Final Fantasy 16 gespielt: Wie gut klappt der Wandel zum düsteren Action-RPG?

Gewagter Spagat zwischen Tradition und Moderne: Kurz vor dem PS5-Release durften wir drei Stunden den Rollenspiel-Blockbuster ausprobieren und mit den Entwicklern sprechen.

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Naoki Yoshida, auch bekannt als »Yoshi-P« ist sich bewusst, dass das Feld der actionlastigen Fantasy-Spiele im Frühsommer 2023 ein hart umkämpftes ist:

Spielt The Legend of Zelda: Tears of the Kingdom, sobald es da ist! Es wird ohne Frage ein ganz wunderbares Spiel werden. Am 22. Juni solltet ihr damit aber besser wirklich fertig sein!« sagt er zur Begrüßung beim Anspielevent des Publishers Square Enix. Denn am 22. Juni 2023 erscheint Final Fantasy 16.

Der Mann weiß, wovon er spricht – denn nicht nur ist er bereits seit 30 Jahren in der Spielebranche aktiv, auch hat er seit dem 2010er Final Fantasy 14 seinen Finger direkt am Entwicklungspuls der legendären Rollenspiel-Serie. Die optimale Person also, uns den neuesten Teil der Reihe vorzustellen, zusammen mit Art Director Hiroshi Minagawa und Localization Director Michael-Christopher Koji Fox.

Das schwere Erbe der Rollenspiel-Serie

Kleine Brötchen zu backen, das ist mit einem Namen wie »Final Fantasy« scheinbar nicht mehr möglich. Und so beginnt der neueste Teil auch direkt mal mit so viel Bombast, wie es nur geht: Ein riesiger Phönix liefert sich einen atemlosen Kampf gegen eine noch riesigere Feuerkreatur, der Fernseher ist kaum in der Lage, all die Explosionen und herumfliegenden Trümmerteile ins Bild zu kriegen, während im Hintergrund die epische Musik weiter und weiter aufdreht.

Final Fantasy 16: Im Gameplay-Trailer lassen es die bildschirmfüllenden Eikons mächtig krachen. Video starten 2:59 Final Fantasy 16: Im Gameplay-Trailer lassen es die bildschirmfüllenden Eikons mächtig krachen.

Erinnert ihr euch noch an den Kampf von Gandalf gegen den Balrog, als sich die beiden im Einstieg des Films »Der Herr der Ringe: Die zwei Türme« im freien Fall absolut gar nichts geschenkt haben? So ähnlich ist das hier auch, nur eben mit einer Extraschippe Final Fantasy.

Die Reihe, die im Dezember 1987 ganz bescheiden auf dem japanischen Famicom ihren Anfang nahm, ist mittlerweile eine der verlässlichsten Konstanten der Spielebranche: Jeder kennt den Namen, jeder ist zumindest grob mit dem Konzept vertraut. Das supersimple, aber zutiefst ikonische »Prelude« von Nobuo Uematsu kennt man selbst, wenn man mit Videospielen gar nichts zu tun hat - es wurde in Japan unter anderem in einer Toyota-Werbung verwendet.

Kurz gesagt: Final Fantasy ist Kult, die Erwartungen der Fans an einen neuen Teil sind entsprechend monumental hoch. Und damit wiegt die Verantwortung, ebendiese Erwartungen würdig zu erfüllen, schwer auf den Schultern der Entwickler. Kein Wunder also, dass Final Fantasy 16 seit etwa sieben Jahren in Arbeit ist – auch wenn in den ersten beiden Jahren laut Naoki Yoshida nur etwa drei Personen an dem Projekt und seinem grundsätzlichen Konzept saßen.

Das Kampfsystem: ein schöner Streitpunkt

Von dem pixeligen, rundenkampfbasierten Fokus der Serienanfänge hat sich Final Fantasy schon lange verabschiedet. Mit jedem Teil wurde die Grafik aufwändiger und das Kampfsystem vielfältiger. Mittlerweile sind wir voll in der Welt der Echtzeitgefechte angekommen, in der nicht nur das Gekloppe an sich wichtig ist, sondern auch, wie gut man dabei aussieht.

Final Fantasy ist noch nicht ganz in den Actionkracher-Gefilden eines Devil May Cry angekommen, aber die grundsätzliche Richtung ist unverkennbar. Was wohl vor allem Ryota Suzuki zu verdanken sein dürfte, der viele Jahre bei Capcom unter anderem mit Devil May Cry beschäftigt war, und seit 2019 bei Square-Enix als »Battle Director« angestellt ist.

Moderne trifft auf Tradtion: So actionreich wie noch nie verhaut Clive in Echtzeit das klassische Final-Fantasy-Monster Morbol. Moderne trifft auf Tradtion: So actionreich wie noch nie verhaut Clive in Echtzeit das klassische Final-Fantasy-Monster Morbol.

Die Konsequenz daraus sind Kämpfe, die vor allem erstmal exzellent choreographiert aussehen: Egal, ob ich mit dem Schwert auf meine Gegner einhämmere, ihnen eine gut gezielte Portion Feuermagie entgegen schmeiße, ihre Attacken elegant pariere oder einen Knöpfchendrück-Reaktionstest meistere, woraufhin ein »Filmischer Angriff« oder »Filmisches Ausweichen« folgt - das sieht immer verdammt gut aus, ist voller Effekte und natürlich Massen an Punktezählern.

Das darf natürlich nicht so missverstanden werden, dass die Auseinandersetzungen quasi von allein ablaufen würden. Es steckt schon noch jede Menge Finesse in den Kämpfen,  nicht ohne Grund wartet zu Spielbeginn ein umfangreiches (und optionales) Tutorial. Aber Final Fantasy 16 geht deutlich actionreicher ab als je zuvor,  und das kann alte Fans durchaus vor den Kopf stoßen.

Das Szenario:  ein japanisches Witcher-Mittelalter

Die dürften dann vom allgemeinen Szenario wieder abgeholt werden. Denn nach dem eher modern gehaltenen Vorgänger betont Final Fantasy 16 mal wieder vor allem den »Fantasy«-Teil seines Namens. Oder das, was sich Japaner so im Allgemeinen unter Fantasy vorstellen, wie die Herren Yoshida und Minagawa im Gespräch kichernd zugeben.

Alles wirkt irgendwie europäisch und mittelalterlich, was aber auch kein Wunder ist. Denn die Entwickler haben über die Jahre viele europäische Städte und historische Stätten besucht und dabei die Lungen und Notizbücher mit Inspiration vollgesogen.

Die Entwickler haben sich beim Design der Szenarien stark vom europäischen Mittelalter inspirieren lassen. Die Entwickler haben sich beim Design der Szenarien stark vom europäischen Mittelalter inspirieren lassen.

Das Land, in dem ihr dieses Mal unterwegs sein werdet, nennt sich »Valisthea«, das unter anderem das »Großherzogtum Rosaria« beherbergt, in dem Königssohn Clive Rosfield aufwächst – der Held von Final Fantasy 16.

Er ist umgeben von seinem Bruder Joshua, seiner Stiefschwester Jill, seinem Vater, dem milden König, seiner Mutter, der biestigen Königin, und noch vielen anderen Gestalten, die im Laufe der umfangreichen Kampagne mal mehr, mal weniger bedeutende Rollen spielen.

Das ist insofern wichtig, als dass sich Final Fantasy 16 über mehrere Zeitperioden erstreckt: Anfangs ist Clive ein Teenager, seine Geschwister Kinder und sein Hund »Torgal« ein Welpe. Einen Zeitsprung (und viele Spielstunden) später wird der erwachsene und deutlich wuschelhaarigere Clive von einer ausgewachsenen Jill sowie einem wesentlich größeren und ebenfalls hervorragend mitkämpfenden Knuddelhund umgeben. Und selbstverständlich gibt es in guter alter Serientradition wieder einen guten Freund und Begleiter namens Cid, der jetzt allerdings vollständig »Cidolfus Telamon« heißt.

Final Fantasy 16 spielt über mehrere Zeitzonen hinweg: Hier sind Joshua und Jill noch Kinder, später fast schon erwachsen. Final Fantasy 16 spielt über mehrere Zeitzonen hinweg: Hier sind Joshua und Jill noch Kinder, später fast schon erwachsen.

Diese Truppe legt sich wie üblich gleich mit diversen Obergegnern an, allen voran der bösen Magierin Benedikta Harman. Die ist, wie alle Hauptfiguren des Spiels, eine sogenannt »Dominante«, also auf mysteriöse Weise mit »Eikons« verbunden: Monströse Elementarwesen, in die sich einzelne Personen zu bestimmten (in aller Regel vom Spiel vorgeschriebenen) Punkten verwandeln können.

Früher kannte man diese Beschwörungen als »Phantom Beats« oder »Esper«, mittlerweile heißen sie »Eikons«. Aber das Prinzip bleibt gleich und resultiert in zum Teil gigantischen Bestien, die den Elementen zugeordnet sind und deren Namen mit der Serien vertrauten Spielern etwas sagen dürften: »Ifrit«, »Shiva«, »Ramuh« oder »Bahamut« gehören schon sehr lange zum Final-Fantasy-Inventar.

Jede Hauptfigur kann sich in ein Eikon verwandeln: gigantische Bestien, die den Elementen folgen und spektakulär aussehen. Jede Hauptfigur kann sich in ein Eikon verwandeln: gigantische Bestien, die den Elementen folgen und spektakulär aussehen.

Nur dass man sie jetzt nicht einfach zu Hilfe ruft und sich an schönen Kampfanimationen erfreut, sondern sich selbst in sie verwandelt und dann höchstpersönlich mit absurden Mengen an Feuer, Wasser oder Blitzen um sich wirft. Der vorhin beschriebene Einstiegskampf zum Beispiel, das war so ein Gefecht zwischen zwei Eikons. Der im späteren Spielverlauf dann übrigens nochmal ausgetragen wird, nur wesentlich umfang- und effektreicher.

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