Seite 4: Total War: Attila im Test - Europa wird brennen!

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Wie funktioniert das? Keine Ahnung ...

Dieses kleine Debakel steht exemplarisch für viele andere Durchschaubarkeits-probleme, die sich mit Total War: Attila ergeben. Oft ist es einfach nicht ersichtlich, wie sich quantifizierbare Werte wie der Nahrungsbestand im Spiel auswirken oder woraus sie sich überhaupt konkret berechnen, da es kein ausführliches Menü dazu gibt. Das Wachstum von Siedlungen oder die Handelskarawanen sind ähnliche Fälle: Für Ersteres gibt es genau so wenig eine Aufschlüsselung im Detail wie bei der Nahrungsproduktion, und die Kamele der Karawanen müssen wir mühsam mit dem Mauszeiger im Gebüsch suchen, da sie sonst nirgends angezeigt werden.

Emelrich, Bruder des Königs (der Mann mit dem blonden Bart in der Mitte des Stammbaums) lebt in wilder Ehe mit seiner Frau zusammen, erkenntlich an dem roten Ehering. Kinder aus dieser Verbindung sind Bastarde und haben keinen Thronanspruch. Emelrich, Bruder des Königs (der Mann mit dem blonden Bart in der Mitte des Stammbaums) lebt in wilder Ehe mit seiner Frau zusammen, erkenntlich an dem roten Ehering. Kinder aus dieser Verbindung sind Bastarde und haben keinen Thronanspruch.

Das Politiksystem wurde zwar im Vergleich zu Total War: Rome 2 etwas plastischer und nachvollziehbarer ausgearbeitet und wirkt sich manchmal immerhin spürbar auf die Loyalität von Armeen und Anführern aus. Es führt aber selbst bei erfahrenen Spielern zu Verwirrung. Wozu eine Fraktion drei separate Werte für »Herrschaft«, »Macht« und »Kontrolle« braucht und was sie genau bewirken, wissen nur die Götter und Creative Assembly. Das Tutorial spricht nur die Empfehlung aus, die jeweiligen Werte nicht zu stark steigen und nicht zu schwach absinken zu lassen, da sonst angeblich politische Instabilität entsteht. Auch das integrierte Onlinelexikon des Spiels liefert zum Thema »Politik« nur Plattitüden und keine konkreten Erklärungen.

Nicht falsch verstehen - Total War: Attila ist unterm Strich nicht komplizierter als Rome 2 und führt an manchen Stellen clevere Lösungen ein:Auf Transportbooten eingeschiffte Landtruppen bekommen während der Überfahrt einen »Seekrank«-Malus und haben damit eine viel geringere Chance, gegen echte Seeleute auf Kriegsschiffen einen Stich zu machen. Eine echte Verbesserung, die verhindert, dass die Seegefechte wie in Rome 2 zur Farce wurden. Solche Lösungen verbessern das Spielerlebnis um ein gutes Stück. Die Kehrseite der Medaille ist hingegen, dass wir uns als Spieler all diese Spezialfälle, Ausnahmeregelungen und Features merken müssen.

Total doof, aber kein Totalausfall

Mit jedem neuen Teil der Reihe versprechen die KI-Programmierer von Creative Assembly, die künstliche Intelligenz des Spiels cleverer zu machen. Das tun sie vermutlich auch, ein kleines bisschen. Aber da die Reihe mit jedem neuen Teil komplexer wird und die KI mit all den neuen Systemen wie der stärkeren Erschöpfung, dem Horde-Modus oder den neuen Brandschatzungs-Regeln umgehen muss, treten sie damit effektiv auf der Stelle.

Nach größeren Schlachten ist der Boden mit Toten übersät. Ein Fest für Odins Raben. Nach größeren Schlachten ist der Boden mit Toten übersät. Ein Fest für Odins Raben.

Die Computergegner stehen jedenfalls auch in Total War: Attila am unteren Ende der Skala für Unterbelichtete, schrammen aber ganz knapp an der gewohnten Total-War-KI-Katastrophe vorbei. Auf der Strategiekarte schippern sie nach wie vor wie in Rome 2 am liebsten Zug für Zug mit ihren Transportflotten hin- und her, ohne jemals irgendwo anzukommen. An Land zeigen sie immerhin eine erfreuliche Tendenz, mit mehreren großen Armeen massiert anzugreifen. Richtig nutzen zu können scheinen sie die neuen Spielsysteme - allen voran den Horden-Modus - aber nicht.

In den Echtzeitschlachten fühlt sich die KI dagegen an, als würde die gleiche Denkroutine verwendet wie in allen anderen Total-War-Teilen auch, egal ob nun Römer, Ritter oder Musketiere zum Einsatz kommen. In offenen Feldschlachten funktioniert das ganz gut, bis kurz vor dem Zusammenprall bildet der Computer ordentlich ausgerichtete Schlachtlinien und schafft es sogar, seine Plänkler und Fernkämpfer immer mit schwereren Einheiten zu schützen, was schnelle Kavallerievorstöße gegen Schleuderer und Bogenschützen damit angenehm knifflig macht.

Alle Mann in diese hohle Gasse

Bei Stadtbelagerungen und -verteidigungen bekleckert sich die KI hingegen weniger mit Ruhm und versucht meist, alle ihre Truppen in Rammbockmanier durch die engen Gassen der Siedlungen zu quetschen. Durch die neu ins Spiel gekommenen, an vorgefertigten Stellen aufbaubaren hölzernen Straßenbarrikaden haben wir dafür die perfekte Gegentaktik an der Hand und halten so auch mit vergleichsweise wenigen Kämpfern gegen größere Pulks aus. Auf der Angreiferseite ist es dagegen möglich, ganze Hundertschaften von KI-Truppen mit Fernkämpfern niederzumähen, da der Computergeneral offensichtlich noch nie etwas von Ausfällen gehört hat, um sich der Fernkampf-Peiniger zu erwehren. Immerhin: Vollständige Gehirnausfälle mit Einheiten, die nasebohrend in der Botanik standen und sich nicht rührten, haben wir zumindest in unseren Partien nicht erlebt.

Feuer frei! Während der Rammbock ans Tor geschoben wird, decken unsere Fernkämpfer die Holzbefestigungen mit Brandpfeilen ein. Feuer frei! Während der Rammbock ans Tor geschoben wird, decken unsere Fernkämpfer die Holzbefestigungen mit Brandpfeilen ein.

Und so ist Total War: Attila unter dem Strich tatsächlich einen Tick besser als die Emperor Edition von Rome 2. Die Atmosphäre wirkt dichter, die Völker spielen sich abwechslungsreicher. Die Menüs sind nicht nur hübscher, sondern auch durchdachter, und die erfreulich zahlreichen Neuerungen funktionieren größtenteils, von der nervig-niedrigen Ausdauer unserer Soldaten einmal abgesehen. Aber da kann und wird Creative Assembly hoffentlich nochmal nachbessern. Denn die Hunnen mögen zwar mit ihrer Europaeroberung letzten Endes gescheitert sein, aber das lag ganz sicher nicht an schlechter Kondition!

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