Für Star Wars Eclipse muss sich Quantic Dream etwas Neues einfallen lassen

Raumschlachten und Jedi klingen großartig für Star-Wars-Fans - aber nur, wenn Entwickler Quantic Dream für Eclipse endlich ein paar neue Gameplay-Tricks lernt, findet Elena.

Ich liebe Star Wars. Aber nicht so wie die Kollegen Dimi, Vali oder Fabiano, die jeden Raumschiff-Typ benennen oder jedes Trailer-Fitzelchen von Eclipse analysieren können, weil sie sämtliche Inhalte zur High Republic wie Droiden-Staubsauger inhaliert haben - wenn ihr mehr davon wollt, bitte hier entlang.

Für mich ist der Krieg der Sterne noch eine neue Faszination, die ich jetzt, lange nachdem ich die Filme gesehen habe, über Comics, Bücher, Serien und Spiele erst richtig aufleben lasse. Umso mehr freut es mich, dass ausgerechnet einer meiner liebsten Entwickler etwas beisteuern darf, nachdem die Lizenz nicht länger nur bei EA liegt.

Quantic Dream macht ein Star-Wars-Spiel. Was das bedeutet, kann man nach Heavy Rain, Beyond: Two Souls oder Detroit: Become Human, schon sehr eindeutig schlussfolgern: Unterschiedliche Helden und ihre Pfade, knifflige Story-Entscheidungen und Quick Time Events, die kurze Reaktionszeiten ähnlich folgenschwer bestrafen wie die falsche Wortwahl in einem Dialog.

Eigentlich mag ich solche Adventures - sogar, wenn sie mir die harten Konsequenzen wie bei Telltale nur vorgaukeln. Eine Geschichte kann sehr davon profitieren, dass ich sie mitgestalten darf. Die Distanz schmilzt und alles fühlt sich persönlicher an. Allerdings wünsche ich mir für Star Wars Eclipse trotzdem, dass Quantic Dream endlich ein paar neue Tricks lernt und mich die wichtigsten Storymomente lieber über das Gameplay durchleben lässt. Denn ich bezweifle, dass bei ihrem bisherigen Stil echte Star-Wars-Gefühle aufkommen - egal, wie schick Eclipse wird.

Die Autorin: Elena (@Ellie_Libelle) liest gerade begeistert zum ersten Mal die Thrawn-Trilogie, die Kollege Dimi ihr mit der Weisheit eines Jedi-Meisters ans Herz legte, hat in den Comics schon die Abenteuer der chaotischen Archäologin Doctor Aphra verfolgt und ihre ganze Familie gezwungen, The Mandalorian mitzuschauen - jetzt besitzt sogar ihre Mutter Baby-Yoda-Fanartikel. Als nächstes stehen noch viele Star-Wars-Spiele auf ihrer Liste. Nach Jedi: Fallen Order und zahlreichen Runden in Star Wars: Battlefront 2 muss sie mit KOTOR und Co. noch eine Menge nachholen, bevor Eclipse und das kommende Open-World-Spiel von Ubisoft endlich aufschlagen.

Fingerkrampf statt Lichtschwertkampf

Quantic Dream versteht sich darauf, alltäglichen Momente interaktiv zu gestalten. Natürlich kann man belächeln, dass ich in Heavy Rain erstmal duschen gehe, mir die Zähne putze oder mich anziehe, während ich in Detroit: Become Human als Haus-Androide brav aufräume und sauber mache. Nichts davon ist anspruchsvoll oder dramatisch, aber diese banalen Tätigkeiten steuern sich so direkt, dass die virtuelle Welt richtig fühlbar wird.

In brenzligen Situationen schlägt das aber ins Gegenteil um: Plötzlich muss ich meine Finger regelrecht verknoten, zig verschiedene Knöpfe oder Tasten hintereinander auswählen, gleichzeitig gedrückt halten und schnell hämmern, damit meine Spielfigur nicht in der Schrottpresse landet oder in den Gegenverkehr rauscht. Die Anzahl der Handkrämpfe erreicht dabei oft ein ähnlich hohes Niveau wie mein Stresslevel und vom hautnahen Erleben der Spielwelt bleibt nicht viel übrig. Die Quicktime Events erfordern so viel an Konzentration und blitzschnellen Reaktionen, dass das Mittendringefühl verloren geht.

Genau das kann bei Star Wars zu einem riesigen Problem werden. Zumindest, wenn der Trailer hält, was er verspricht. Hier zischt, brummt und knallt es unentwegt, wenn Lichtschwerter in eleganten Duellen aufeinanderprallen oder Raumschiffe Lasergeschosse abfeuern. All das will ich unbedingt am eigenen Leib erfahren, will dabei sein, aber nicht entnervt vor Rechner oder Fernseher mit einem Blick, der hektisch zwischen Bildschirm und Controller oder Tastatur hin- und herflackert, weil ich die Eingabe nicht verhauen will. Dann geht jede Dramatik flöten, genauso wie das wohlige Kribbeln, dass sich im Kino bei solchen klassischen Star-Wars-Momenten einstellt.

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Star Wars braucht Wucht

Kriegt Quantic Dream das bei Eclipse nicht in den Griff, könnten sie so den eigentlich besten Augenblicken völlig den Wind aus den Segeln nehmen. Stellt euch mal ein Jedi-Duell vor, bei dem ihr hektisch Tastenkombinationen vor euch hinklimpert, um Schläge zu kontern und vergleicht das mit der tödlich-präzisen Wucht, die das Kampfsystem in einem Star Wars Jedi: Fallen Order auffährt.

Es war klug von Respawn, sich an Dark Souls und Sekiro zu orientieren, die dafür bekannt sind, schweißtreibende Nahkampfduelle zu bieten, bei denen jeder Schlag sitzen muss. So hatte ich wirklich das Gefühl, eine Laserklinge mit Gewicht zu schwingen, die Schwertstreiche parieren und sogar Projektile abwehren kann. Parallel zuckt die Macht durch meine Finger und zwingt reihenweise Gegner in die Knie. Das erzeugt auch Schwere und Nähe, weil die Entwickler jeder Bewegung und jeder Aktion Raum lassen, statt mich mit zig QTEs zu überfordern. Die gaukeln lediglich Spannung in einer starren Situation vor, in die ich nur minimal eingreifen darf.

Der Nahkampf von Jedi: Fallen Order entfaltet eine herrliche Wucht. Der Nahkampf von Jedi: Fallen Order entfaltet eine herrliche Wucht.

Das Gleiche gilt für die Raumgefechte: Ich will mit meinem Schiff wie in Star Wars: Battlefront 2 an einem anderen entlangschrammen können, blitzschnell wenden, mich durch enge Tunnel schrauben und aus allen Geschützen feuern, bevor ich einen Wimpernschlag vorm Aufprall doch noch abdrehe. Meistens klappt das bei mir nicht, aber hey, Übung macht das Piloten-Ass und immerhin hängt mein Versagen hier nicht davon ab, ob ich die Q-Taste schnell genug finde.

Quantic Dream muss dabei auch nicht komplett seine Wurzeln verleugnen. Eclipse kann für mich hauptsächlich eine Adventure-Erfahrung werden, die die Stärken der Entwickler bei Story und Charakteren ausspielt. Aber Action-Akzente mit intensiven Star-Wars-Hochgefühlen könnten das Spiel auf ein Level heben, das einem Detroit oder Heavy Rain auch in den besten Momenten verwehrt blieb. Eclipse kann dennoch von den Stärken dieser Spiele lernen.

Vorwürfe gegen Quantic Dreams:
Entwickler Quantic Dream wird seit 2017 wiederholt vorgeworfen, ein toxisches Arbeitsumfeld zu fördern. Mehrere journalistische Publikationen berufen sich auf Aussagen ehemaliger Beschäftigter, die über eine problematische Arbeitsbelastung, Crunch-Kultur sowie sexistisches und rassistisches Verhalten klagen. Die Debatte führte zu einem jahrelangen Rechtsstreit, der sich bis ins Jahr 2021 zog - die Details zum Prozess und den Vorwürfen könnt ihr bei den Kolleginnen und Kollegen von GamePro nachlesen. Wir haben jüngst einen umfangreichen Plus-Report zum Umgang mit toxischen Studios veröffentlicht.

Die wahre Stärke des Entwicklers

Mit ein bisschen mehr Spiel im interaktiven Film ist Quantic Dream für mich trotz allem eine tolle Wahl für Eclipse. Denn auch was der Entwickler richtig gut kann, passt super zu Star Wars: Ich erlebe jede Geschichte aus völlig unterschiedlichen Blickwinkeln. Ich kann ein Geheimagent sein, der einen Killer jagt, eine Journalistin, die Nachforschungen anstellt oder der Vater eines verschwundenen Jungen. Ich schlüpfe in die Rolle eine Androidin, die von Freiheit zu träumen beginnt oder steuere einen Roboterkollegen, der auf Seiten der Polizei genau das verhindern soll.

Kara Kara
Connor Connor

Quantic Dream erzählt seine Geschichten immer aus mehreren Perspektiven, die sich miteinander verflechten. Während Connor gegen flüchtige Androiden ermittelt, will Kara ein selbstbestimmtes Leben führen.

Das füllt die Erzählungen mit Leben und zig spannenden Perspektiven und Fragen, die ich mir mit nur einem Helden niemals gestellt hätte. Ich lerne alle Seiten kennen, verstehen und irgendwann auch lieben. Das liefert eine perfekte Schablone für den Krieg der Sterne, wo ich Schmuggler mit griffbereitem Blaster am Gürtel begleiten kann, aber genauso gesetzestreue Jedi auf dem Höhepunkt ihrer Macht, draufgängerische Raumschiffpiloten, Vertreter kaum beleuchteter Alienvölker oder gar einfache Leute, die auf irgendeinem Planeten ums Überleben kämpfen und per Zufall mit den Auswirkungen meiner Taten in einer ganz anderen Rolle konfrontiert werden.

Hier brilliert Quantic Dream und genau das kann auch die große Stärke von Eclipse werden, wenn die Entwickler den Mut beweisen, sich nicht nur darauf zu verlassen.

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