Die Neuerungen: Eher Rück- als Fortschritt
Vielleicht auch deshalb möchte Warlords uns ermutigen, die sicheren Mauern regelmäßig zu verlassen. Auf allen Maps gibt es jetzt als komplett neue Mechanik die namensgebenden Warlords. Das sind anfänglich neutrale KI-Fraktionen, die ihre eigenen kleinen Zonen und Burgen besitzen.
Auch hier werden Stronghold-Veteranen schmunzeln, denn die Warlords hören wie im ersten Serienteil auf tierische Titel wie Das Schwein, Die Maus, Der Drache oder Das Pferd. Wenn wir die Burg eines Warlords erobern, schließt er sich uns an. Je nach Titel können wir danach gewisse Vorteile einfordern und geben dafür Einflusspunkte aus.
Das Schwein kann uns beispielsweise Nahrung liefern, während Das Pferd berittene Krieger abstellt. Das klingt im ersten Moment interessant, entpuppt sich aber als äußerst oberflächliche und schlichtweg überflüssige Neuerung.
Einen Warlord zu erobern stellt uns nie vor eine große Herausforderung und danach klicken wir uns lediglich durch eine Auswahl an Gefälligkeiten. Das fühlt sich mehr nach Einfluss-Basar an als nach Diplomatie. Wir können Einfluss auch ausgeben, um einen Warlord ganz gewaltfrei auf unsere Seite zu ziehen. Doch auch dann klicken wir immer nur auf den +20-Knopf.
Zu allem Überfluss fangen die Warlords irgendwann sogar an mächtig zu nerven. Spätestens dann, wenn die KI alle fünf Minuten einen Warlord diplomatisch unseren Fängen entreißt, den wir aber dann mit ein paar Punkten zurückholen können. So verkommen die Warlords zur reinen Klickorgie. In der Kampagne besteht ihre einzige Existenzberechtigung daraus, dass sie exklusive Waren haben, die wir anders nicht bekommen.
Expandieren dürfen wir nämlich nicht. Wir haben stets nur eine sehr kleine Zone für unsere Burg. Die Ländereien eroberter Warlords vergrößern diesen Bereich nicht. So kommt kaum der kreative Drang auf, eine wirklich große Festung zu errichten und um Ressourcen auf der Karte zu kämpfen.
Darunter leiden dann auch Multiplayer, und Skirmish in denen die Warlords ebenfalls eine Rolle spielen. Allgemein kann man hier aber zumindest festhalten, dass sich die Partien gegen echte Spieler zumindest dahingehend schon lohnen, dass wir uns hier gegen ein (in der Regel) denkendes Lebewesen verteidigen. Das macht die Belagerungsschlachten deutlich aufregender. Und es gilt noch lobend zu erwähnen, dass ihr für die Mehrspielerpartien erfreulich viele Optionen habt, euer Match den eigenen Vorlieben anzupassen. In unserer Probepartie blieb die Verbindung zudem die ganze Zeit über stabil.
Die Kampagne: Eine verschenkte Chance
Überhaupt konzentriert sich Warlords für unseren Geschmack schon fast zu sehr auf die Echtzeitschlachten. Klar, es macht schon Spaß, mit hunderten Einheiten über die Karte zu ziehen, dafür kommen aber Highlights wie Aufbau und die epische Verteidigung unserer eigenen Burg viel zu kurz.
Denn die Entwickler sind offenbar überzeugt, das Stronghold nach Richard Löwenherz und Saladin noch mehr berühmte Feldherren braucht und dachten dann in Asien als erstes an Dschinghis Khan. Blöd nur, dass die Mongolen in erster Linie Steppenreiter waren.
In der Kampagne kommt deshalb mit dem Feldzug des mongolischen Fürsten eine Reihe an Missionen, in denen wir keine Mauern bauen dürfen. In einem Stronghold. Stattdessen schicken wir Reiterei über offenes Feld und greifen andere Burgen an. Das bietet zwar Abwechslung, ofpert dafür aber mit den Verteidigungsschlachten Strongholds größte Stärke.
Das allein würde die Einzelspieler-Kampagne bereits entwerten. Viel zu entwerten gibt es da allerdings ohnehin nicht. Hier liegt mitunter der größte Grund dafür begraben, warum Warlords zwar besser als die meisten Strongholds geraten ist, aber nicht ansatzweise die Qualität des Originals erreicht. Damals gab es nämlich ein sehr unterhaltsame Kampagne mit denkwürdigen Charakteren.
In Warlords spielen wir uns stattdessen durch sechs unspektakulär inszenierte historische Feldzüge, in denen euch die Hintergründe für eine Mission nur knapp in einem Fließtext erklärt werden. Über eure Feinde lernt ihr praktisch nichts und Videonachrichten gibt es nur von eurem eigenen Anführer - die alle zum Gähnen langweilig sind und nie was Unterhaltsames zu sagen haben. Da sehnt man sich richtig nach den schiefen Liedern des Schweins. "Schlagt die Trommeln, blast das Horn." - hach.
Stronghold bleibt daher auch nach Warlords ein Ruinenfeld. Aber immerhin eines, bei dem ein paar Mauern wieder an der richtigen Stelle stehen. Es erinnert in seinen besten Momenten an die Pracht vergangener Tage, kann dieses hohe Ziel jedoch unterm Strich nie erreichen. Es hätte deutlich schlimmer kommen können. Aber eben auch deutlich besser.
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