Fabriken als Frostschutzmittel
So dauert es keine 30 Minuten, bis die erste Kleinstadt steht und unsere Inselbewohner die nächste Zvilisationsstufe erreichen, was sich wie gewohnt in gestiegenen Ansprüchen äußert. Reichen bei Arbeitern noch Wasser, Biokost und Informationen zum Glücklichsein, fordern Administratoren zusätzlich noch Vitamindrinks, Verjüngungskuren, Sicherheit sowie Neuroimplantate.
Letztere lassen sich bereits nicht mehr in der Startregion herstellen. Also heißt es expandieren, und zwar nicht wie gewohnt auf eine zweite Insel, sondern gleich in ein komplett neues Gebiet. Denn erstmals in der Seriengeschichte dürfen und müssen wir in Anno 2205 mehrere Regionen gleichzeitig besiedeln, die grundlegend andere Herangehensweisen erfordern.
Für die Neuroimplantate benötigen wir etwa das Metall Molybdän, das sich ausschließlich in der neuen Polarzone abbauen lässt. Tarnt sich Anno 2205 zu Partiebeginn in den ersten 30 bis 60 Minuten noch als zwar kurzweiliges, aber anspruchsloses Aufbauspielchen, zieht die Komplexitätsschraube nun ordentlich an.
Denn im ewigen Eis spielt Wärme naturgemäß eine größere Rolle als im gemäßigten Startgebiet, weshalb wir Fabriken nicht mehr feinsäuberlich von Wohngebieten trennen können, sondern sie mitten reinsetzen müssen, damit sie durch ihre Abwärme unsere Polararbeiter vor dem Erfrieren schützen. Was angesichts unterschiedlichster Gebäudegrößen und der grundsätzlich nötigen Straßenanbindung leichter gesagt als getan ist.
Tetris in der Arktis
Spätestens jetzt müssen wir auch geschickt mit den drei Grundressourcen von Anno 2205 jonglieren: Arbeitskraft, Energie und Logistik. Ersteres bekommen wir durch weitere Wohnhäuser, was aber auch den Bedarf an Versorgungsgütern steigert. Zweiteres durch Windräder, Wasser- und Gaskraftwerke oder gar geothermale Turbinen. Letzteres steuern wir durch möglichst kurze Produktionswege oder den Bau von Speditionen.
Ab der zweiten Zivilisationsstufe kommen zudem die neuen Module ins Spiel, die wir an Fabriken und Farmen andocken können, um die Produktion zu steigern, beziehungsweise um Energie-, Arbeitskraft- oder Logistikbedarf zu senken. Gerade die Produktionsmodule gibt's dabei in den unterschiedlichsten Formen und Größen, was vor allem auf den kleinen Arktisinseln die optimale Platzausnutzung zur spaßig-tüfteligen Tetriswissenschaft macht.
Wir müssen außerdem clever priorisieren, weil wir für den Bau von Modulen sogenannte Seltene Ressourcen benötigen, die wir nicht selbst produzieren können, sondern entweder beim Freien Händler kaufen oder durch Bevölkerungswachstum, typische Anno-Nebenquests (liefere dies, suche das) und Kampfmissionen verdienen. Im Gegensatz zu unserer Vorab-Testversion ist dies nun vernünftig ausbalanciert. Vor allem bei Rangaufstiegen gibt's jetzt deutlich mehr Ressoucen, wodurch auch friedliebende Bauherren genauso schnell vorankommen wie Militaristen.
Egal wie wir spielen: Wir haben immer genügend Ressoucen für ein paar wichtige Baumaßnahmen, aber zu wenig, um einfach ohne Sinn und Verstand alles zupflastern zu können. Und dadurch funktioniert das Modulkonzept tatsächlich blendend. Es passt ideal zum größeren Maßstab von Anno 2205, weil wir zwar weniger Betriebe verwalten, diese aber intensiver und regelmäßiger managen müssen.
Handelsroute zum Mond
Nach vier bis sechs Spielstunden kommt mit dem Mond schließlich die dritte Region ins Spiel. Hier dürfen wir zum einen ausschließlich in Kratern bauen und müssen zum anderen sämtliche Gebäude im Einflusskreis von Schutzschilden errichten, um sie vor den regelmäßigen Meteroitenschauern zu bewahren. Selbstredend geht der Unterhalt einer funktionstüchtigen Mondbasis richtig ins Geld. Aber der Aufwand lohnt sich, denn wenn nach rund acht bis zehn Stunden die ersten Fusionsreaktoren stehen, hauen die uns dermaßen die Energiereserven voll, dass wir sämtliche Kraftwerke auf der Erde prinzipiell abreißen und den wertvollen Platz anderweitig nutzen können.
Damit die Fusionsreaktoren aber überhaupt funktionieren, benötigen sie das Wasserstoff-Isotop Deuterium, das wir wiederum nur in der Arktis gewinnen können. Um Strom zu Erde und Arktis und umgekehrt Deuterium zum Mond zu bekommen, müssen wir spätestens jetzt effiziente Handelsrouten planen. Die gibt's mangels Computer-Konkurrenz zwar nicht mehr innerhalb der Inselwelten, sehr wohl aber zwischen den einzelnen Regionen. In unserer Testpartie haben wir weit über 20 Routen angelegt, um letzten Endes sowohl die gemäßigte Zone, als auch Arktis und Mond ausreichend versorgen zu können.
Zwischen Hauptsiedlung, Arktis und Mond wechseln wir per Strategiekarte, auf der wir außerdem die Handelsrouten einrichten und zahlreiche hilfreiche Statistiken wälzen. Das Verwalten und Optimieren von mehreren und dann noch derart unterschiedlichen Regionen hebt das Endlosspiel von Anno 2205 tatsächlich auf eine neue Ebene. Wir herrschen eben nicht mehr wie früher »nur« über eine größere Stadt mit ein paar Inselaußenposten, sondern über ein gigantisches Imperium mit Hundertausenden Angestellten und Hunderten von Produktionsbetrieben. Das fühlt sich richtig gut an, auch wenn die bis zu 20 Sekunden langen Ladezeiten beim Wechsel der Region unsere Allmachtsfantasien regelmäßig ein wenig ausbremsen.
Die Faszination von Silizium
Wer übrigens bei Begriffen wie Molybdän oder Deuterium nur Bahnhof versteht, muss sich nicht grämen. Ging uns anfangs genauso. Aber obwohl die Zukunftsvision von Anno 2205 noch 130 Jahre weiter entfernt liegt als die des Vorgängers Anno 2070, wird sie uns deutlich besser vermittelt. Das liegt zum einen an weniger futuristischen Produktionsketten zu Partiebeginn (etwa Reis zu Biokost oder Orangen zu Vitamindrinks), deren Zusammenhänge von vorbildlichen Menüs und Statistiken glasklar vermittelt werden.
Technik-Check zu Anno 2205: So läuft der Inselbau auf Ihrem PC
Zu anderen trägt aber auch die famose Optik ihren Teil zur Nachvollziehbarkeit von Anno 2205 bei. Jeder einzelne der über 70 Betriebe wurde mit einer derart verschwenderischen Liebe zum Detail animiert, dass allein schon das Zuschauen Spaß macht - dank der optionalen freien Kamera erstmals auch aus wirklich jeder Perspektive sowie mit einem zuschaltbaren, sehr atmosphärischen Tag-Nacht-Wechsel. Und wer 60 Sekunden lang fasziniert darauf starrt, wie gewaltige Baggerraupen schnaufend die Bergwand einer Siliziummine emporkraxeln, der weiß halt irgendwann automatisch, dass man dieses Silizium für die Herstellung von Neuronalen Schaltkreisen benötigt.
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