam veröffentlicht. Das hat uns mehr Gewinn gebracht als der ursprüngliche Box-Release.« Der Civilization-Macher Dennis Shirk stimmt zu: »Die Download-Shops sparen Kosten und erlauben es unabhängigen Teams, auch ohne Publisher-Support ihr Publikum zu finden. Ohne Steam & Co. würden viele Nischentitel gar nicht erst erscheinen.«

Auch Ian McNeil, Entwicklungsdirektor des auf klassische Strategiespiele spezialisierten britischen Studios Slitherine, preist den digitalen Vertrieb. »Wir haben schon früh auf Downloads gesetzt. Bei traditionellen Publishern gibt es so viele Hürden und so viele Leute zufriedenzustellen, dass man die Kontrolle über die Entwicklung verliert. Selbst so etwas Simples wie die Alterseinstufung kann den Release lange verzögern. Auch mit der Bezahlung gab es immer wieder Ärger. Ich kann mich an kein Projekt erinnern, wo wir wirklich alles bekommen haben, was uns versprochen wurde - manchmal sogar gar nichts. Indem unsere Spiele direkt anbieten, verdienen wir nicht nur mehr, sondern behalten auch die Kontrolle über unsere Projekte. Traditionelle Box-Releases betrachten wir inzwischen als Bonus: Unsere Spiele rechnen sich auch so. Wenn wir aus Disk-Verkäufen wir ein paar Euro extra machen können, umso besser.«

Zum sechsten Teil des Fantasy-Klassikers Heroes erscheint demnächst eine Standalone-Erweiterung. Zum sechsten Teil des Fantasy-Klassikers Heroes erscheint demnächst eine Standalone-Erweiterung.

Einen weiteren Faktor für das Hexfeld-Revival macht Jan Theysen aus - Tablets und Smartphones: »Viele jüngere Gamer haben ihre ersten Erfahrungen mit Rundenstrategiespielen auf einem iPad oder Android-Handy gesammelt und dadurch gemerkt, wie viel Spaß die Dinger machen können. Zugbasierte Spiele funktionieren auf den Mobilplattformen einfach besser. Zum einen aufgrund der technischen Einschränkungen, zum anderen, weil sie sich im Gegensatz zu den Echtzeitkonkurrenten viel eher für ein schnelles Match zwischendurch eignen, da man sie jederzeit unterbrechen und später nahtlos weitermachen kann.«

Die Age of Wonders-Crew lobt die App-Macher für ihre Experimentierfreude: »Weil Handy-Projekte weniger aufwendig sind, versuchen sich viele Nachwuchstalente als Programmierer und bringen frische Ideen mit. Neue Marken entstehen. Das tut dem Genre gut«, meint Lennart Sas. Dass der PC dennoch die wichtigste Plattform bleibt, darüber sind sich Theysen, Sas und Shirk einig. Alle drei entwickeln primär für Windows. Shirk: »Ich könnte mir allerdings gut vorstellen, dass die Hardware in Zukunft noch weiter zusammenwächst. Wäre es nicht klasse, wenn man beispielsweise abends seine Civilization-Partie auf dem PC starten könnte, um dann vielleicht in der Mittagspause im Büro auf dem Tablet weiterzumachen?«

Auch für Slitherine sind Tablets ein Zukunftsmarkt: »Windows bringt uns momentan noch den größten Umsatz, aber der Tablet-Markt wächst so schnell, dass er in fünf Jahren schon den PC überrundet haben könnte. Wir wollen 2013 noch 50 Titel veröffentlichen, davon 17 für iOS und Android. Unter anderem stehen Umsetzungen von Panzer Corps, Buzz Aldrin's Space Program Manager und unser Warhammer-40k-Spiel an«, so Ian McNeil.

Trotz schlechter Kritiken war das Mafia-Strategiespiel Omerta: City of Gangsters ein Erfolg – es passte genau in die Marktlücke. Trotz schlechter Kritiken war das Mafia-Strategiespiel Omerta: City of Gangsters ein Erfolg – es passte genau in die Marktlücke.

Einen letzten Grund für das Runden-Revival hat Stefan Marcinek identifiziert, Chef von Kalypso Media: Im überschaubaren Angebot gibt es noch zahlreiche Marktlücken. »Omerta: City of Gangsters war trotz der teilweise durchschnittlichen Kritiken für uns der bisher erfolgreichste Digital-Start in der Geschichte von Kalypso. Ein Erfolgsfaktor war sicher, dass es sonst kaum aktuelle Rundenstrategiespiele gibt, aber auch das Gangster-Setting hat vielen Kunden sehr gut gefallen. Wir prüfen daher derzeit, wie wir die Marke weiterführen«, so Marcinek.

Sprechen die beiden Strategiekategorien überhaupt eindeutig dieselbe Zielgruppe an? Jan Theysen verneint: »Vor einigen Jahren herrschte die Meinung vor, dass Echtzeit quasi die Weiterentwicklung der Runden-Strategie ist. Das stimmt nicht. Auch wenn es Überschneidungen gibt, sind die Spielerfahrungen doch sehr verschieden. Bei Echtzeit-Titeln kommt es viel stärker auf schnelle Reaktionen, Micro-Management und instinktives Handeln an. In Rundenspielen stehen eher langfristige Planung und Nachdenken im Vordergrund.«

Wohl auch aus diesem Grund steht uns kein neuer Verdrängungswettbewerb ins Haus. »Beide Welten haben ihre Daseinsberechtigung«, betont Theysen. Wir meinen: Eingefleischte Hobby-Generäle sollten das Beste beider Universen genießen und alte Rivalitäten begraben. Es bleibt zu hoffen, dass weitere Entwickler den Trend erkennen und uns mit frischem Runden-Futter versorgen. Aber auch, dass das mittlerweile seinerseits arg vernachlässigte Echtzeit-Lager nicht in Vergessenheit gerät und wir weitere Hits vom Schlage eines StarCraft 2: Heart of the Swarm feiern dürfen.

2 von 2


zu den Kommentaren (46)

Kommentare(44)
Kommentar-Regeln von GameStar
Bitte lies unsere Kommentar-Regeln, bevor Du einen Kommentar verfasst.

Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.