Shooter-Fans können sich freuen
Sobald wir unser Arsenal an Waffen, Fähigkeiten und Perks aufgestockt haben, können wir auch direkte Konfrontationen wagen. Neue Schießeisen wie wuchtige Schrotflinten, langsame Gewehre oder schnelle Maschinenpistolen findet ihr im Level oder nehmt sie Gegnern ab. Die selbstgefälligen Visionäre schmücken sich natürlich mit besonders ausgefallenen Knarren.
Die sind nicht nur mitunter mit pinkem Glitzer bestreut, sondern bringen durch die höhere Seltenheitsstufe auch besondere Eigenschaften mit. Manche laden schnell nach, andere feuern mit einem Affenzahn, und für ein besonders seltenes Exemplar beschaffen wir erst in einem Fallenparkour fünf Batterien, um eine Tür zu öffnen. Dahinter warten zwei Pistolen, die sich auf Wunsch in ein dickes Sturmgewehr verwandeln. Schick!
Trotzdem vermissen wir etwas exotischere Bleispritzen wie die Schaumkanone aus Prey, mit der sich sogar Treppen bauen ließen. Die hätte wunderbar in die vertikalen Areale von Deathloop gepasst. Dennoch überrascht es uns als Shooter positiv und in dem Genre ist höchste Zeit für frischen Wind:
Die Schießeisen liegen alle gut in der Hand und erinnern uns über den deutlich spürbaren Rückstoß und klares Trefferfeedback daran, dass wir nicht nur mit Pappknarren herumwedeln. Gerade mit Schnellfeuerwaffen zielt es sich allerdings anfangs etwas ungenau. Hier schaffen aber Waffenperks Abhilfe. Die bringen auch coolere Effekte als ein gutes Auge für Kopfschüsse mit: Wir laden zum Beispiel Kugeln mit Blitzen auf und rösten Gegner gut durch.
Auch Colt selbst darf vier Perks ausrüsten. Mit enormer Wirkung: Unsere Fähigkeitenleiste lädt sich zum Beispiel in Windeseile selbst wieder auf, unsere Gesundheit steigert sich enorm, wir schleichen lautloser oder springen doppelt so hoch. Sämtliche Boni lassen sich per Residium langfristig behalten, sodass ihr einen richtigen Schleich- oder Haudrauf-Build planen könnt.
Kein Platz für Frust - und Grips
Das Highlight bilden aber natürlich die Kräfte, die man zum Teil schon aus Dishonored kennt - zum Beispiel den Teleport. Ihr nehmt sie Visionären ab, wenn ihr sie tötet und werdet für jedes weitere erfolgreiche Attentat mit Verbesserungen für den Skill belohnt.
Alle fühlen sich gleichwertig an und fördern kreative Lösungsstrategien: Per Karnesie schleudert ihr beispielsweise Feinde durch die Luft, während ihr sie über Nexus verkettet. Was einem geschieht, widerfährt dann allen anderen genauso. Limitiert wird die mächtige Magie durch eine Leiste, die sich parallel leert und von selbst wieder füllt. Insgesamt kann Colt so zwei Fähigkeiten gleichzeitig auslösen.
Deathloop lädt damit an jeder Ecke zum Experimentieren ein. Die Loops motivieren ungemein, weil sich immer neue Möglichkeiten und Wege auftun, die Herausforderungen zu meistern. Selbst nach 30 Stunden entdecken wir noch regelmäßig Neues.
Dass wir so viel dazulernen, hat aber auch einen Haken: Die Gegner werden automatisch immer dümmer für uns. Während uns anfangs Gruppen noch gerne überrennen, tricksen wir sie später mühelos aus, feuern in die Menge, verstecken uns irgendwo unsichtbar und erledigen dann den Rest. Der vergisst Colt schnell und ignoriert zum Teil sogar, wenn drei Schritte weiter jemand von hinten erdolcht wird.
Eigentlich eine Stealth-Sünde. Wie das Schleich-Genre überhaupt entstand und was seine großen Tugenden sind, lest ihr in unserem Report:
Arkane will offenbar um jeden Preis Frust vermeiden. Freies Speichern wie in Dishonored oder Hitman ist nicht möglich, also darf Colt sich zweimal wiederbeleben und die KI nicht zu clever sein, Kräfte laden sich auf, und Leichen verschwinden einfach. Vermutlich auch, weil Shooter-Spieler abseits der Action nicht ständig tote Körper hin- und herschleppen wollen.
Mehr verlangt uns da schon Julianna ab, die einmal pro Loop in unser Spiel eindringt, sich als harmloses Kanonenfutter tarnt und dann plötzlich Gegnerhorden auf uns jagt oder uns selbst aufs Korn nimmt. Das sorgt für frischen Wind - egal ob die KI angreift oder ein anderer Spieler, weil wir plötzlich reagieren und umdenken müssen. Trotzdem fehlt insgesamt ein einstellbarer Schwierigkeitsgrad wie bei Prey, mit dem sich das Spielerlebnis individuell knackiger gestalten ließe.
Deathloop im Multiplayer spielen
Ihr könnt wie bei Dark Souls im PvP andere Spieler besuchen und ihnen das Leben schwer machen. Nach etwa drei Stunden dürft ihr dafür das erste Mal Julianna auswählen und ihre Fähigkeiten nutzen. Als Juliana nehmt ihr andere Gestalten an und setzt das gleiche Arsenal wie Colt ein - nur gegen ihn. Allerdings habt ihr lediglich ein Leben; werdet ihr getötet, ist die Chance für diesen Loop dahin. Das sorgt für einen enttäuschenden Beigeschmack: Der Aufwand ist einfach zu groß. Hat man ein offenes Spiel mit passenden Kriterien gefunden und schlüpft rein, ist der Spaß meist schon nach wenigen Minuten vorbei.
Eine erfolgreiche Julianna wird immerhin mit neuen Waffen, Perks und Skills entlohnt. Ihr könnt euch aber auch entscheiden zusammenzuarbeiten. Dann müsst ihr nur darauf gefasst sein, dass euch der andere jederzeit in den Rücken fallen kann - oder ihr werdet selbst zum heimtückischen Verräter.
Abgesehen vom im Spielverlauf sinkenden Anspruch, leistet sich Deathloop aber keine großen Schnitzer. Im Gegenteil: Die Spielmechanik zieht uns mit solcher Brillanz immer wieder in den Loop, dass wir den Shooter auch nach dem Durchspielen gleich wieder starten wollen. Aber im Gegensatz zu Prey und Dishonored sitzt Deathloop ein wenig zwischen den Stühlen: Ein grandioses Schleichspiel mit viel Fokus auf Erkunden trifft auf flotte Shooter-Action samt Loot-System und einen Multiplayer, der ein wenig wie ein angenähter dritter Arm wirkt.
Das fühlt sich nicht immer an wie aus einem Guss und zeigt sich über Kompromisse beim Stealth oder der KI. Wenn alles ineinandergreift und wir den perfekten Loop durchlaufen, fühlt sich Deathloop aber trotzdem kurz wie ein Meisterwerk an.
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