Eine weniger dringende Haupthandlung
Mary Marx: Ich weiß nicht, wie es euch geht. Aber für meinen Teil können die Probleme unseres neuen Witcher-Helden oder -Heldin auch mal etwas kleiner ausfallen, damit sie sich glaubwürdiger in die Open World einfügen. Mein Problem mit Geralt in Witcher 3 war, dass er eigentlich keine logische Erklärung dafür hatte, seine Suche nach Ciri abzubrechen und lieber irgendwo Kopfgeldaufträge zu sammeln, Gwent zu spielen oder eine Ziege zu seinem Besitzer zurückzubringen. Sprich: Die Open World wollte einfach nicht zur Story passen.
Genau hier würde ich mir vom neuen Witcher-Spiel Veränderung wünschen, indem sie einfach jegliches zeitliche Limit aus der Story streichen und stattdessen mit anderen Methoden arbeiten, um uns lahme Spieler voranzutreiben, die jeden Busch am Wegesrand ganz genau in Augenschein nehmen. Vielleicht ist eine Story in mehreren Akten eine Idee, in der wir uns erst einen Namen oder ein anderes Ziel durch verschiedene Aufträge erarbeiten müssen. Oder denkt an Mass Effect, in dem wir erst langsam ein Team zusammenstellen. Möglichkeiten gibt es viele.
Wie sie es am Ende anstellen, ist mir offen gestanden relativ egal. Ich möchte beim Spielen einfach nur kein schlechtes Gewissen mehr haben, wenn ich lieber zur nächsten Nebenquest renne, anstatt meine Ziehtochter zu retten.
Bei Release fertig gestelltes, bugfreies Spiel
Gloria H. Manderfeld: In genau dem Moment, in dem ich mitbekommen habe, dass ein neues Witcher-Spiel angekündigt wurde, war mein erster Gedanke: Hoffentlich wird CD Projekt Red dieses Mal nicht von irgendwelchen Entscheidern dazu getrieben, ein halb fertiges Spiel zu veröffentlichen
. Eben wie bei Cyberpunk 2077 geschehen, das unglaublich viele tolle Ansätze bei Release mitbrachte, aber eben an so vielen Ecken und Enden sichtbar geknirscht hat. Egal wie die angekündigte Open World aussieht, egal ob wir nun Ciri, Triss Merigold, Yennefer von Vengerberg oder Geralt bei ihren Abenteuern begleiten - solange das Spiel als Bugfest erscheint, abseits der Hauptgeschichte die Spielwelt weitgehend leer ist oder viele Möglichkeiten fehlen, war’s das mit der vielgerühmten Strahlkraft des Franchise.
Es ist ein bisschen bitter, sich ausgerechnet etwas zu wünschen, das eigentlich selbstverständlich sein sollte, wenn man als Kunde ein Vollpreisspiel kauft. Aber gerade die unfertigen und buglastigen Veröffentlichung so mancher großen Titel innerhalb der letzten zwei Jahre schieben diesen Aspekt ganz weit vorn auf meine Prioritätenliste. Ich kann mich mit vielen Designentscheidungen anfreunden, selbst wenn sie nicht ganz meinem Geschmack entsprechen. Mit halbgar aus dem Studio unters Volk geworfenen Produkten möchte ich mich aber nicht anfreunden müssen, und sehe auch nicht mehr ein, für etwas derartiges Geld auszugeben. Dann lieber länger warten und ein wirklich rundes Spiel genießen, egal wie groß der Hype auch sein mag.
Total War: The Witcher
Maurice Weber: Ja, die Kollegen haben alle sehr sinnvolle Gedanken. Kluge Gedanken, seriöse Gedanken. Da muss ich mich damit ja nicht mehr groß aufhalten! Und postuliere - nein, fordere! - hiermit die größte Revolution der Witcher-Serie: Macht ein Strategiespiel draus!
Es ist die einzig logische Schlussfolgerung. Wir sind uns ja alle einig, dass sich das nächste Spiel garantiert um Ciri drehen wird, und die ist möglicherweise inzwischen Kaiserin von Nilfgaard. Und jetzt stellt euch das mal vor! Als Hexer-Kaiserin müssen wir uns mit Hofintrigen herumschlagen, die vom Krieg geleerte Staatskasse neu füllen und diplomatische Missionen in die nördlichen Königreiche senden.
Und vielleicht gibt’s auch noch eine neue übernatürliche Bedrohung, die unsere Staatsgeschäfte erschwert. Von RTS-Schlachten mit nilfgaardischen Ritterheeren, slawisch-mythologischen Monstern und anderen Fantasy-Feinden wie der wilden Jagd ganz zu schweigen! Epische Fantasy, aber mit einem deutlich stärkeren Einschlag politischen Tiefgangs: Es wäre der perfekte Nachfolger für Total War: Warhammer, und ich will es jetzt!
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