Der technische Fortschritt hat in den letzten 15 Jahren nicht nur dafür gesorgt, dass offene Welten immer größer und realistischer wurden, sondern auch lebendiger und »echter«. Sam Houser, der Mitbegründer von Rockstar Games, hat bereits in den 1990er-Jahren die Vision, eine offene Spielwelt zu erschaffen, schreibt der Autor David Kushner in seinem Buch »Jacked - The Outlaw Story of Grand Theft Auto«.
Als Jugendlicher ist Houser von »Dungeons and Dragons«, The Legend of Zelda und dem Weltraumspiel Elite begeistert. Als das erste Grand Theft Auto dann 1997 erscheint, bietet es eine lebendige Welt: der Verkehr tobt, Fußgänger schlendern die Gehwege entlang, dazu können die Spieler Autos klauen und in der Stadt entweder Chaos anrichten oder sich an die Regeln halten.
An Telefonzellen holt man sich neue Aufträge, Radiostationen verstärken die Illusion, sich in einer realen Welt zu bewegen - weshalb Rockstar auch so viel Wert auf lizenzierte Musikstücke legt. Bis heute hat sich an dieser klassischen GTA-Formel kaum etwas geändert - nur sieht das erste Grand Theft Auto im Vergleich zu zeitgenössischen 3D-Hits wie Tomb Raider uralt aus.
Kushner schreibt: »1997 hatte ein Computer noch sehr beschränkte Ressourcen, man musste als Entwickler Schwerpunkte setzen. Rockstar entschied sich, die wenigen Ressourcen für die KI und damit die Glaubwürdigkeit der Stadt und weniger für 3D-Grafkspielereien zu nutzen.« Denn die Entwickler ahnen schon früh, dass eine belebte Welt mindestens genauso wichtig ist wie eine technisch beeindruckende.
Und in 3D-Grafik lässt sich diese Vision noch nicht umsetzen, nicht nur wegen der Engine, sondern auch wegen der KI-Routinen: In den 1990ern haben selbst 2D-Spiele Wegfindungsprobleme, wir erinnern uns an Command & Conquer: Tiberian Sun, dessen Entwickler ihren Panzern und Fußsoldaten erst mühsam beibringen müssen, dass sie nicht nur über eine Brücke gehen können, sondern auch drunter hindurch.
Die Navigation Meshes, also die unsichtbaren Gitternetze, die einem NPC dabei helfen, seinen Weg durch komplexe 3D-Umgebungen zu finden, wären damals für eine offene Welt mit Dutzenden Passanten schlichtweg zu komplex. Noch. In den Folgejahren entwickeln sich lebendige Welten deutlich weiter, nicht nur dank GTA, auch Bethesda und Piranha Bytes tragen dazu bei. Welchen Aufwand betreiben Entwickler heutzutage für die Glaubwürdigkeit ihrer virtuellen Kulissen?
Großer Report: So funktioniert Open World
In unserem großen Hintergrund-Report erklären wir, was Open-World-Spiele so reizvoll macht, wie sie entwickelt werden, wie man sie am besten mit Gameplay füllt, und was uns in den offenen Welten der Zukunft erwarten könnte.
Teil 1:Wie offene Welten mit unseren Urinstinkten spielen
Teil 2:Wie groß muss eine Open World sein?
Teil 3:Was offene Welten glaubwürdig macht
Teil 4:Open Worlds und das Story-Dilemma
Teil 5:Sandbox und die Zukunft der Open World
Glaubwürdigkeit ist Trumpf
Diese Glaubwürdigkeit ist für Rockstar bis heute oberstes Gebot. Der Rockstar-North-Präsident Rob Nelson betont uns gegenüber, dass eine Open World stets nachvollziehbar auf die Spieler reagieren müsse. Wer computergesteuerte Charaktere (NPCs) in Red Dead Redemption 2 freundlich grüßt, kann sie vielleicht in ein Gespräch verwickeln. Wer hingegen mit der Flinte in der Hand durch die Gegend stampft, erntet Misstrauen. Oder gar Kugeln, wenn er auf einen reizbaren Passanten stößt.
Auf die Frage, was eine Open World von Rockstar so besonders mache, antwortet Nelson: »Es ist das Gefühl, wirklich an diesem Ort zu sein. Das Gefühl, dass dieser Ort weiterlebt und darauf wartet, dass du zurückkehrst, und dass du dich darin verlierst, sobald du das tust.« Dazu gehöre, dass die Welt sich auch ohne Zutun des Spielers weiterdrehe.
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