Für Lore-Fans des Warcraft-Universums klang Warcraft 3: Reforged eigentlich vielversprechend: Neben einer verbesserten Inszenierung der bekannten Story sollten auch Warcraft 3 und World of Warcraft einander angeglichen werden. Es ist ja immer schön, wenn offene Fragen und Widersprüche geklärt werden. Und was sollte da bei Blizzard schon schiefgehen? Nun, wie wir mittlerweile wissen, eine Menge.
Warcraft 3 Reforged brachte unterm Strich nur einige grafische Verbesserungen und neue Synchronsprecher. Von den Story-Erweiterungen keine Spur mehr. Angeblich auf Druck von Fans. Eine Ausrede? Vielleicht. Aber warum hängen wir überhaupt so am Altbekannten? Befürchten wir, dass neue Autoren die Kreativität der ursprünglichen Entwickler auf dem Altar des Kommerz opfern? Oder gibt es Gründe, die eher in uns selbst zu finden sind?
Abweichungen vom Etablierten, sogenannte Retcons (Retroactive Continuity), sind in den fiktionalen Universen der Popkultur gang und gäbe. Der Begriff Retcon wurde zuerst in Bezug auf Comic-Universen benutzt, aber wird mittlerweile für alle Medien verwendet.
Der Autor
Mario Donick ist studierter Kommunikations-Wissenschaftler und mehrfacher Sachbuchautor. Zuletzt veröffentlichte der Springer-Verlag sein Buch »Die Unschuld der Maschinen«, das erklärt, woher das Vertrauen der Menschen in Technologie wie GPS, Smartphone oder Künstliche Intelligenz kommt. 2020 erscheint sein neues Buch über Dinge, die wir von Computerspielen über unsere Wahrnehmung, die Wirklichkeit und unser Leben darin lernen können. Unter anderem macht uns Hype auf heiß erwartete Spiele blind für mögliche Enttäuschungen. In seiner Freizeit wandert und fliegt Mario gerne durch virtuelle Welten.
Massiv war etwa die Kritik an den Änderungen, die »Star Trek: Discovery« am etablierten Star-Trek-Universum vornahm, wie ein komplett veränderter Look der Klingonen und eine Pilz-basierte Antriebsart für Raumschiffe, die noch nie ein Mensch zuvor gesehen hatte. An der Netflix-Serie »The Witcher« kritisierten manche Zuschauer, dass die Bevölkerung von Städten ethnisch diverser war als diese Kritiker einer mittelalterlichen Fantasywelt zugestehen mochten. Und um das Spiel Total War: Rome 2 tobte 2018 ein Shitstorm, weil angeblich eine historisch unrealistisch große Menge weiblicher Generäle verfügbar war.
Das Gemeinsame dieser Beispiele: Immer wird eine bestimmte Geschichte (ob nun auf realen Grundlagen beruhend oder komplett fiktiv) auf eine bestimmte Art und Weise erzählt, und immer gibt es Fans, die dazu eine komplett andere Meinung haben. Sind diese Fans laut und zahlreich, kann das Produzenten von Spielen, Filmen und Serien durchaus beeinflussen, denn ohne das Versprechen kommerziellen Erfolgs kann man heute kein teures und aufwändiges Produkt mehr schaffen. An Blizzards Begründung für den Story-Rückzieher kann also etwas dran sein.
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