Die deutsche Serienlandschaft steht seit vielen Jahren in der Kritik, ausschließlich mittelmäßige Krimis, einfallslose Komödien und anderen Murks hervorbringen zu können. Doch haben in der jüngeren Vergangenheit zahlreiche Serien bewiesen, dass es auch anders geht.
Dazu zählen Hits wie 4 Blocks, How to Sell Drugs Online (Fast), Babylon Berlin und das Mystery-Drama Dark
, das es sogar auf Platz 94 von IMDBs Ranking der weltbesten Serien aller Zeiten geschafft hat.
Wie euch womöglich aufgefallen ist, sind alle genannten Serien bereits abgeschlossen oder für unbestimmte Zeit pausiert. Zum Glück gibt auch einen aktuellen Vertreter, der es sich meiner Meinung verdient hat, in die oben genannten Namen eingereiht zu werden. Die Mockumentary Die Discounter
, von der ihr ab sofort den ersten Teil der vierten Staffel auf Amazon Prime Video sehen könnt.
Die Discounter sind etwas Besonderes
Die Discounter ist auf den ersten Blick eine ganz normale Mockumentary, bei der die Belegschaft des fiktiven Hamburger Supermarktes Kolinski von einem Kamerateam bei ihrem Arbeitsalltag begleitet wird. Dieser gestaltet sich allerdings ziemlich verrückt, nicht zuletzt aufgrund der zahlreichen schrägen und zügellosen Charaktere. Das Prinzip ist bereits bekannt aus Serien wie Stromberg oder The Office.
Doch Die Discounter besitzt einen weiteren Kniff, der die Serie ganz besonders macht: Fast alle Dialoge und Handlungen sind improvisiert. Vor dem Drehstart einer Szene gibt es nur einen losen Rahmen, der dann bei laufender Kamera von den Schauspielern selbst ausgeschmückt wird.
Eine weitere Besonderheit sind die Creator Oskar Belton, Emil Belton und Bruno Alexander, die gerade mal Anfang 20 waren und keinerlei Produktionserfahrung hatten, als Amazon grünes Licht für ihr Serien-Projekt gab. Im Making-of der ersten Staffel weist das Trio selbst darauf hin, wie verrückt es eigentlich ist, dass Die Discounter überhaupt produziert wurde.
Was macht Die Discounter so grandios?
Baut auf bekannten Stärken auf: Eine große Stärke von Mockumentarys sind die für das Publikum leicht nachvollziehbaren Situationen. Schließlich kann wohl jeder von verrückten Ereignissen und nervigen Marotten auf der Arbeit oder in der Schule berichten.
Die Discounter hat den Vorteil, dass zusätzlich jeder Mensch bereits Kunde in einem Supermarkt war und Zuschauer die Serie und ihre Charaktere somit doppelt mitfühlen können - und das hält bekanntlich besser. Die Discounter setzen da aber sogar noch einmal einen drauf.
Realität durch Improvisation: Ihr kennt es vermutlich auch: Kein Film und keine Serie der Welt ist so witzig wie die Gespräche und Erlebnisse mit den besten Freunden und Arbeitskollegen. Aber woran liegt das? Ganz einfach, weil ihr mit euren Bekannten aus der Situation heraus Spaß habt und keinem Skript folgt. In einem Film ist das natürlich nicht ohne Weiteres möglich.
Indem die Discounter auf Improvisation setzt, wird die Statik handwerklich geschriebener Pointen teilweise umgangen und ein deutlich organischeres Gefühl freigesetzt. Es erinnert daran, als würdet ihr gerade euren Freunden und Arbeitskollegen zuschauen, während ihr mit dabei seid. Auch dadurch kommt die Serie natürlich nicht an den Spaß in der echten Welt heran, doch sie nährt sich ihm an.
Improvisation bringt aber auch Nachteile mit sich: Besonders in der ersten Staffel gibt es einige Witze, die einfach nicht zünden wollen. Bei denen, bei denen es klappt, kracht es dafür umso mehr. In den späteren Folgen hat sich das Team besser eingespielt, was sich in allen Aspekten positiv auswirkt.
Erinnerungswürdige Charaktere: Die Discounter strotzt vor liebenswerten Charakteren, doch ich möchte mich an dieser Stelle auf zwei konzentrieren:
Zunächst wäre da der verpeilte und zuweilen mitleiderregende Sicherheitschef Jonas (Merlin Sandmeyer), der euch durch zahlreiche Memes von Social Media bekannt sein dürfte. Er sorgte meinerseits nicht nur für die meisten und lautesten Lacher, durch seine überraschende Tiefe hat er mich auch emotional mitgerissen.
Und dann ist da noch der Filialleiter Thorsten (Marc Hosemann), der zuweilen stark an die Fernseh-Legende Bernd Stromberg erinnert, vor unbegründetem Selbstvertrauens strotzt und mit der Leitung des Supermarktes völlig überfordert ist. Es ist einfach zum Schreien komisch, wie er wirklich alles an die Wand fährt, was er in die Hände bekommt, aber dann doch irgendwie heil davonkommt.
Auch auf IMDB ein Erfolg
Auf IMDB verzeichnet die Mockumentary einen grandiosen Score von 8,1/10 Punkten, der nicht nur für eine Comedy-Serie mehr als beeindruckend ist. Zum Vergleich: Dark, das aktuelle Flaggschiff deutscher Produktionen, hat einen Wert von 8,7/10 erzielt.
Es gibt aber auch Kritik: Bei Prime Video werden vor allem die wackelige Kameraführung und die vielen Zooms negativ angemerkt, die jedoch durch das Genre bedingt sind. Weiter wird häufig der Fäkalhumor kritisiert, der einige Leute abschrecken wird. Außerdem berichten viele Zuschauer, einige Zeit gebraucht zu haben, bis sie mit der Serie und den Charakteren warm geworden sind.
Die Discounter Staffel 4 Teil 1 (Episode 1 bis 6) erscheint am 27. November auf Amazon Prime Video. Teil 2 (Episode 7 bis 10) folgen am 23. Dezember 2024.
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