Als ich in Total War: Three Kingdoms jämmerlich versagte, wurde es mein neuer Favorit

Als Total War: Three Kingdoms rauskam, war Fabiano sehr skeptisch. Doch das Spiel konnte sein Herz schnell gewinnen, obwohl er zu Beginn versagte.

In der Rolle von Gongsun Zan habe ich kläglich versagt - und das hat das Spiel erst richtig gut gemacht. In der Rolle von Gongsun Zan habe ich kläglich versagt - und das hat das Spiel erst richtig gut gemacht.

Als Total War: Three Kingdoms erschien, musste es eine hohe Hürde überspringen. Denn das altertümliche China gehörte bis zu diesem Zeitpunkt nicht gerade zu den Settings, die ich mir für den neusten Ableger meiner liebsten Spieleserie gewünscht hätte.

Von dieser Skepsis musste mich das Strategiespiel erst einmal befreien. Und das ist ihm unglaublich schnell gelungen! Three Kingdoms hat mir meisterlich die Augen geöffnet und dafür gesorgt, dass ich diesen Teil bis heute ganz besonders hoch in meinem persönlichen Ranking der besten Total Wars einordne.

Wie es das geschafft hat? Es hat mich zum Aufgeben gezwungen.

Der Ritter von Youbeiping

Total War: Three Kingdoms steckt voller großartiger Kommandanten. Die Fraktionsanführer in diesem Spiel haben zum Teil derart spannende Spezialfähigkeiten, dass keine Runde der davor gleicht. Man nehme etwa den listigen Cao Cao, der einfach andere Fraktionen seine Kriege austragen lassen kann. Oder den klugen Kong Rong, mit dem sich ein echtes Handelsimperium errichten lässt. Ich mag auch den charismatischen Yuan Shao, der zahlreiche Verbündete um sich schart.

Viele große Anführer streiten in Three Kingdoms darum, China unter sich zu vereinen. Viele große Anführer streiten in Three Kingdoms darum, China unter sich zu vereinen.

Mein erster Fehler war, dass ich mich für keinen davon entschieden habe. Meine Wahl fiel auf den eher unscheinbaren Gongsun Zan. Warum? Er wird vom Spiel als Ritter bezeichnet, hat eine starke Kavallerie und startet in einem recht behüteten Bereich. Also weit im Nordosten, sodass es im Grunde nur einen einzigen Weg in seine Kernlande gibt. Das klang wie für mich gemacht.

Kavallerie nutze ich in historischen Total Wars mit brennender Leidenschaft und je weniger Zugänge zu meiner Hauptstadt, umso besser. Ich setze strategisch einfach gern auf eine solide Basis und versuch im besten Fall Kriege an vielen Fronten zu vermeiden. Ach ja, und dass er Der Ritter genannt wird, fand ich einfach cool.

Gongsun Zan ist nicht der mächtigste aller Kommandanten, startet dafür recht behütet. Gongsun Zan ist nicht der mächtigste aller Kommandanten, startet dafür recht behütet.

Eine bittere Niederlage

Eventuell fühlte ich mich sogar ein wenig zu sicher. Schnell gehörte mir die ganze Provinz im Nordosten und ich konzentrierte mich darauf, meine Wirtschaft ein wenig zu stärken. Ich ließ die Lanze fürs erste liegen und baute Häuser statt Kasernen. Das war mein zweiter Fehler. Denn während ich meine winzige Provinz aufpolierte, polierten meine Nachbarn ihre Schwerter. Das hat übrigens auch damit zu tun, dass ich Total War oft nicht so effizient spiele, wie ich sollte.

Im Süden begann sich Liu Yu auszubreiten. Schnappte sich ein paar umliegende Provinzen und schielte wohl auch so langsam Richtung Youbeiping, meine Hauptstadt. Diplomatische Bemühungen verliefen schnell im Sand und ehe ich mich versah, herrschte Krieg zwischen unseren Völkern.

Trotz mächtiger Kavallerie war meine Streitmacht ihrem Gegner nicht gewachsen. Trotz mächtiger Kavallerie war meine Streitmacht ihrem Gegner nicht gewachsen.

Na gut, dachte ich mir. Dann bekommt er meine Klinge zu schmecken! Doch, und das war der dritte Fehler, ich hatte Liu Yu unterschätzt. Mein erster Vorstoß Richtung Süden wurde von zwei Armeen abgefangen, gegen die meine Reiterei nicht den Hauch einer Chance hatte.

Vernichtend wurde die Armee geschlagen und plötzlich stand ich ziemlich dumm da. Keine Armee, das Herz meines Reiches komplett bloß gelegt. Zwar zog ich verzweifelt noch ein paar Truppen in Städten zusammen, doch an einen Sieg war nicht mehr zu denken.

Vom Ritter zum Knecht

Und da sah ich sie kommen: die komplette Vernichtung. Mein Reich war klein, der Feind übermächtig. Es wäre mir ergangen, wie ich es in hunderten Stunden Total War zahlreichen NPC-Fraktionen angedeihen ließ. Ich wäre von der Karte gewischt worden.

Im Normalfall ist bei einem so frühen Scheitern der nächste Handlungsschritt klar: Neuladen, oder gleich eine neue Kampagne starten. Doch bei Three Kingdosm war etwas anders. Ich hatte das Potenzial des neuen Diplomatie-Systems erkannt und das hielt mich davon ab, frustriert aufzugeben. Also entschloss ich mich für einen anderen Weg.

Ich gab mich geschlagen. Ich machte mich lächerlich, flehte Liu Yu an, meine Städte zu verschonen und machte mich zu seinem Vasallen. Die absolute Erniedrigung. Aber nichts anderes hätte einen Frieden herbeigeführt.

Man sollte meinen, dass spätestens hier meine Reise endete. Doch mich Liu Yu versklaven zu lassen, war die beste Entscheidung, die ich hätte fällen können.

Falls ihr mit all diesen chinesischen Namen nichts anfangen könnt, hilft vielleicht eine historische Einordnung:

Total War: Three Kingdoms zeigt die blutigste Epoche Chinas - Das Szenario historisch erklärt Video starten PLUS 11:00 Total War: Three Kingdoms zeigt die blutigste Epoche Chinas - Das Szenario historisch erklärt

Phönix aus der Asche

Es war das erste Mal, dass ich mich in einem Total War derart unterbuttern ließ. Und ich bereue diesen Schritt nicht, denn was folgte, war eine der glorreichsten Auferstehungs-Geschichten, die ich in einem Strategiespiel jemals erlebt habe. Ich war komplett am Boden. Militärisch und wirtschaftlich ausgelaugt und dann auch noch unterjocht.

Doch am Ende, am Ende war ich nicht. Ich nutzte meine nächsten Züge für den Wiederaufbau und gab den treuen Untertan. Doch Three Kingdoms hatte mir eine Waffe gereicht, die ich aus früheren Serienteilen nicht kannte. Ich konnte zum ersten Mal wirklich sinnvoll diplomatisch agieren. Das System von Three Kingdoms lässt so viele Abmachungen und Handel zu, dass damit ganze Kriege vermieden werden können.

Also handelte ich. Ich machte Versprechungen, suchte Bündnisse, verkaufte Anhänger und Items. Ich gab alles, um mich aus dem Vasallentum zu befreien. Und dann war der Moment gekommen. Als meine Armee wieder stand, als Liu Yu mit anderen Fronten abgelenkt war, als niemand mehr Gongsun Zan auf dem Zettel hatte, blies ich zum Angriff.

Damit auch historische Total Wars großartige Geschichten erzählen können, muss die Diplomatie aus Three Kingdoms perfekt repliziert werden. Damit auch historische Total Wars großartige Geschichten erzählen können, muss die Diplomatie aus Three Kingdoms perfekt repliziert werden.

Übers Meer sandte ich eine Armee und griff eine schwach verteidigte Küstenstadt meines Lehnsherrn an. Sie war in Windeseile genommen. Die perplexen Armeen Liu Yus wollten mir entgegeneilen, doch waren von vorherigen Scharmützeln geschwächt. Was folgte, war ein zähes hin und her. Doch am Ende wehte meine Flagge über der Hauptstadt meines ehemaligen Herrn. Und von hier ging es nur noch bergauf, bis zum Kaiserthron.

Das Potenzial von Diplomatie

Für diese Geschichte liebe ich Three Kingdoms. Es mag kein Ableger sein, den ich derart oft spiele wie die drei Warhammer-Teile. Doch immer, wenn ich an die Zukunft von Total War denke, denke ich an diese Geschichte. Weil sie zeigt, wie ein richtiger Gedanke dazu führen kann, dass selbst langjährige Reihen zu komplett neuen Geschichten befähigt werden.

Das Diplomatie-System von Three Kingdoms ist ein Meilenstein und wurde seither nie wieder so gut umgesetzt. Im Ansatz haben es Troy und Warhammer 3 versucht, doch am Ende fehlte in beiden Fällen die Tiefe und die Verlässlichkeit.

Doch wenn Total War nach Warhammer endlich wieder einen rein historischen Ableger hervorholt, dann muss die Diplomatie sitzen. Solche Geschichten sind es, die ein Medieval 3 von einem Warhammer 3 abheben können. Auf dem Schlachtfeld wird das sehr viel schwerer, Medieval 3 kann Drachen und Magie schwerlich toppen.

Doch solche Geschichten, die davor kein Total War zu erzählen wusste, zeigen den Weg in einer durchaus glänzende Zukunft. Und dafür wird es bald mal wieder Zeit. Für historische Total Wars, die mit Geschichten protzen und nicht mit Bombast.

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