Eins meiner liebsten Aufbau-Rollenspiele kostet bei Steam gerade nur 7 Euro

Graveyard Keeper wird gerade im Steam Summer Sale verschleudert.

Es gibt Spiele, da weiß ich beim ersten Bild: Das muss ich haben! So war es vor knapp zwei Jahren bei Graveyard Keeper. Steam verriet mir, dass eine Freundin gerade die mittelalterlich-morbide Friedhofssimulation spielt. Ich klicke auf die Shopseite bei Steam, dann auf die Bildergalerie und wenig später auf »kaufen«. Insgesamt kam ich 96 Stunden nicht mehr von dem Titel los. Meine fantastischen Erfahrungen verarbeitete ich sowohl in einem Nachtest des Hauptspiels mit gratis Content-Update sowie zwei kostenpflichtigen DLC als auch im Test der damals frisch erschienenen dritten großen Erweiterung.

Christian Schwarz

@heavymekki

Der Autor: Christian Schwarz (@heavymekki) liebt Graveyard Keeper seit er es im Sommer 2021 zufällig sah. Seitdem hat er das Hauptspiel und alle DLCs beendet, nochmal auf der Playstation zugeschlagen und kann sich aktuell nur schwer zurückhalten, auch auf der Switch nochmal loszulegen. Weil er weiß, dass »eine kurze Runde Graveyard Keeper vorm Schlafen« gleichbedeutend mit kompletter Verwahrlosung ist, hält sich Christian brav zurück. Noch.

Harvest Moon mit Leichen

Die Faszination von Graveyard Keeper ist gar nicht so leicht zu erklären, weil sie auf mehreren Ebenen wirkt. Hauptfigur ist ein normaler Typ, der auf dem Nachhauseweg von einem Auto angefahren und so direkt in eine bizarre Mittelalter-Fantasy-Welt teleportiert wird.

Natürlich will ich zusammen mit meiner Spielfigur wissen, wo ich überhaupt bin, wie ich wieder nach Hause komme und was es mit dieser ganzen Dimensionsreiserei überhaupt auf sich hat. Bevor ich aber überhaupt auf etwas Ähnliches wie Antworten hoffen kann, verpflichtet mich ein schrulliger Bischof als neuer Friedhofswärter. Warum der Posten vakant ist und was es mit dem alten Keeper auf sich hat, erfahre ich zunächst nicht.

1:39 Graveyard Keeper: Der DLC Better Save Soul ist eine faustdicke Überraschung

Bevor ich mich versehe, liefert mir ein sprechender Esel mit stark kommunistischen Tendenzen – in meinen Augen eine der besten Videospielfiguren überhaupt – die erste kaltgestellte Kundschaft für den praktischen Leichenverschlag unter der Kirche. Indem ich die Toten angemessen bestatte, werte ich den Ruf der Kirche auf, schalte neue Materialien und Baumöglichkeiten frei und komme in der überraschend spannenden Story voran.

Das ist aber nicht alles, denn neben dem Gotteshaus befindet sich mein Hof, den ich aufräume, mit Farmen erweitere und mir so die Welt immer mehr zu eigen mache. Von den Abläufen her erinnert in Graveyard Keeper sehr viel an klassische Farming-Spiele wie Harvest Moon – nur eben mit Leichen.

Humor so schwarz wie Friedhofserde

Obwohl es hauptsächlich um vermoderte Leichen geht, ist das Spielprinzip von Graveyard Keeper angenehm erfrischend. Neben der sehr gut funktionierenden Spielmechanik sind es vor allem die Charaktere sowie diese obskure Welt, die mich auch heute noch in ihren Bann ziehen. Wie in guten alten Rollenspielen und eben Harvest Moon treffe ich wichtige Charaktere nur an festen Wochentagen und muss die Abfolge meiner Quests entsprechend planen. Die sind so herrlich überzeichnet und haben so schöne individuelle Macken oder krude Ansichten, dass sie mir ein ums andere Mal schallendes Gelächter entlocken.

Bis hierhin könnte es auch Harvest Moon sein, wenn wir bis zum fast kompletten Aufbau unseres Hofes nicht unzählige Leichen beerdigt und geschändet hätten.

Neben dem erwähnten Esel ist es vor allem mein Sidekick Gerry – natürlich ein sprechender Totenschädel –, der nicht mit trockenen Kommentaren geizt. Außerdem treffe ich einen verwirrten Astrologen, einen verrückten Einsiedler sowie das Oberhaupt der Inquisition, das am Hexenhügel wöchentlich Verbrennungen durchführt. Um dort für die nötige »Lagerfeuerstimmung« zu sorgen, braucht es Fleisch für Burgerbuden. Fleisch, das täglich zu meinem Friedhof transportiert wird…

Graveyard Keeper überrascht immer wieder mit solchen absurden Einfällen, setzt sie erstklassig um und ist komplett mit schwarzem Humor, Selbstironie und vielen Anspielungen auf die Popkultur durchzogen. Dabei sieht das Spiel mit seiner wunderschönen und eine idyllische Atmosphäre vermittelnden 2D-Comicgrafik so brav und unschuldig aus. Das ist ein herrlicher Gegensatz zum morbiden Rest.

Letzte Reise für unter 20 Euro

Wer sich das Basisspiel für knapp 7 Euro bei Steam holt, bekommt einiges an Inhalt: Es warten eine spannende Einzelspieler-Kampagne, viele Schauplätze, Materialien, Baupläne, ein irrsinnig großer Tech-Tree – und Zombies! Die kamen nämlich im kostenlosen Update »Breaking Dead« ins Spiel und entschärften den Grind etwas.

Das relativ häufige und kleinteilige Suchen nach Materialien für höherwertige Gebäude oder Bauteile ist zwar immer noch ein durchaus valider Kritikpunkt an Graveyard Keeper, allerdings ist es längst nicht mehr so schlimm wie ursprünglich. Seit dem Update erweckt ihr die Toten kurzerhand wieder zum Leben und lasst sie als Untote eben einen Teil dieser stumpfsinnigen Sammelaufgaben erledigen. Und allein das ist schon wieder eine selbstreferentielle Anspielung auf der Meta-Ebene.