Fazit: Total War: Rome 2 im Test - Antiker Weltkrieg

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Fazit der Redaktion

Michael Graf - Fazitbild

Michael Graf: Nach dem schlanken und deshalb erfreulich runden Shogun 2 ist Rome 2 wieder ein klassisches Total War: groß, schön, vielfältig, aber auch unfertig, fehlerhaft, in vielerlei Hinsicht nicht zu Ende gedacht - hat da jemand »Empire« gemurmelt? Bei aller Vorfreude: Ich habe es befürchtet. Und wissen Sie was? Ich mag's trotzdem. Ja, Rome 2ist weit entfernt vom perfekten Spiel und auch ein gutes Stück weit entfernt von dem Spiel, das Creative Assembly versprochen hat. Das Politiksystem? Eine Farce. Klügere Feinde? Haha. Ha.

So fehlt dem antiken Epos streckenweise völlig die Herausforderung, vor allem im späteren Kampagnenverlauf, wenn ich statt auf ebenbürtige Großmächte auf Stadtstaaten stoße, die meinen Heeren in keinster Weise gewachsen sind. Und gerade mich als Total-War-Fans ärgert, dass Rome 2 selbst im Detail so viele Chancen verpasst. Warum etwa wurden die Stammbäume gestrichen, die in den Vorgängern so viel Familienflair versprühten? Warum muss ich die passiven Fähigkeiten der Agenten ständig neu aktivieren? Liebe Entwickler: Das ist einfach nur Schlamperei und Lieblosigkeit!

Ja, Rome 2 ärgert mich. Und doch motiviert es mich auch, mit seiner Größe, seiner Vielfalt. Es erweckt eine ganze Epoche zum Leben, es macht Lust aufs Erobern, es saugt mich wieder in den guten, alten Total-War-Suchtstrudel. Ob ich nun um drei Uhr nachts »Nur noch eine Armee rekrutieren«, »Nur noch eine Schlacht schlagen«, »Nur noch eine Technologie erforschen« oder »Nur noch eine Provinz komplettieren« möchte - zum Weiterspielen gibt's immer einen Grund. Und wenn ich mit der ersten Fraktion aus Mangel an Anspruch oder Abwechslung nicht mehr weitermachen möchte, gibt's ja noch acht andere, die mich vor andere Herausforderungen stellen.

Zudem ist Rome 2 bei allen Schwächen längst nicht in jeder Hinsicht undurchdacht, insbesondere die neuen Provinz- sowie Armeesysteme gefallen mir sehr gut. Mein Ärger wurzelt vor allem in der bitteren Erkenntnis dass Creative Assemblys Caesar-Simulator mit mehr Sorgfalt, mehr Zeit, mehr Liebe zum Detail ein noch viel besseres Spiel hätte werden können - und vielleicht ja, durch Entwickler- und Community-Patches, auch noch wird. Ich bleibe dran.

Martin Deppe: Eigentlich sollte man Creative Assemblys KI-Programmierer auf eine Galeere an die Ruder setzen. Aber vermutlich würde das Schiff dann im Kreis fahren, seitwärts driften, gar nichts tun - oder einfach sinken. Denn seit Beginn der Total War-Serie stinken die KI-Entwickler regelmäßig gegen ihre hochbegabten Kollegen ab, was vor allem deshalb auffällt, weil die Spiele selbst immer runder werden. Auch Rome 2 ist ansonsten nahezu perfekt: Ich habe wirklich das Gefühl, ein angehendes Riesenreich zu führen, einen abgelegenen Barbarenstamm, eine Seemacht. Die Verzahnung zwischen Militär, Wirtschaft, Politik und Forschung funktioniert hervorragend, ich darf keins der Elemente komplett vernachlässigen, höchstens mal die Senatspolitik, die ich ohnehin eher uninteressant finde.

Das Schöne dabei: Ich kann mich völlig in Details verlieren, perfekte Armeen zusammenstellen, darauf achten, ob meine numidische Söldnerkavallerie neun oder elf Speere pro Minute schleudert. Ich muss es aber nicht, zumindest nicht auf den niedrigeren der fünf Schwierigkeitsgrade. Auch die stufenweisen Siegbedingungen und Aufgaben sind prima gelöst: Ich kann mich an ihnen langhangeln, als Römer etwa gleich Sizilien erobern - oder alles ignorieren und gen Norden ziehen.

Auch prima: Als Rundenstrategie-Fan darf ich mich auf die Kampagnenkarte konzentrieren und unwichtigere Schlachten automatisch berechnen lassen, statt sie in Echtzeit selbst zu schlagen. Die Ergebnisse sind fair - es sei denn, ich bin in der Unterzahl: Im Test konnte ich mehrere solcher Gefechte auf dem Echtzeit-Schlachtfeld gewinnen, vor allem als Verteidiger einer Festung. Denn wegen solcher Schlachten gehören die KI-Programmierer zusätzlich gekielholt.

Christian Weigel: Wenn sich Total War-Spieler treffen, fangen sie an, ihre Erfahrungen auszutauschen. Sie überbieten sich gegenseitig mit Geschichten über glorreiche Schlachten und Feldzüge, über Generäle und Belagerungen. Auch Rome 2 ist wie seine Vorgänger unglaublich gut darin, solche Geschichten entstehen zu lassen und mich als Spieler in die Welt der Römer, Karthager und Spartaner hineinzuziehen. Kleiner Dämpfer: Einige der Anekdoten werden davon handeln, dass die künstliche Intelligenz diesen Namen wieder einmal nicht verdient.

Auch beim Komfort bin ich nicht vollends glücklich: Rome 2 enthält einige Gameplay-Elemente, die mich nur unnötige Aufmerksamkeit kosten, ohne dass das Spiel dadurch mehr Spaß machen würde. Allerhand fummelige aktive Einheitenfähigkeiten zum Beispiel, die ich in der Schlacht zusätzlich klicken muss, damit meine Soldaten besser kämpfen - die »Anpeitschen«-Funktion bei den Legionären etwa oder das »schnellere Nachladen« bei Speerwerfern.

Egal, Creative Assembly hat nach der japanischen Monokultur in Shogun 2 eine riesige, interessante Epoche des antiken Europas zum Leben erweckt, und ich werde bestimmt wieder viele hundert Stunden in die Eroberung der Welt stecken. Super: Anders als in Shogun 2 muss ich in Rome 2 keine Ewigkeiten mehr auf das Vorwärtskriechen des Ladebalkens vor einer Schlacht zu starren. Dafür dauert ein Rundenwechsel auf der Strategiekarte mittlerweile länger. Bis auch die letzten Kaledonier, Gätulier oder Cherusker ihre Armeen bewegt haben, geht eine Espressopause ins Land. Aber Rom wurde ja auch nicht an einem Tag erbaut.

5 von 5


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