Seite 2: Der Fall "Ellie" – eine Aufarbeitung - Wie eine angebliche Overwatch-Profi-Spielerin zum Fiasko für den E-Sports werden konnte

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Aus Neugier wird Belästigung

Einige User stellen die Legitimität der Spielerin in Frage. Ein paar Individuen stellen gleich ihr Geschlecht in Frage und brechen eine unnötige Sexismus-Diskussion vom Zaun. Einige User stellen die Legitimität der Spielerin in Frage. Ein paar Individuen stellen gleich ihr Geschlecht in Frage und brechen eine unnötige Sexismus-Diskussion vom Zaun.

Novx erklärte in seinem Statement weiter, dass Spieler verstehen sollten, was es bedeutet, Profi zu werden. Man dürfe nicht erwarten, in die zweite Liga einsteigen und gleichzeitig komplett anonym bleiben zu können. Insbesondere, wenn man mit einem kometenhaften Aufstieg Fragen aufwirft. Dass Fans dann auch Fragen stellen werden, sollte klar sein.

Leider rief die Causa Ellie auch die bösartigen Teile der Community auf den Plan. Haunt, ein ehemaliger Top-500-Spieler, der durch Belästigung, Hetze und absichtlich verlorene Spiele als so toxisch gilt, dass Blizzard ihm gegenüber einen Hardware-Bann aussprach, rief in einer Discord-Community zum Doxing auf. Doxing bezeichnet das Zusammentragen und Veröffentlichen persönlicher Informationen, meist sollen Betroffene so direkt geschädigt werden, selbst unter nobleren Absichten folgt aber praktisch immer indirekter Schaden.

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Fürsprecher für Ellie gab es aber ebenfalls: Mehrere Profis wie Kamden "Sugarfree" Hijada von Atlanta Academy und die eingangs erwähnte Spielerin Thy "Mini" Le gaben an, mit Ellie gespielt zu haben - eine echte Person, keine alternative Persona eines anderen Profis. Auch die schwache Kommunikation ließe sich erklären, schließlich sollte jeder Overwatch-Spieler ehrlich zugegeben, dass Teile der männlichen Community schlicht Sexisten sind. Dass besonders Frauen die Kommunikation scheuen, da sie eher verbalen Angriffen durch entsprechende Individuen ausgesetzt sind, ist keine Neu- oder Seltenheit.

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Und würde ein Team wie Second Wind ernsthaft jemanden unter Vertrag nehmen, ohne dass man die Spielerin überprüft hat, ob sie wirklich selbst spielt, nicht cheatet und keinen Account-Boost erhalten hat?

Unter den Vorwürfen und der aufkeimenden Belästigung wurde schnell das Geschlecht von Ellie in die Diskussion gezerrt: Wäre die Situation genauso außer Kontrolle geraten, wenn Ellie ein männlicher Spieler gewesen wäre? Kommen nur Zweifel auf, weil Ellie weiblich ist und "natürlich" nur ein Mann ihr den Account hochgespielt haben kann? Beleidigungen und Drohungen neben dem Doxing-Plan von Haunt folgten.

Die Team-Managerin von Washington Justice, Kate Mitchell, erklärte via Twitter, dass Schikane, Belästigungen und Doxing-Versuche wegen des Geschlechts eines Spielers absolut inakzeptabel sei:

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Sexistische Trittbrettfahrer lassen den Zug engleisen

Würden wirklich keine Diskussion beginnen, wenn der ein mysteriöser Profi ein Mann wäre? Würden wirklich keine Diskussion beginnen, wenn der ein mysteriöser Profi ein Mann wäre?

Währenddessen rollen die User in Foren wie Reddit virtuell mit den Augen, die zunächst legitime Fragen und Zweifel im Falle Ellie hatten. Der höchstvotierte Beitrag im E-Sport-Subreddit von Overwatch zum Thema Ellie stammt vom Assistenztrainer der LA Gladiators, John Galt. Er gibt an, dass er tatsächlich gerne mehr über Ellie gewusst hätte, was nun wohl leider niemals passieren würde.

Wir können übrigens noch die oben gestellte Frage beantworten, ob die Situation anders verlaufen wäre, wenn Ellie ein Mann wäre: Jein. Sexistische Trittbrettfahrer und berüchtigte Individuen wie Haunt haben sicherlich die Situation eskalieren lassen. Aber erstens gibt es in verschiedenen Teams der Overwatch Contenders ja bereits unumstrittene, weibliche Spieler. Zweitens werden auch bei männlichen Spielern Untersuchungen angestellt, wenn der Fall Fragen aufwirft.

Das bestätigte ja unter anderem auch der Overwatch-Coach Novx, es gibt aber noch weitere, konkrete Anekdoten. Der Estländer Robin "Ropz" Kool war im Alter von 17 Jahren einigen etablierten Profis wie Jesper "JW" Wecksell etwas zu gut in Counter-Strike. Sein Gameplay in der höchsten Klasse der Liga FPL sorgte für Angebote, die Ropz aber ausschlug. Wollte der junge Spieler einfach die FPL mit Cheats aufmischen?

Selbst Profis nannten den aus dem Nichts kommenden Wunderknaben Ropz (rechts) einen Cheater. Heute gilt er als aufstrebendes Talent und ist bei Mousesports unter Vertrag. Selbst Profis nannten den aus dem Nichts kommenden Wunderknaben Ropz (rechts) einen Cheater. Heute gilt er als aufstrebendes Talent und ist bei Mousesports unter Vertrag.

Ropz setzte auf Transparenz: In einer Reddit-Fragerunde gab er an, seinen Schulabschluss vor einer möglichen CS:GO-Karriere zu priorisieren, außerdem zeigte er neben seinem Gameplay auch per Kamera-Stream, wie er spielt. Als endgültiger Beweis für sein Können flog er gar nach London und besuchte das FPL-Hauptquartier, um vor Ort auf einem gestellten Rechner zu spielen. Von Ellie wurde ähnliches nicht verlangt. Heute, zwei Jahre später, gilt Ropz als eines der großen jungen Talente in CS:GO, er spielt für das Profiteam Mousesports.

Einen ähnlichen Aufstieg legte der Niederländer Shuaib "D0cC" Ahmad im Sommer 2018 hin. D0cC nutzt kein Mikrofon und streamt nicht mit einer zusätzlichen Webcam - angeblich würden die strengen Eltern des 17-jährigen dies verbieten. Trotzdem knackt der junge Spieler auch ohne Kommunikation eingespielte und organisierte FPL-Teams. Die FPL und der niederländische Profi Chris "ChrisJ" de Jong boten an, genau wie bei Ropz das Gameplay von D0cC unter Livebedingungen zu überprüfen. Auch das wollte er nicht mit einem erneuten Verweis auf seine Eltern. Der Spielerrat der FPL schloss D0cC deswegen im Juni 2018 aus dem Ligabetrieb aus.

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