Kampfsystem und Gegner
Ein Highligt in Fallout 3 sind die flexiblen und gut zu beherrschenden Kämpfe. Entweder schießen Sie (bevorzugt aus der Ego-, optional auch aus der Schulterperspektive) wie in einem Shooter in Echtzeit per linker Maustaste auf den Gegner. Fallout-typischer werden die Scharmützel allerdings erst im V.A.T.S.-Modus. Ein schneller Tastendruck friert die Spielsituation ein; nun bekommen Sie den ausgewählten Gegner in Großaufnahme herangezoomt und seine Trefferzonen (also in den meisten Fällen Arme, Beine, Kopf und Rumpf) präsentiert.
Prozentzahlen geben an, wie groß Ihre Chance ist, mit der grade ausgewählten Waffe aus dem jetzigen Winkel die entsprechende Körperpartie zu verletzen. Hört sich kompliziert an, funktioniert aber wie aus einem Guss, ist komplett nachvollziehbar und eröffnet zusätzlich zum Nervenkitzel klar einsetzbare taktische Möglichkeiten - ein Fest für Rollenspieler. Eher actionorientierte Spieler müssen an dieser Stelle zwar nicht abschalten, aber mit dem nicht hundertprozentig präzisem Zielsystem der Echtzeit-Variante leben. Ihnen sei dringend geraten: Einfach mal das V.A.T.S. ausprobieren, sich von der atemberaubenden Inszenierung der Zeitlupenkämpfe (grade bei kritischen Treffern) begeistern zu lassen und danach höchstens noch verstrahlte Kakerlaken in Echtzeit zu zertreten.
Grafik und Sound
Ein konsequent durchgehaltener Grafikstil rundet den überzeugenden Auftritts dieses Rollenspiels ab. Zugegeben: Fallout 3 kann sich technisch nicht mit Grafiküberfliegern wie Crysis messen. Die Texturauflösung wird Grafikfetischisten genauso wenig zufrieden stellen wie die teils ungelenken Animationen der Spielfigur in der Außenperspektive. Am schmerzlichsten vermissen wir Staubwirbel, herumrollendes Dornengestrüpp und ähnliche Spielereien in den weitläufigen Arealen, die hervorragend zu den hochklassigen Wind- und Atmo-Effekten gepasst hätten - ein schon gröberer Schnitzer. Zumal wir an einigen der eher tristen und sich wiederholenden Innenschauplätze auf tanzende Staubflocken und Verwirbelungen gestoßen sind.
Aber der Entwickler Bethesda hat seine Vision einer Trümmerwüste nach dem schrecklichsten aller denkbaren Kriegsszenarien insgesamt überzeugend gestaltet: Die Lichtstimmungen in den Tag- und Nachtzyklen geben Raum für Schönheit inmitten der maximalen Zerstörung, die gesamte postapokalyptische Welt wirkt stimmig.
Das Ganze wird von dem einzigartigen Fallout-Stil abgerundet, einer Persiflage auf die 50er-Jahre in den USA. Alle Alltagsgegenstände, Plakate, Kleidung im Spiel bis hin zu den Ladebildschirmen (wegen der kurzen Ladezeiten kaum zu sehen) bis hin zu den Menüs sind in diesem poppigen Zitatstil gehalten. Die Entwickler haben auch hier den Stil der Fallout-Klassiker treffend eingefangen, und damit die Naivität dieses Zeitabschnitts gegenüber Atomwaffen - älteren Semestern noch gegenwärtig durch die legendären »Duck & Cover«-Spots, die in Kinos und Schulen propagierten, die Bevölkerung könne sich durch einfaches Kauern unter die Schulbank oder den Esstisch effektiv gegen die Wirkung von Atomwaffen schützen.
Fallout 3 entführt uns in eine Welt, in der genau diese Vogel-Strauss-Taktik schiefgelaufen ist. Und inszeniert diese Wüste des menschlichen Versagens als ebenso dramatisches wie ironisches Rollenspielspektakel. Für die einen große Spielekunst, für die anderen in jedem Fall sehr gute Unterhaltung.
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