Seite 4: Tropico 6 im Test - Das größte Tropico – aber auch das beste?

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Viel kann, überraschend wenig muss

Die Vielfalt von Tropico 6 ist eine seiner größten Stärken, zeigt aber auch eine seiner größten Schwächen: Wir haben eine richtig umfangreiche Trickkiste, müssen sie aber selbst auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad überraschend selten vollends ausschöpfen. Es ist letztlich gar nicht so schwer, alle Bürger und Fraktionen bei Laune zu halten. Was unter anderem daran liegt, dass die Parteien ständig banal einfache Forderungen stellen (»Baue ein einzelnes Windkraftwerk«), mit denen wir unseren Ruf hochschrauben können - und die uns recht bald sogar auf den Keks gingen.

Selbst das Kapitalisten-Ultimatum vor der Finanzkrise verlangte nur, ein einziges Offshore-Büro innerhalb von zwei Jahren zu bauen. Und das dürfen wir wie bei allen Fraktionsforderungen danach gleich wieder abreißen! Wer sich zu sehr übernimmt und mehr baut, als seine Industrie an Unterhalt finanzieren kann, kann trotzdem noch böse ins Minus schlittern - und ist der Kontostand erstmal ruiniert, ist neu laden meist einfacher als den Karren noch aus dem Dreck zu ziehen. Aber viel häufiger erlebten wir lange Perioden, in denen unser Staat fast auf Autopilot lief.

Wir haben die Kapitalisten verärgert und sie drohen mit einer Wirtschaftskrise – allerdings lässt sich die leicht abwenden. Wir haben die Kapitalisten verärgert und sie drohen mit einer Wirtschaftskrise – allerdings lässt sich die leicht abwenden.

Schade fanden wir auch, dass Tropico 6 eine der größeren Kürzungen des Vorgängers beibehält: Einzelne Bürger haben weiterhin keine Attribute wie Intelligenz oder Mut mehr, die früher ihr Potenzial unter anderem zum Top-Minister oder wütenden Rebellen beeinflussten. Außerdem sammeln sie auch hier keine Erfahrung mehr in ihrem Job und werden damit nicht über Zeit besser. Es ist also viel weniger relevant als früher, ein Auge auf einzelne Bürger zu halten - und das, obwohl hier jeder einzelne korrekt simuliert wird, was eigentlich viel Potenzial für mehr Bewohner-Interaktion hätte!

Die vielfältigen Staatsgestaltungs-Möglichkeiten von Tropico 6 bleiben trotzdem fantastisch, aber es hätte gern noch etwas fordernder sein können, unseren Traumstaat durchzusetzen.

Missionen statt Kampagne

Auch die Story-Einsätze könnten uns noch mehr abverlangen. Tropico 6 bietet keine zusammenhängende Kampagne, sondern 15 eigenständige Szenarien. Wir müssen immer erst ein paar der früheren spielen, bevor wir den nächsten Dreierblock freischalten, aber wir müssen sie nicht in strikter Reihenfolge absolvieren und können auch welche auslassen.

Tropico 6 - Screenshots ansehen

In jedem Kapitel erzählt El Presidentes Berater Penultimo einen Schwank aus ihren gemeinsamen Abenteuern. Grundlegend sind diese Aufträge angenehm abwechslungsreich, einerseits was das Insel-Design angeht, andererseits in ihren Schwerpunkten. Jede Mission konzentriert sich auf einen anderen Bereich des Spiels. Mal müssen wir etwa ein Touristenparadies aufbauen, mal steht die Forschung im Zentrum. Tropico-typisch würzt jedes Szenario ihre Story außerdem mit einer feinen Prise Satire und Humor, der uns vielleicht nicht lauthals lachen, aber doch immer wieder schmunzeln ließ.

Unser Highlight: Eine Mission, in der wir ein kommunistisches Paradies aufbauen wollen, bis die Forderungen der Genossen aus Russland immer weiter außer Kontrolle geraten. Alle Banken abreißen? Na gut! Dann alle Kirchen? Hm, na wenn ihr meint… und jetzt auch noch alle gehobenen Wohnhäuser, weil da nur Kapitalistenschweine wohnen?

Mehr Anspruch wagen!

Allerdings führt Tropico 6 seine grundlegend tollen Szenarien nur selten weit genug. Die witzigsten Momente finden lediglich in Textfenstern und nicht im eigenen Spiel statt. Sehr viele Aufgaben laufen außerdem auf simple Befehle heraus, ein bestimmtes Gebäude zu bauen oder banale Anforderungen wie eine winzige Menge einer bestimmten Ressource zu erfüllen.

In der letzten Mission müssen wir uns regelmäßig mit Katastrophen wie diesem Tornado herumschlagen. In der letzten Mission müssen wir uns regelmäßig mit Katastrophen wie diesem Tornado herumschlagen.

Auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad fanden wir meist den Start am kniffligsten: Wer sein Anfangsgeld nicht schnell und schlau gewinnbringend investiert, landet grad in den späteren Levels bald in der Schuldenfalle. Rollt der anfängliche Rubel aber mal, klicken wir uns mit dem Geld durch die eigentlichen Missionsziele oft arg lässig durch. Nur wenige waren derart ausgefallen oder anspruchsvoll, dass sie wirklich denkwürdige Momente schufen - da hätte uns Tropico 6 gerne noch mehr abverlangen, noch mehr aufdrehen können!

Würden wir Limbic trotzdem wiederwählen? Ja! Ihr Tropico 6 hat zwar seine Schwächen, ist aber trotzdem ein gelungener und vielfältiger Serienteil mit schönen Neuerungen geworden. Wer ein entspanntes Aufbauspiel mit jeder Menge Gestaltungsfreiheit sucht, der kommt hier auf seine Kosten.

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