Kartenkämpfe und Skillpools
Immerhin bietet das Spiel ein ungewöhnliches, aber interessantes Kampfsystem, das sich von denen anderer Online-Rollenspiele unterscheidet. Skills geben wir als Glyphen (eigentlich Karten) in einen von uns zusammengestellten Stapel. Wir bestimmen, ob die Glyphen zufällig in unserer Hotbar auftauchen sollen oder ob sie dort fest verankert sind. Eine feste Verankerung bedeutet aber auch, dass sich der Cooldown der Skills verlängert.
Auch das Fähigkeiten-System bietet eine Besonderheit: Wir sammeln in SotA mit der Zeit durch Kämpfe und erledige Quests Erfahrungspunkte an, die in einen Pool wandern. Die Fertigkeiten und Zaubersprüche, die wir trainieren wollen, markieren wir im Skill-Tree als aktiv. Nutzen wir diese Skills jetzt, schöpfen sie Erfahrungspunkte aus dem Pool ab. Die aktiven Fertigkeiten steigern sich dann automatisch durch Benutzung. Stirbt unser Held, verliert er übrigens Erfahrungspunkte. Und werden Fertigkeiten nicht trainiert, dann werden sie nach einer Weile auch wieder schwächer.
Das hat keine Konsequenzen!
Wer wie Garriott die Spielerfahrung eines Einzelspieler-Rollenspiels in einem MMO erwecken möchte und bei der Ankündigung erklärt, es würde schwere Entscheidungen mit dramatischen Konsequenzen geben, der sollte im Idealfall auch liefern. In SotA jedoch sucht man harsche Konsequenzen mit der Lupe. Ein kleines Kind - das im Übrigen von jedem Spieler gerettet wird - trifft nie mit seiner Mutter zusammen. Die Vorräte im Lager der Feinde zu vergiften, hat keinerlei Auswirkung. Kein Bewohner einer Stadt reagiert auf die Untoten-Armee vor den Toren - vielleicht weil die Belagerung dank uns sowieso kein Erfolg wird?
Scherz beiseite: Hin und wieder passiert aber dann doch mal etwas mild Dramatisches wie etwa der Tod eines Nichtspieler-Charakters. Dieser verschwindet aber aufgrund der MMO-Struktur des Spiels nicht wirklich aus der Welt - schließlich wollen ihn Mitspielern ebenfalls finden. Er bekommt für uns nur einen anderen Namen und einen neuen Dialogtext, um den Eindruck zu erwecken, es handle sich um eine andere Person. Er sieht aber nach wie vor gleich aus und wohnt im selben Haus wie sein Vorgänger.
Viele Quests bieten einen guten Story-Ansatz, lassen aber überraschende Wendungen oder Highlights vermissen. In Sachen Story kann Shroud of the Avatar also nicht mit echten Einzelspieler-Rollenspielen mithalten. Im Verlauf der Handlung, die im Übrigen aus der Feder von Drachenlanze-Autor Tracy Hickman in Kooperation mit Richard Garriott stammt, erfahrt ihr mehr über die Hintergründe der Untoten-Invasion, Die Welt New Britannia erholt sich von einer Katastrophe, bei der zwei Monde aufeinanderprallten und den Planeten verwüsteten. Aus der Asche erhoben sich die Kabalisten, die mit ihren Untoten die Herrschaft übernehmen wollen.
Zu Hilfe kommen sogenannte Avatar von der Erde. Ihr seid ein solcher Held. Doch die Bevölkerung von New Britannia steht euch misstrauisch gegenüber, weil die Avatare von einst für den Zusammenstoß der Monde verantwortlich waren. Ihr wollt also eine Welt retten, deren Bevölkerung euch gar nicht als Retter haben möchte. Eigentlich eine spannende Ausgangssituation, nur macht SotA mit seinen lahmen Quests und der Spar-Inszenierung zu wenig daraus.
Vom Kickstarter zum fertigen Produkt
Shroud of the Avatar ist 2013 auf Kickstarter finanziert worden, damals jedoch mit einer völlig anderen Prämisse. Das RPG sollte ein »Selective Multiplayer RPG« werden, nun ist es ein MMO geworden. Was ist passiert?
Unterschiede zwischen Kickstarter-Versprechen und Release-Version
Erschwerend kommen viele Bugs hinzu, durch die sich beispielsweise einige Quests gar nicht abschließen lassen. Und dass Städte, die nur fürs Spieler-Housing da und ansonsten einfach leer sind, auch keinen sonderlich großen Reiz versprühen, müssen wir auch nicht episch ausführen. Shroud of the Avatar steht einer fesselnden Atmosphäre manchmal sehr breitbeinig im Weg.
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