Wieso wollen manche Hogwarts Legacy boykottieren? Wir fassen die Kontroverse zusammen

Die transfeindlichen Aussagen von J.K. Rowling sind mittlerweile weithin bekannt. Das sind aber nicht die einzigen Vorwürfe gegenüber Hogwarts Legacy.

Hogwarts Legacy ist aktuell das meistgewünschte Spiel auf Steam – gleichzeitig aber vermutlich auch der meistdiskutierte Titel, zum großen Teil aufgrund J.K. Rowlings transfeindlichen Aussagen. Hogwarts Legacy hat aber auch mit einigen anderen Vorwürfen zu kämpfen, die ganz unterschiedliche Gründe haben. Wir fassen zusammen.

Inhaltsverzeichnis: 

Wie wir als GameStar mit dem Thema Hogwarts Legacy umgehen und was das für unsere Berichterstattung bedeutet, erklärt Chefredakteur Heiko in seinem Artikel.

J.K. Rowlings transfeindliche Aussagen und Handlungen

Seit einigen Jahren macht die Autorin der Harry-Potter-Bücher mit kontroversen Aussagen Schlagzeilen. So likte sie bereits 2018 den Tweet eines transfeindlichen Aktivisten, der trans Frauen als Männer in Kleidern bezeichnete.

Im Jahr 2020 machte sie sich über einen Artikel lustig, der von Menschen, die menstruieren spricht. Ich bin mir sicher, da war mal ein Wort für diese Leute. Hilft mir jemand. Wumben? Wimpund? Woomud? Dabei will sie offensichtlich auf Frauen (engl. Women) hinaus. 

In einem weiteren Tweet behauptet die Autorin, ohne Geschlecht gäbe es keine gleichgeschlechtliche Anziehung und die Lebensrealitäten von Frauen wären weltweit ausgelöscht. Erst im Dezember 2022 machte sie sich erneut auf sich aufmerksam, als die YouTuberin Jessie Earl auf Twitter schrieb, die Unterstützung von J.K. Rowling für Sachen wie Hogwarts Legacy sei schädlich.

Rowling antwortete daraufhin sarkastisch, man solle doch gleich all ihre Bücher, Filme und am besten die gesamte Bücherei verbrennen. Mehr dazu könnt ihr hier lesen: 

Worauf Jessie Earl hinauswollte: Rowling setzt sich nicht nur verbal gegen trans Menschen ein, sondern auch aktiv für transfeindliche Gesetze. Beispielsweise hilft sie der Rechtsanwältin Allison Bailey mit finanziellen Mitteln, die sich wiederum gegen trans Rechte einsetzt.

Transfreundliche Gesetzesänderungen wie kürzlich in Schottland kritisiert sie vehement – ihre Aussagen sollen sogar bereits ernsthaften Schaden im Vereinigten Königreich angerichtet haben.

Es haben sich auch schon einige Stars von ihr und ihren Aussagen distanziert, darunter der Harry-Potter-Schauspieler Daniel Radcliffe.

Die Autorin ist zwar nicht direkt an der Entwicklung von Hogwarts Legacy beteiligt, profitiert aber durch die Markenrechte dennoch. Daher boykottieren viele Menschen nun jegliche Arbeit von Rowling. Für viele Menschen ist und war das Harry-Potter-Universum immer ein Rückzugsort und eine Zuflucht.

Die Potter-Welt steckt voller Identifikationsfiguren für trans Menschen und die Inklusion von Minderheiten wird mehrfach thematisiert. Daher waren auch viele queere Menschen Fans der Geschichte. Dass die Autorin ihrer Kindheitshelden dann mit transphoben Äußerungen Schlagzeilen machte, ist für viele daher ein zusätzlicher persönlicher Schock gewesen.

Wir haben uns mit trans Personen über Hogwarts Legacy unterhalten und ihre Meinung gefragt. Den Beitrag findet ihr gleich hier:

Kobolde und Antisemitismus in Harry Potter

Die Transfeindlichkeit ist aber nicht der einzige Vorwurf gegen J.K. Rowling: In den Harry-Potter-Büchern, aber vor allem auch in den Filmen (bei der sie viel Mitspracherecht genoss) hat die Darstellung der Kobolde starke Ähnlichkeiten mit der propagandistischen und antisemitischen Darstellung von Juden aus den letzten Jahrhunderten.

Besonders häufig werden Juden durch Stigmata wie die große Hakennase, aber auch Geldgier diskriminiert. Beide Beschreibungen treffen auch auf die Kobolde in Harry Potter zu, die in Hogwarts Legacy zumindest zu Spielbeginn als Antagonisten dienen. Ob es im Storyverlauf dabei bleibt, ist noch nicht bekannt.

Außerdem werden die magischen Wesen in der Buch- und Filmvorlage äußerst unsympathisch in Szene gesetzt - hinterlistig, gierig und gemein. Zusätzlich laufen die Schauspieler in Harry Potter und der Stein der Weisen in der Kobold-betriebenen Bank Gringotts über einen Marmorboden, der mit einem sechszackigen Stern verziert ist - dieser erinnert stark an den Davidstern. Die Szene könnt ihr euch in folgendem Tweet ansehen:

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Der jüdische US-Moderator und Komiker Jon Stewart hat sich im Dezember 2022 in seinem Podcast dazu geäußert: Es war eines dieser Dinge, bei denen ich es am Bildschirm sah und davon ausging, dass die Masse reagieren würde: ›Heilige Scheiße, sie hat jetzt nicht wirklich Juden in eine Zaubereiwelt geworfen, in der sie die Untergrundbank leiten.‹

Hexen und Zauberer sind in der Fantasy-Welt den magischen Wesen nicht nur höchst misstrauisch gegenüber, sie unterdrücken die Kobolde auch seit einigen Jahrhunderten und sehen sie als minderwertig an. Beispielsweise wird ihnen und allen anderen magischen Wesen wie Elfen der Besitz und Gebrauch eines Zauberstabs untersagt.

In einem großen Report zur Debatte widmen wir uns den Kritikpunkten und lassen Wissenschaftler zu Wort kommen:

Es soll laut eines der von Rowling erstellten Fragebogen A.M.E.Z. (Allgemeine Magie- und Eignungstests für Zauberer) sogar Versuche gegeben haben, Kobolde wie auch die Elfen zu versklaven. Im Gegensatz zu den Elfen wehrten sich die Kobolde aber einige Male gegen diese Gesetzgebung in den sogenannten Koboldrebellionen.

Eine dieser Rebellionen soll nun in Hogwarts Legacy thematisiert werden. Wie die Darstellung final im Spiel aussehen wird, werden wir erst zu Release des Spiels erfahren. Im folgenden Showcase sehen wir einige Kobolde bereits mit uns als Gegner in einer Kampfarena:

Hogwarts Legacy zeigt beeindruckende Open World im großen Gameplay-Showcase Video starten 34:19 Hogwarts Legacy zeigt beeindruckende Open World im großen Gameplay-Showcase

Verteidiger von Rowling (unter denen teilweise selbst Juden sind) geben an, dass es sich lediglich um die klassische Darstellung eines Kobolds handle und nicht von Rowling erfunden wurde. Das ist aber nur in Teilen korrekt, wie der Forbes-Redakteur Dani Di Pacido hervorhebt: Typischerweise werden Kobolde in Fantasy-Welten als grausam, habgierig und nicht vertrauenswürdig dargestellt. Die Art an Kreaturen, die sich den Orks im Kampf gegen die Mächte des Guten anschließen, Abenteurer mit einem rostigen Dolch erstechen und deren Wertsachen stehlen. Aber Münzen prägen und Geld verleihen? Das ist alles Rowling.

Kontroverse Aussagen des ehemaligen Lead Designers

Der Trubel um Hogwarts Legacy ist aber nicht nur auf J.K. Rowling zurückzuführen. 2021 machte das Rollenspiel bereits Schlagzeilen, als der damalige Senior Producer und vorherige Lead Designer des Spiels das Entwicklerstudio Avalanche verließ, nachdem einige kontroverse Aussagen seinerseits für große Aufmerksamkeit gesorgt hatten.

So sympathisierte Leavitt auf seinem YouTube-Kanal einige Jahre zuvor mit der offen sexistischen und frauenfeindlichen GamerGate-Bewegung. Außerdem verteidigte er dort auch den Mitgründer von Pixar, Among Leavitt, nachdem dieser wegen sexuellen Fehlverhaltens Disney verlassen musste, sowie Atari-Mitgründer Nolan Bushnell, der Kotaku zufolge ein toxisches Arbeitsklima für Frauen förderte. Im März 2021 kündigt Troy Leavitt auf seinem Twitter-Kanal letztlich an, Avalanche Software zu verlassen.

Wenn ihr mehr zum Thema GamerGate wissen wollt, haben wir einen sehr ausführlichen Plus-Report für euch parat:

Shitstorm gegen Synchronsprecher

Der Schauspieler und Synchronsprecher Sebastian Croft leiht in Hogwarts Legacy der Hauptfigur seine Stimme, genau wie Amelia Gething. Im Charaktereditor könnt ihr entscheiden, welche der beiden Stimmen ihr bevorzugt. Seit der Bekanntgabe seiner Rolle im Januar 2023 erhält Croft aber eine Menge Kritik, dass er bei Hogwarts Legacy mitarbeitet. Der 21-jährige Schauspieler ist nämlich bekennender Unterstützer von Personen, die sich der queeren Community zugehörig fühlen.

Dass er dennoch an Legacy mitarbeitet, stößt bei vielen auf Verständnislosigkeit. Seinen Aussagen zufolge wurde er vor drei Jahren gecastet und wusste damals noch nichts von Rowlings transfeindlichen Aussagen. Ich weiß jetzt viel mehr als noch vor drei Jahren und ich hoffe, ich lerne noch viel mehr in den nächsten drei. Es tut mir wirklich Leid, wenn sich jemand durch diese Ankündigung verletzt fühlt. Es gibt kein LGB ohne das T [Lesbian, Gay, Bi und Trans], so Croft auf Twitter.

Während einige die Erklärung verstehen, sind andere nicht zufrieden. Rowling ist seit 2018 offen transphob. Das ist nichts Neues., so einer der Kommentare unter Crofts Tweet.

Tag-Bombing auf Steam - Valve schreitet ein

Die hitzige Diskussion rund um Hogwarts Legacy hat sich im Januar weiter ausgedehnt, als das Spiel auf Steam plötzlich eine Reihe an zusätzlichen Tags enthalten hat. Die sollen eigentlich das Spiel beschreiben mit Attributen wie Rollenspiel, Magie oder auch Open World. Kritikerrinnen und Kritiker verliehen dem Titel aber zusätzlich die Beschreibungen Transphobie und transphob.

Als Valve eingriff und die neuen Tags aus dem System löschte, versuchten die Protestierenden subtilere Varianten: Psychologischer Horror, Kapitalismus oder NSFW (Not Safe For Work) wurden aber ebenfalls kurz darauf von Valve entfernt.

Resetera verbannt jegliche Diskussion zu Hogwarts Legacy

Mittlerweile gibt es kaum noch einen Ort im Internet, bei dem Hogwarts Legacy und J.K. Rowling nicht thematisiert werden - bis auf das riesige Gaming-Forum Resetera. Dort ist seit dem Februar 2021 bereits keine Werbung zum Spiel auffindbar: Trailer oder anderweitige Ankündigungen sind also schon seit zwei Jahren dort untersagt.

Inzwischen zieht die Plattform aber eine noch härtere Linie: Jegliche Diskussionen rund um das Spiel werden verbannt. Das offizielle Statement ist wie folgt:

»Nach fortgesetzter Diskussion haben wir angefangen, die von Rowling und dem fraglichen Spiel vorgebrachten Probleme zu skizzieren. Und jedes Mal, wenn wir das alles diskutierten, kamen wir auf den simplen Fakt zurück, dass Rowling nicht nur eine Fanatikerin ist, sondern sich auch aktiv mit ihrer Position als wohlhabende und berühmte Person für Gesetze einsetzt, die trans Personen schaden. Dass sie den Einfluss und das Geld aus ihrem Erfolg mit Harry Potter nutzt, um transphobe Gesetze voranzutreiben.

Daher hat das Mod-Team entschieden, das bisherige Werbeverbot für das Hogwarts-Spiel auf das Spiel selbst auszuweiten. Es wird kein OT [Off Topic] und keine Diskussion über dieses Spiel geben.«

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