Noch nie habe ich es so sehr bereut, einen Kopfschuss vermasselt zu haben. Nun schaue ich also zu, wie die Frau qualvoll verblutet. Emma ist ihr Name. Das weiß ich, weil ihr Freund daneben steht und panisch ihren Namen ruft. »Oh nein, was habe ich nur getan?« Das ist bei Weitem nicht das letzte Mal, dass ich mir beim Spielen diese Frage stelle.
Denn The Last of Us 2 schafft etwas, was nur sehr wenige Spiele erreichen: Ich sehe in meinen Gegnern nicht nur Zielscheiben, sondern richtige Menschen. Ich habe Mitleid und ein schlechtes Gewissen. Und ich hinterfrage die Richtigkeit der Taten der Protagonisten mehr, als ich es jemals getan habe. TLOU2 konfrontiert mich mit vielen Situationen, die ich so nicht gewohnt bin. Sie stellen mich vor moralische Fragen, die ich nicht beantworten kann. Unerwartet hat das Spiel dann noch ein Ass im Ärmel: einen der größten Kritikpunkte an The Last of Us 2.
Doch was für andere zum Spielverderber wird und zum Abbruch des Spiels führt, ist für mich ein einzigartiges Erlebnis. Noch nie hat mich ein Spiel emotional so gefordert. Noch nie hat mich ein Spiel so gegen mich selbst ausgespielt.
Vorsicht! In der folgenden Kolumne finden sich viele Spoiler zu Story, den Charakteren und den Twists von TLOU2!
Die Autorin
Natalie Schermann kann von Singleplayer-Spielen mit starker Story nicht genug bekommen - je emotionaler und herzzerreißender, desto besser! Schon der erste Teil von The Last of Us gehört zu ihren absoluten Lieblingsspielen. Die kontroverse Story von The Last of Us Part 2 spaltet die Spielerschaft und viele sind vom Ende enttäuscht. In der Kolumne erklärt Natalie, warum aber gerade die Twists, für die Naughty Dog heftig kritisiert wird, ihr ein unvergessliches Spielerlebnis beschert haben.
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The Last of Us 2 macht meine Feinde zu Menschen
Wie so viele Spieler habe auch in ein Problem: Ich stumpfe beim Spielen an PC uns Konsole ab. Gewalt erschreckt mich in vielen Fällen gar nicht mehr. Und das Töten von virtuellen Gegnern - ob menschlich oder nicht - gehört schon fast zum Alltag. Häufig verwandelt sich die Spielkulisse für mich in ein Schachbrett. Durch die Taktik-Brille sehen meine Gegner lediglich aus wie Hindernisse, an denen ich vorbei kommen muss - oder die mir weichen müssen. Selbst Zivilisten räume ich in einigen Spielen aus dem Weg, ohne auch nur einen Gedanken an sie zu verschwenden.
Anders bei The Last of Us 2. Beim Spielen fühle ich mich unwohl, dreckig und schuldig. Ich drücke die Tasten meines PS4-Controllers nur ungern und muss immer wieder Pausen einlegen. So sehr nimmt mich das Spiel mit. Denn von Anfang an habe ich es hier nicht mit anonymen Kugelfressern zu tun, sondern mit Charakteren, die auf mich wie echte Menschen wirken. Diesen Effekt erreicht Entwickler Naughty Dog sowohl mit kleinen als auch mit großen Tricks.
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