Was zur Hölle soll bitte Siralim Ultimate sein? Das habe ich mich gefragt, als ich bei der Recherche für die aktuellen Trends auf Steam über diesen Titel gestolpert bin. Auf den ersten Blick sieht dieses Rollenspiel nach nicht viel aus: Ein typischer Dungeon Crawler mit Pixeloptik im NES-Look und rundenbasierten Kämpfen, sowas erscheint doch gefühlt jede Woche auf Steam. Warum spielen das gerade so viele Leute? Und wie kann sowas 96 Prozent positive Bewertungen auf Steam bekommen?
Vermutlich wegen der Beschreibung. Denn die wirbt mit: Pokémon trifft Diablo. Das klingt nicht ganz unspannend. Auch, wenn ich nicht ganz genau weiß, was sich hinter der Stichwort-Schlacht mit bekannten Spieletiteln verbirgt. Also umgehend mal reingespielt - zur Not kann ich es ja zurückgeben. Gefühlte zwei Minuten später habe ich den Refund-Gedanken aber schon längst verworfen, denn Siralim Ultimate hat mich blitzschnell in seinen Bann gezogen und lässt mich nicht mehr los.
Pokémon extrem
Das Spielprinzip von Siralim Ulimate ist im Grunde genommen simpel: Als eine Art Bestientrainer reist ihr ständig in zufallsgenerierte Dungeons, die von allerhand Monstern bevölkert werden – insgesamt über 1.200 verschiedene Kreaturen, und mit jedem Update kommen neue dazu.
Diese wollen natürlich alle umgenietet werden. Die rundenbasierten Kämpfe laufen quasi wie in JRPGs ab: eure Diener können angreifen, zaubern, verteidigen, provozieren, und, und, und ... . Habt ihr eure Feinde nach allen Regeln der Kunst unangespitzt in den Boden gerammt, gehören sie zu euch. Das heißt, ihr dürft ihr sie in euer ständig wachsenden Heimatbasis beschwören und in eure Sechser-Party aufnehmen. Dazu, müsst ihr sie nicht mal wie in Persona überzeugen oder wie in Pokémon in kleine Plastikbälle zwängen - praktisch!
Der große Clou an der Monster-Sammel-Sache ist aber, dass jeder Begleiter eine passive Fähigkeit mit sich bringt: Habt ihr etwa einen dicken Yeti in euerer Gruppe, friert er jedes Mal zufällige Feinde ein, wenn ihr mit dem Provozieren-Befehl die feindlichen Angriffe auf ihn lenkt. Die Walküren-Schildmaid wiederum heilt all eure angegriffenen Kreaturen um 25 Prozent ihres maximalen Lebens. Kombinieren wir nun den Yeti mit der Walküre entsteht eine mächtige Tank-Kombo.
Und genau darin liegt die Faszination hinter Siralim Ultimate: Ich kann nach belieben Monster miteinander Kombinieren und wie ein Kartendeck anordnen, wodruch sich schier unendliche Möglichkeiten ergeben, was das simple Kampfsystem um eine komplexe Komponente erweitert und ihm Tiefe gibt.
Unendliche Möglichkeiten
Nach rund einer Woche habe ich bereits knapp 30 Stunden in das Spiel gesteckt – und kann einfach nicht mehr aufhören. Denn mit jeder neuen Ebene treffe ich auf neue Monster und somit neue Möglichkeiten, mein Team zu optimieren. Dazu lassen sich auch noch zwei Monster verschmelzen, so dass sie zwei Talente besitzen können – das sind dann schon Zwölf für die ganze Gruppe. Rüstet man sie dann noch mit Waffen aus, kann man auf ganze 18 Talente gelangen. Irgendwann findet ihr auch Relikte, mit denen ihr eure Monster ausrüsten könnt, damit sie nochmal einige Talente erhalten. Wer hier Min-Maxing betreiben will, hat alle Hände voll zu tun.
Aktuell baue ich mein ganzes Team um einen Wespen-Soldaten herum. Dieser verursacht 300 Prozent mehr Schaden bei seinen Angriffen, stirbt aber, nachdem er zuschlägt. Ich habe ihn aber mit einer Art Zombie kombiniert, der ihm das Talent verleiht, nach seinem Ableben fünf weitere Schläge auf zufällige Gegner auszuführen. Als wäre das nicht schon genug, habe ich zudem für meinen Helden die Klasse des Hell Knight gewählt, die nochmal zusätzliche Talente bringt – darunter auch, dass alle Angriffe meiner Kreaturen alle Feinde treffen. So haut mein Wespid in den meisten Fällen schon mit nur einem Angriff jede erdenkliche Feindkombination um.
Würde ich den ganzen Build hier erläutern, könnte ich allein damit zwei weitere Seiten füllen – schließlich kommen ja noch zig andere Talente und Boni dazu. Aber ihr versteht schon, worum es bei Siralim Ultimate geht: Immer wieder neue Combos auszuprobieren, um stets die nächste Dungeon-Ebene erreichen zu können. Um wirklich jedes Monster, jedes Talent und jeden Zauber, auszuprobieren und gegebenenfalls in das eigene Team einzugliedern. Selbst nach dem langweiligen Yeti, der Feinde beim Verspotten einfriert, kann man sein Team in dutzenden verschiedenen Versionen ausrichten.
Kann es zu viel Content geben?
Siralim Ultimate bombardiert euch nicht nur mit Monstern und ihren Kombinationen, sondern auch mit unglaublich vielen weiteren Inhalten, Features und Spielmechaniken. Beim Durchlaufen der Dungeon-Ebenen trefft ihr nämlich auch auf verschiedene Götter, bei denen ihr Ruf verdienen könnt. Sammelt jede Menge Loot ein, findet Portale zu anderen Dimensionen mit noch mehr Beute, trefft Glücksspielsüchtige Gnome, bei denen ihr zu einer Partie Monopoly geladen werdet und trefft vermutlich noch auf eine Reihe weiterer Dinge, die ich noch nicht mal entdeckt habe.
Allein im Menü sind noch so viele Funktionen und Optionen, auf die ich noch keinen Zugriff habe. Selbst nach 30 Stunden und 100 Ebenen bin ich gefühlt noch irgendwo am Anfang. Meine Monster haben um die 1.000 bis 3.000 Lebenspunkte, aber ich habe Screenshots von Spielern gesehen, deren Diener eine halbe Million haben. Es gibt also noch einiges zu tun.
Für alle Ungeduldigen unter euch hat Siralim Ultimate noch ein besonders Schmankerl: Ihr könnt die Laufgeschwindigkeit verdoppeln und überflüssige Animationen überspringen. Also genau das, was wir uns immer von Pokémon gewünscht haben. Auch Truhen und andere Objekte lassen sich automatisch aktivieren und durch den zuschaltbaren Lootfilter im Stil von Path of Exile sehe ich nur noch, wenn ich dabei etwas wirklich Seltenes aufgehoben habe.
Ja, ich kann sogar haargenau einstellen, an welcher Stelle mein Cursor bei jedem Diener stehen soll, damit ich nur noch eine Taste gedrückt halten muss und so die Kämpfe in Windeseile abschließen kann. Bei meiner Wespen-Kombo geht das problemlos, aber auch ausgefallenere Builds lassen sich mit komplexen Makros so automatisieren – alles Teil des Spiels und von Ein-Mann-Entwickler Zack Berthok so angedacht.
Siralim ist daher für mich die ultimative Power-Fantasie: Ich renne durch die Dungeons, loote und levele was geht, und werde mit jeder Minute stärker. Ein Ende gibt es nicht. Ihr könnt quasi unendlich tief in die Dungeons hinabsteigen – bis ihr irgendwann genug habt. Bei mir wird das aber garantiert noch viele Stunden dauern.
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