So funktioniert Open World, Teil 4 - Open Worlds und das Story-Dilemma

Open World und Story - das beißt sich wie Valve und Half-Life 3. Wann schaffen es offene Welten, spannende Geschichten zu erzählen? Und wann sollten Entwickler lieber auf die Freiheit verzichten?

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Können Open World-Spiele packende Geschichten erzählen, obwohl man ständig von der Welt abgelenkt wird? Das besprechen wir unter anderem mit den Witcher-Entwicklern. Können Open World-Spiele packende Geschichten erzählen, obwohl man ständig von der Welt abgelenkt wird? Das besprechen wir unter anderem mit den Witcher-Entwicklern.

Okay, Zeitreise. Es ist Sonntagmorgen, und ihr wollt auf ProSieben die Folge der »Batman«-Zeichentrickserie sehen, in der sich alle Erzschurken zum Pokerspielen treffen und von ihrem schönsten Mordversuch am dunklen Ritter erzählen. Ihr habt diese Folge zwar schon gesehen, aber der Twist am Ende ist SO GUT - und dann springen eure Eltern hinter dem Türrahmen hervor: Fernseher aus, Sohn oder Tochter, Zeit für den Sonntagsspaziergang!

Und ihr müsst die Schuhe schnüren, um durch Häuserblocks oder Wälder zu laufen, durch die ihr schon tausendmal gelaufen sein, und wo es nichts, einfach überhaupt nichts Neues zu erleben gibt. Ja, okay, die Welt lebt, Herr Unterhuber von nebenan geht mit dem Hund raus, über die Straßen brettern Autos und der Wald sieht wirklich sehr realistisch aus. Aber es gibt nichts zu tun.

Ungefähr so fühlen sich Open Worlds an, wenn sie mit bedeutungslosem Gameplay gefüllt sind: wie dröge Sonntagsspaziergänge. In den letzten Episoden dieser Reportserie haben wir beschrieben, wie die Entwickler offener Welten mit Psychotricks spielen, wie sie die Größe ihrer Welten festzurren und diese Welten mit Leben füllen.

Aber all das ist nur Kulisse für das, was das Medium Spiel ja eigentlich auszeichnet: Interaktivität. Wie also füllt man Welten mit bedeutsamen Aktivitäten? Was macht Aktivitäten überhaupt bedeutsam? Und warum sollten wir ihnen nachgehen, anstatt, sagen wir, eine spannende, lineare »Batman«-Story zu erleben? Weil uns Open Worlds ihre eigenen Geschichten erzählen - und wie das am besten geht, besprechen wir nun mit den Entwicklern von The Witcher 3 & Co.

Großer Report: So funktioniert Open World
In unserem großen Hintergrund-Report erklären wir, was Open-World-Spiele so reizvoll macht, wie sie entwickelt werden, wie man sie am besten mit Gameplay füllt, und was uns in den offenen Welten der Zukunft erwarten könnte.
Teil 1:Wie offene Welten mit unseren Urinstinkten spielen
Teil 2:Wie groß muss eine Open World sein?
Teil 3:Was offene Welten glaubwürdig macht
Teil 4:Open Worlds und das Story-Dilemma
Teil 5:Sandbox und die Zukunft der Open World

Dramaturgie? Ach, geh …

Just Cause - hier der vierte Teil - ist das beste Open-World-Beispiel für Sandbox-Mechanik und »Emergent Storytelling«, das wir im kommenden Teil unserer Reportserie beleuchten. Just Cause - hier der vierte Teil - ist das beste Open-World-Beispiel für Sandbox-Mechanik und »Emergent Storytelling«, das wir im kommenden Teil unserer Reportserie beleuchten.

Grundsätzlich gibt es in einer Open World zwei Arten von Beschäftigungen: diejenigen, die vorgefertigte Geschichten erzählen (also Haupt- und Nebenquests), sowie diejenigen, deren »Geschichte« rein aus Mechanik entsteht. »Emergent Storytelling« heißt das, aber bleiben wir doch vorerst beim klassischen Storytelling, also der geschriebenen Handlung. Die steht häufig in Konflikt mit den eigentlichen Stärken einer Open World: der Freiheit, dorthin zu gehen, wo wir hingehen wollen, und das zu tun, wonach uns gerade der Sinn steht.

Eine Story hingegen soll uns vorantreiben, der nächsten Wendung entgegenfiebern lassen, vielleicht sogar unter Zeitdruck setzen. Kurzum: Spannung erzeugen. Wir dürfen erst zufrieden sein, wenn wir die große Aufgabe erfüllt, die Welt gerettet, den Drachen besiegt haben. Aber wie spannend darf das sein, wenn wir sie jederzeit unterbrechen dürfen, um nachzugucken, ob unter dem Stein da drüben nicht vielleicht ein Schwert mit +3 Frostschaden liegt?

Geralt sucht in The Witcher 3 nach seiner Adoptivtochter Ciri, die von der Wilden Jagd verfolgt wird. Diese Dringlichkeit kommt in der Open World aber nicht rüber. Geralt sucht in The Witcher 3 nach seiner Adoptivtochter Ciri, die von der Wilden Jagd verfolgt wird. Diese Dringlichkeit kommt in der Open World aber nicht rüber.

The Witcher 3 ist dafür das Paradebeispiel: An sich erzählt das Hexer-Abenteuer eine klasse inszenierte Haupthandlung, die Dringlichkeit suggeriert: Ciri, die Adoptivtochter des Helden, ist verschwunden und wird von der Wilden Jagd verfolgt, einer marodierenden Geistertruppe. Schnell, Geralt, finde sie! Aber hey, lass dir Zeit und erforsche schon im Prolog die Scheune da hinten oder tauche im See da drüben - die Open World beißt sich mit der Story-Prämisse, der Zeitdruck verpufft.

Gleiches in Dragon Age: Inquisition - da purzeln Dämonen aus einem Dimensionsriss, den nur der auserwählte Held schließen kann. Doch den schickt Bioware erst mal in die Hinterlande, das größte Gebiet im Spiel, in dem man schon alleine 15 Stunden lang herumgammeln kann. Von der Drachenhandlung von Skyrim fangen wir lieber gar nicht erst an, deren dramaturgischer Gehalt entspricht ohnehin dem des Ü60-Häkelkreises Dortmund-Lütgendortmund. Böse Zungen könnten Bethesda hier Absicht unterstellen, weil die Designer wissen, dass sie sich mit der Hauptstory keine Mühe gegen müssen - die Stars der Bethesda-Spiele sind die Welten selbst.

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