Keine Assassinen, aber zumindest Gegenwartsgeschichte
Aus den Zwischensequenzen der Anspiel-Demo leiten wir zudem ab: Bei den Bösewichten handelt es sich um Kultisten, wahrscheinlich Verschwörer, vielleicht Vorläufer der Templer? Generell verbleiben wir nach fünf Stunden mit Odyssey neugierig, wie viele Verbindungen wir letztlich zu bisherigen Teilen finden werden.
Ja, die mysteriösen Eden-Artefakte sowie die Erste Zivilisation sind wieder mit von der Partie, aber mit Assassinen braucht man über 300 Jahre vor der Ursprungsgeschichte der Bruderschaft in, ähm, Origins nicht mit den Kapuzen-Kletterern zu rechnen. Ganz generell - das verraten uns die Entwickler - sieht man Assassin's Creed vor allem als eine spannende Reise zu einem bestimmten Zeitpunkt der Menschheitsgeschichte, und nicht zwangsläufig als ewig andauernder Konflikt zwischen Abstergo und Assassinen.
Aber zumindest die Gegenwartsgeschichte ist wieder mit von der Partie: Layla Hassan aus Assassin's Creed: Origins kehrt als Desmonds Nachfolgerin zurück, in puncto Umfang soll ihr Part etwas größer ausfallen als im Vorgänger.
Hier werden sich Hardcore-Assassinen-Fans und »Desmond-Gegenwart-Hasser« also wahrscheinlich gleichermaßen aufregen: Keine Assassinen, trotzdem Gegenwart, »worst of all, best of none«? Mitnichten. Wer sich auf die neue Odyssee einlässt, merkt schnell, dass Ubisoft hier fortsetzt, was mit Origins begann: Eine Frischzellenkur für die Serie. Und genau die haben sich die Fans schließlich nach Syndicate gewünscht.
Rollenspiel statt Action-Adventure
Die größte spielmechanische Neuerung findet man nicht in den Seekämpfen, den Landschlachten (ja, ja, da kommen wir noch zu) und auch nicht im Griechenland-Szenario. Nein, ausgerechnet mit der neuen Erzählweise will Ubisoft aus Assassin's Creed ein waschechtes Rollenspiel machen. Denn erstmals in der Serie können Quests unterschiedliche Enden haben.
Ohne zu viel zu spoilern: In unserer Demo waren wir auf den Inseln Delos und Mykonos unterwegs, um für lokale Rebellen einen Despoten zu Fall zu bringen. Wie in Far Cry 4 entscheiden wir selbst, welchem der beiden Rebellenanführer wir helfen: Einem aufbrausenden Freiheitskämpfer oder einer kalkulierenden Taktikerin. Und je nachdem, welche Quests wir auf Mykonos erledigen und welche Antworten wir in den interaktiven Gesprächen wählen, endet diese Story unterschiedlich.
Option A: Beide Rebellenführer überleben. Option B: Einer bringt sich um. Option C: Der andere will uns umbringen (weshalb wir ihn vorher umbringen). Option D: Einer wird vergiftet. Option E: Beide sterben. Selbst die Nebenquests haben Auswirkungen auf die Geschehnisse der Hauptgeschichte.
Denn nur in einem Mini-Auftrag, den wir für Sokrates (!) erledigen, retten Alexios und Kassandra einen Rebellenfanatiker. Und wer nach erledigter Tat einfach von dannen zieht, statt den Dialogen dieses Spinners zu lauschen, weiht damit einen der beiden Rebellenanführer unwissentlich dem Tod. Alternativ können wir den Fanatiker auch einfach direkt im Lager ausschalten, dann gibt's abseits von Sokrates' Zweifel keinen Stress. Und Sokrates zweifelt schließlich ohnehin immer, der alte Philosoph.
Warum soll man sich Mühe machen?
Wer überhaupt keine Lust auf das Rebellen-Gerangel auf Delos und Mykonos hat, kann Teile der Hauptstory auch getrost ignorieren. Der böse Despot hausiert nämlich jederzeit in seiner Villa und ist abseits der Quests für uns erreichbar. Klar, ihn bewachen extrem starke Gardisten und er selbst ist uns im Level haushoch überlegen. Aber wer emsig die Welt erkundet, Erfahrung und Bewaffnung sammelt und Alexios/Kassandra aufrüstet, kann den Kerl theoretisch einfach umnieten.
Mit dieser Modularität geht Ubisoft in puncto Story ein Risiko ein: Wir rechnen damit, dass die Handlung von Assassin's Creed: Odyssey sehr kleinteilig erzählt wird, die einzelnen Inseln recht separate Geschichten bieten und wir eben Verschwörer für Verschwörer um die Ecke bringen. Auf Mykonos und Delos können wir zum Beispiel auch romantische Beziehungen eingehen, allerdings verbleiben alle potenziellen Partner nach Abschluss der örtlichen Quests hinter uns.
Unter so einer Zersplitterung könnte das große Ganze leiden, zumal Alexios und Kassandra im Vergleich zu Ezio oder Bayek eher wie Füllbecken für unsere Entscheidungen wirken - und weniger wie spannende Charaktere. Da bietet der Hexer in The Witcher 3 deutlich interessantere Ecken und Kanten. Aber zumindest sorgen die Entscheidungsmöglichkeiten für ein wunderbar dynamisches Spielgefühl.
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