Trackmania: Spieler fliegt rückwärts ins Ziel und zerstört so ein Mysterium

Jahrelange Arbeit, hunderte Stunden Spielzeit und tausende Versuche: Im Rennspiel Trackmania hat ein Spieler eine unmögliche Abkürzung mit einer faszinierenden Geschichte gemeistert.

Dem Österreicher Rollin gelang in Trackmania Nations ein fast unmöglicher Sprung. Dem Österreicher Rollin gelang in Trackmania Nations ein fast unmöglicher Sprung.

Die Trackmania-Reihe steht seit Jahren für unkomplizierten Arcade-Fahrspaß. Zwar nervte das 2020er Remake von Trackmania Nations zuletzt mit einer merkwürdigen Preispolitik, aber das hindert die Fans der Rennspielserie nicht daran, einfach weiter das Original von 2008 zu spielen.

Und auch 13 Jahre später gibt's in der kleinen Community dieses leicht betagten Spiels immer noch große Überraschungen: Ein Spieler hat mit einem wirklich beeindruckenden Manöver eine Abkürzung genommen, die bei Spielern jahrelang als unmögliches Mysterium galt.

Trackmania-YouTuber Wirtual berichtet über die kuriose Geschichte in seinem aktuellen Video:

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Die Geschichte einer legendären Abkürzung

Teil Eins: Kampf um die Bestzeit

Was ein Speedrunner ist, dürfte jeder inzwischen schon einmal mitbekommen haben: Diese besondere Gattung von Spielern probiert, in Rekordzeiten bestimmte Level oder komplette Spiele durchzuspielen. Dabei entwickeln sie immer wieder neue Techniken, um Spielmechaniken auszuhebeln oder Shortcuts zu finden. Das führt beispielsweise dazu, dass der erste Level von Doom in acht Sekunden beendet oder die komplette Early-Access-Version von Baldur's Gate 3 in sieben Minuten abgeschlossen wird.

Solche Speedrunner gibt es auch in Trackmania Nations, wo sich seit einer gefühlten Ewigkeit eine Handvoll Spieler um die Bestzeit auf der Strecke D07-Race streitet.

So fing alles an: Schon am Release-Tag von Trackmania Nations, dem 16. April 2008, entdeckten Spieler eine erste Abkürzung. Statt über einen sogenannten Engine-Off-Block zu fahren, der den Motor ihres Fahrzeugs bis zum nächsten Checkpoint lahmlegt, fuhren Spieler einfach abseits der Strecke direkt in den Speicherpunkt.

Ein Jahr später wurde diese Technik optimiert, indem man nach einer Fahrt durch die hügelige Streckenumgebung durch einen gezielten Crash in den Checkpoint fliegt und dann seinen Wagen direkt per Tastendruck zurücksetzt.

Statt links über die Strecke zu fahren, geht es nach einer Fahrt durch den Dreck direkt in den Checkpoint.

Diese Technik wurde vom französischen Spieler Epik nahezu perfektioniert, sein Weltrekord aus dem Oktober 2010 hielt über drei Jahre jeglicher Konkurrenz stand.

Teil Zwei: Der Kampf der Deutschen

Im Dezember 2013 entbrannte ein erneutes Duell um den Weltrekord auf D07-Race, zwischen den beiden Deutschen Riolu und Racehans. Ohne den Einsatz neuer Techniken schafften sie es, Epiks Weltrekord um vier Hundertstelsekunden zu unterbieten. Allerding schienen sie nach einem hartumkämpften Monat das Limit des Möglichen erreicht zu haben.

Riolu zog gegen Racehans den Kürzeren und musste sich etwas Neues einfallen lassen. Seine Idee: Den zweiten Engine-Off-Block, der am Streckenende wartet, mit genügend Tempo einfach überspringen.

Die Idee Über diese roten Felder wollen die Spieler springen, um am Ende mit voller Geschwindigkeit ins Ziel zu kommen.

Knappes Scheitern Die Spieler scheitern allerding wochenlang knapp.

Mit dieser Idee experimentierte Riolu mehrere Wochen lang, scheiterte aber immer wieder um wenige Millimeter. Mit einer starken Runde gelang ihm, den Block zu überspringen und so den Weltrekord von Racehans um fast eine Sekunde zu unterbieten. Dieser Rekord hielt erneut für über drei Jahre, bis Racehans im März 2017 zurückkehrte und Riolus Zeit um vier Tausendstelsekunden unterbieten konnte.

Riolu schaffte es nach zahlreichen Veruschen, den Engine-Off-Block im wahrsten Sinne des Wortes zu überspringen. Riolu schaffte es nach zahlreichen Veruschen, den Engine-Off-Block im wahrsten Sinne des Wortes zu überspringen.

Teil Drei: Die unmögliche Abkürzung

Nur wenige Tage nach Racehans' Rekord, am 1. April 2017, veröffentlichte ein weiterer Spieler namens Trevon eine editierte Version der Karte D07-Race. Diese baute Beschleunigungsfelder vor dem letzten Sprung über den Engine-Off-Block ein und sollte zeigen, dass sich hier eine weitere Abkürzung verstecken könnte.

Das ist die Idee: Landet man in Trackmania Nations seitwärts und driftet gleichzetig, macht der Wagen eine sehr scharfe Kurve - einen sogenannten »Bugslide«. Schafft man es, so die Nase des Autos anzuheben und mit der Unterseite die Streckenbegrenzung zu berühren, kann man sich mit einem gezielten Abpraller in die Luft katapultieren. Theoretisch fliegt man also direkt ins Ziel.

Mit einem "Bugslide" ist es möglich, sich durch einen Crash mit der Bande ins Ziel zu katapultieren.

Von der Community wurde diese Methode aber schnell als Aprilscherz abgetan, da es absolut unmöglich schien, diese auf der unveränderten Strecke auch nur annähernd durchzuführen.

Im Jahr 2019 veranstalten Trackmania-Fans ein gemeinsames Event, in dem es darum ging, alle existierenden Weltrekorde in Trackmania Nations zu brechen. Riolu gelang es, Racehans' Bestzeit mit der bekannten Technik zu schlagen.

Gleichzeitig begannen Teile der Fangemeinde, sich tatsächlich an der unmöglichen Abkürzung zu probieren. Die Spieler Drakar und Hefest probierten sich jeweils über 250 Stunden an dem Bugslide-Sprung, doch auch nach tausenden Versuchen gelang es ihnen nicht, bis ins Ziel zu gelangen.

Hefest gab sich im Discord-Chat kämpferisch. Hefest gab sich im Discord-Chat kämpferisch.

Nach über einem Jahr des pausenlosen Versuchens gesellte sich mit dem Österreicher Rollin ein dritter Spieler hinzu: Er meisterte die Technik des Engine-Off-Skips in kürzester Zeit und begann damit, den unmöglichen Sprung zu probieren - bis er es nur wenige Tage später tatsächlich schaffte:

Auf einen Schlag unterbot er mit dieser - bis heute einmaligen - Ausnahmeleistung den alten Weltrekord von Riolu um drei Sekunden.

Ist das nun das Ende der Geschichte? Vermutlich nicht. Zwar war der Bugslide-Abpraller am Ende perfekt, die restlichen Zeiten aber stark verbesserungswürdig. In den Streckenabschnitten vor dem großen Sprung lag Rollin gut 1,5 Sekunden hinter dem alten Weltrekord - es besteht also Potenzial für eine noch bessere Zeit.

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