Dass man nach einer Niederlage immer wieder aufstehen sollte, haben die Entwickler von AO Tennis 2 nach ihrem misslungenen AO International Tennis von 2018 offenbar beherzigt. Aber haben sie auch aus ihren Fehlern gelernt? Zunächst sieht es nicht danach aus. Das erste, was wir in AO Tennis 2 zu sehen bekommen, ist offenbar eine Holzpuppe, der die Gesichtszüge von Tennis-Größen wie Rafael Nadal, Ash Barty oder 254 weiteren Top-Spielern übergezogen werden.
Abermals nicht im Lizenz-Warenkorb gelandet: Roger Federer und Naomi Osaka. Allerdings spielen »fertige« Profis in AO Tennis 2 ohnehin eine eher untergeordnete Rolle, ebenso der gut präsentierte AO-Turnier-Modus oder die Einzel- und Doppel-Begegnungen mit ihren großzügigen Optionen. Nein, das Herzstück des Spiels ist der ungewöhnlich umfassende Karriere-Modus mit seinen Rollenspiel-Elementen.
Getrübter Multiplayer-Spaß: Alle Matcharten können sowohl online als auch im lokalen Netzwerk von bis zu vier Spielern gespielt werden. Anders als im Vorgänger können wir dem Gegner jetzt auch im Splitscreen Bälle um die Ohren schlagen. Bei unserem Test des Online-Koops und -PvPs waren die Server eher spärlich belebt. Custom Matches waren über längere Zeit gar nicht vorhanden, reguläre Begegnungen kamen aber im Schnitt binnen 40 Sekunden zustande. Jedenfalls dann, wenn das Spiel nicht gerade wieder einmal abstürzte - wie allzu oft beim Abrufen der Bestenliste.
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Der (ganze) Alltag eines Tennisprofis
Nachdem wir eine Damen- oder Herren-Karriere ausgewählt haben, entscheiden wir uns für einen der acht Schwierigkeitsgrade, die je nach Einstellung die KI entfesseln. Im selben Menü können wir außerdem die Gewinnbedingungen - etwa die Spiele pro Satz oder die Länge des Tie-Breaks - festlegen. Danach schnappen wir uns im Charakter-Editor entweder einen Star-Spieler oder einen kompletten Nobody, letzteres lässt uns natürlich mehr Freiraum bei der Charaktergestaltung.
Neulinge beginnen bei Stufe 9 (zum Vergleich: Angelique Kerber verfrühstückt Gegner der Stufe 80) und lassen sich optisch so weit anpassen, dass selbst die Nasenfettpolster aufgepumpt werden können. Mit Geduld und Zeit ist es somit möglich, die in AO Tennis 2 gänzlich fehlenden Tennis-Alt-Stars wie Boris Becker oder Martina Navratilova nachzumodellieren.
Nach einem kurzen Gespräch mit dem laberfaselnden Manager geht es dann ans - genau, Managen. Wochenweise verdonnern wir unseren (angehenden) Star entweder zu Trainingsminispielchen oder preisgeldträchtigen Turnierteilnahmen. Beides bringt Stufenaufstiegs- und somit Attributspunkte, mit denen sich Körperkraft, Ausdauer und Reflexe verbessern lassen, wohingegen Schlagtechniken einfach mit Geld aufgewertet werden.
Zu viel versprochen?
Hin und wieder sollten wir unserem Spieler eine Ruhewoche verordnen. Denn ebenfalls im Wochentakt schrumpft sein biologischer Akku, der sich dadurch schonen lässt, dass seine Flug-, Transport- oder Wohnqualität erhöht wird - natürlich gegen Bares. Außerdem lässt sich die Erschöpfung durch die Einstellung von Ernährungsberatern und Sportwissenschaftlern reduzieren, während ein Physiotherapeut die Verletzungsregeneration beschleunigt, und Sponsoren zusätzliche Moneten in die Kasse spülen. Es macht Spaß, all diese Elemente auszuschöpfen, doch echter Managerqualitäten bedarf es dazu nicht.
Ferner geben wir gelegentlich Pressekonferenzen, wo wir je nach Spielleistung auf köstlich barsche Fragen reagieren müssen. Die jeweils vier Antwortmöglichkeiten beeinflussen den Ruf des Spielers, genau wie sein Verhalten auf dem Platz.
Wer seinem Alter Ego den Geist von Serena Williams einhauchen möchte, der sollte jeden Netzschlag des Gegners gehässig mit einem »Daumen hoch« kommentieren. Wer dagegen auf Engelspfaden wandern will, der erkennt gute Schläge des Kontrahenten an.
Das klingt alles ganz toll und irgendwo ist es das auch. Allerdings ist das Entwicklerversprechen, wonach wir unserem Profi eine eigene Identität einhauchen können, etwas zu hoch gegriffen. Persönlichkeit zeigt der Sportler nämlich ausschließlich auf dem Platz - etwa indem er öfter als andere den Schiedsrichter anmoppert (Teufelchen) oder häufig dem Gegner zum verdienten Punktgewinn gratuliert (Engelchen). In Gesprächen und auf Pressekonferenzen bleibt unser Zögling dagegen ein farbloser Nobody.
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