Halbherzige Anpassungen
So gut sich die Verbesserungen als Magier und Fernkämpfer anfühlen - man kommt nicht umhin, über die verpassten Chancen dieser neuen Version nachzudenken. Sowohl Vive als auch Rift haben ein eingebautes Mikrofon; warum kann ich als Drachenblut folglich nicht tatsächlich Kampfschreie ausrufen um diese im Spiel zu aktivieren? Warum nutzt Bethesda nicht die in vielen VR-Spielen bereits erprobte Mechanik, mit simplen Gesten das Schwert vom Gürtel aus zu ziehen oder mit einem Griff hinter den Rücken den Bogen auszuwählen? Wie naheliegend wäre eine intuitive Trinkbewegung für das Nutzen von Heiltränken? Stattdessen hält uns Skyrim VR im wahrsten Sinne des Wortes ständig vor Augen, dass wir ein sehr altes, für 2D-Monitore optimiertes Abenteuer mit einer umständlichen Menüführung spielen. Die gruseligen Menüs ploppen auf Knopfdruck in Schultafelgröße vor uns im Raum auf und lassen sich nicht direkt mit den virtuellen Händen wie Touchscreens im virtuellen Raum navigieren, sondern müssen umständlich mit Analogsticks und Buttons bedient werden.
Ebenfalls fehlt die Möglichkeit, intuitiv mit Objekten und der Welt zu interagieren. Schwebt unsere virtuelle Hand in der Nähe eines aufnehmbaren Objekts, erscheint eine schriftliche Eingabeaufforderung, die mit einem Tastendruck bestätigt werden muss. Enttäuschend, dass die einzigartigen Möglichkeiten des Mediums nur rudimentär genutzt werden. Besonders immersionsbrechend wirken diese Altlasten in den Rätselpassagen, wenn zum Beispiel durch die Drehung eines Mechanismus' die richtigen Symbole auf einer Steintafel eingestellt oder ein Schalter aktiviert werden müssen. Die im Originalspiel nötige Abstraktration fällt in der virtuellen Realität doppelt negativ auf.
VR-Mod zum Vollpreis
Würde es sich bei Skyrim VR um ein Update oder eine Erweiterung handeln, würden diese Kritikpunkte in unserer Bewertung deutlich weniger ins Gewicht fallen. Doch Skyrim VR ist eine zum Vollpreis veröffentlichte neue Version des Rollenspiels, die separat auf Steam verfügbar ist. Inhaltlich wurde nichts am Spiel geändert, im Preis sind das Grundspiel und alle offiziellen Addons enthalten, die uneingeschränkt und komplett in VR erlebt werden können - ein fliegender Wechsel zwischen 2D- und VR-Version wie bei Resident Evil 7 ist nicht möglich.
Das Abenteuer um den Dovahkiin ist inhaltlich ohne Frage gut gealtert und funktioniert auch 2018 gut und macht Spaß. In VR erlebt man viele der magischen Momente wie den ersten Kampf gegen einen Drachen auch mit der spürbar in die Jahre gekommenen Optik fast wie neu. Das Erkunden der Welt, das Besteigen von Bergen und der Blick in die Täler sind auch ohne HD-Auflösung schön anzusehen, ohne technisch zu beeindrucken. Im direkten Vergleich mit VR-Vorzeigespielen wie Lone Echo oder Robo Recall merkt man dem Spiel sein Alter vor allem an den matschigen Texturen, dem Detailgrad der Vegetation und der Fernsicht deutlich an. Skyrim VR macht dies jedoch durch seine stilsichere Welt, der kompletten Bewegungsfreiheit und seinem immensen Umfang wieder wett. Es gibt bis dato schlicht nichts Vergleichbares im VR-Markt. Ein Vorteil der betagten Engine: Die Fantasywelt ist nicht sehr hardwarehungrig und lässt sich selbst mit der angegebenen Minimalanforderung weich und stotterfrei erkunden.
Trotzdem: Statt ein überzeugendes, den aktuellen VR-Standards entsprechenden Version des Rollenspiels-Klassikers hat die Fangemeinde nur eine im Ansatz gut gedachte, aber rudimentäre Portierung erhalten, die wohl erst im Laufe der kommenden Monate und Jahre durch Userhand reifen wird. Wer noch kein VR-Gerät besitzt, muss sich selbst als hardcore Skyrim-Fan nicht extra dafür die nötige Hardware organisieren, sondern kann gemütlich auf die nächste Hardware-Generation und einen Sale warten. VR-Enthusiasten mit Hunger nach »großen« Spielen finden in Skyrim VR dagegen den lang ersehnten Open-World-Spielplatz, auch wenn dieser etwas rostig daherkommt und erst mit eigener Kraft renoviert und aufpoliert werden muss.
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