Das Problem ist so offensichtlich, man kann es eigentlich weder übersehen noch abstreiten.
Im Rundenstrategiespiel Civilization 6 gibt es kleine, namenlose Dörfer, die ihrem Entdecker eine zufällige Belohnung zuschieben: Gold, Forschungspunkte, ein Upgrade. Danach verschwinden die »Goody Huts« (»Geschenkehütten«), wie sie die Community nennt, spurlos. Sie machen Platz für die Zivilisationen, die von den Spielern nun Runde um Runde immer weiter ausgedehnt werden.
Spielmechanisch erfüllen diese »Goody Huts« eine sinnvolle und wichtige Funktion: Sie motivieren dazu, die Weltkarte frühzeitig zu erkunden, und halten durch das zufällig ermittelte »Goody« das sonst immergleiche Early Game des Strategiespiels frisch. Der Wiederspielwert steigt, eine gute Sache. Das Problem allerdings liegt in der Darstellung dieser »Goodie Huts« in der Spielwelt - denn die ist zutiefst rassistisch.
Es ist ein Problem, das viele Spiele mit historischem Szenario betrifft und besonders im auf Effizienz und Zahlenschieberei getrimmten Strategie-Genre immer wieder aufploppt: Expansion und Ausbeutung werden hier immer wieder nahezu kommentar- und kritiklos übernommen, das zwei der vier Grundbestandteile des 4X-Genres heißen mit »eXploit« und »eXterminate« sogar wortwörtlich »ausbeuten« und »ausrotten«. Das weckt wie so manches im Genre ungute Erinnerungen an den Imperialismus der europäischen Kolonialmächte.
Nur ganz selten wird das aber thematisiert, etwa vom Entwickler des faszinierenden Syphilisation:
Andere Spiele ignorieren derlei problematische Teile der Geschichte oder blenden sie aus, etwa Anno 1800, in dessen ansonsten sehr detailgetreuer Darstellung der Vergangenheit die in der Realität praktizierte Sklaverei mit Abwesenheit glänzt. Oftmals existieren dafür nachvollziehbare Gründe, denn welchem Aufbau-Fan würde es schon Spaß machen, zum Menschenhandel gezwungen zu sein statt Rum zu verschiffen?
Doch es gibt eine Möglichkeit, wie Spielspaß und historische Authentizität Hand in Hand gehen können: Ethisches Game Design kann Spiele besser machen, Spieler aufklären und rassistische Darstellungen in Spielen verhindern. Victoria 3 von Paradox Interactive zeigt, wie es besser geht, denn da spielen Sklaven tatsächlich eine wichtige Rolle.
Das Eingeborenendorf als Symbolbild
Die Geschenkedörfer in Civilization 6 haben den immergleichen Look: Hütten mit Strohdächern, kreisförmig angeordnet, eine Feuerstelle in ihrer Mitte. Die Inspiration für diese Darstellung ist nicht frei erfunden, sondern kommt aus der Realgeschichte: afrikanische Rundhausarchitektur. Nicht nur ein historischer Architekturstil des afrikanischen Kontinents, sondern auch ein von Kolonialmächten häufig zitierter Stereotyp, der die vermeintlich »wilde« und »ungebildete« afrikanische Bevölkerung symbolisieren sollte.
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